Zwei Tote in Köln Illegale Autorennen aus Angeberei

Köln/ Leverkusen · Zwei Tote und ein Schwerverletzter sind die Folge von drei Unfällen in Köln und Leverkusen, bei denen mutmaßlich illegale Autorennen die Ursache waren. Oft messen solche Fahrer ihrem Auto eine wichtige Rolle zu, sagen Psychologen.

Autorennen in Leverkusen: Wagen knallt in Ampel
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Autorennen in Leverkusen: Wagen knallt in Ampel

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Foto: Ulrich Schütz

Es sind Unfälle, deren Parallelen aufhorchen lassen: Eine 19-jährige Radfahrerin in Köln-Mülheim wird von einem ins Schleudern geratenen BMW erfasst. Sie stirbt im Krankenhaus. Ein 20-jähriger Fußgänger, der sein Rad in Leverkusen über eine grüne Ampel schiebt, wird von einem Wagen, der seinerseits das Rot-Signal missachtet, gestreift und schwer verletzt. Der 49-jährige Passagier eines Kölner Taxis stirbt drei Wochen nach dem Zusammenprall des Fahrzeugs mit einem anderen Auto. Ursache in allen drei Fällen laut Polizei: höchstwahrscheinlich überhöhte Geschwindigkeit, mutmaßlich herbeigeführt bei illegalen Autorennen. Das Alter der Fahrer: zwischen 19 und 24 Jahren.

Im Straßenverkehr stellen Fahrer dieses Altersspektrums nicht nur die meisten Fahranfänger, sondern auch die Hauptrisikogruppe. Mit 14,8 Prozent aller Verkehrstoten und 17,8 Prozent aller Verletzten im Jahr 2013 nimmt das Alterssegment (18-24) laut Deutschem Verkehrssicherheitsrat (DVR) einen unrühmlichen Spitzenplatz ein. "Der Bevölkerungsanteil liegt dagegen nur bei rund acht Prozent", sagt DVR-Sprecher Sven Rademacher. Was aber nicht heißt, dass jeder Fahrer unter 24 auf der Straße automatisch zum Rowdy wird. Der Großteil ist angepasst unterwegs, sagt Rademacher, nur ein Teil schere aus - dann aber wiederum verbunden mit einem hohen Gefahrenpotential für andere. Zum Beispiel bei illegalen Autorennen durch die Innenstädte. Eine generelle Zunahme solcher Raser-Duelle sei jedoch nicht zu verzeichnen, sagt der Kölner Polizeisprecher Dirk Weber, allenfalls eine zufällige Häufung. Daten dazu werden nicht erhoben. "Allerdings bleibt überhöhte Geschwindigkeit die Unfallursache Nummer eins", sagt Weber.

Nur, wer ist so schnell unterwegs - und meint, sich dabei mit Gleichgesinnten messen zu müssen, ohne Rücksicht auf andere? Die Bundesanstalt für Straßenwesen ermittelte sechs Lebensstilgruppen, die sich im Hinblick auf verkehrsbezogene, soziodemographische und psychologische Merkmale unterscheiden. Den höchsten Anteil an Unfallbeteiligten mit 39 Prozent erzielt dabei der "autozentrierte Typ" - unter den sich immerhin zehn Prozent der Jugendlichen subsummieren lassen. Das entspricht auch den Erkenntnissen von Karl-Friedrich Voss, Vorsitzender des Bundesverbands Niedergelassener Verkehrspsychologen. "Oft handelt es sich um Menschen, die weder beruflich noch privat die Möglichkeiten besitzen, sich zu profilieren", sagt der Psychologe. "Sie messen dem Auto eine überragende Rolle bei, identifizieren sich sehr stark damit. Und sie wollen im Wettbewerb gegen andere Jugendliche gewinnen."

Aber auch begleitende Faktoren spielen laut Voss eine Rolle. Bei einem illegalen Rennen herrsche keine Disziplin wie in der Formel 1, es beginne und ende meist chaotisch. Unter Umständen seien Fahrer alkoholisiert oder hätten Stress mit dem Partner. "Das sind oft spontane Aktionen", sagt Voss, "und die Betroffenen neigen dazu, Risiken einzugehen, die sie nicht abschätzen können." Voss konstatiert in dieser speziellen Gruppe auch ein großes Bildungsgefälle mit teils ausgeprägtem Hang zur Illegalität. All das zusammen verführe manche Fahrer vielleicht dazu, ihren "Helden" nachzueifern. So liefern sich die Darsteller der erfolgreichen Hollywood-Reihe "Fast & Furious", deren siebter Teil gerade in den Kinos läuft, ihre wahnwitzigen Autorennen in belebten Metropolen. Voss: "Dass sich da Nachahmer finden, kann ich mir sehr gut vorstellen."

(RP)
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