Annette Kurschus Präses: "Gott leidet mit jedem Einzelnen"

Köln · Die Präses von Westfalen, Annette Kurschus, wird am Freitag die Trauerfeier im Dom mitgestalten. Wir sprachen mit ihr über private Trauer und öffentliche Anteilnahme.

 Annette Kurschus ist Präses von Westfalen.

Annette Kurschus ist Präses von Westfalen.

Foto: dpa, ok cul

Wie kann Gott eine solche Katastrophe wie das Flugzeugunglück in den französischen Alpen zulassen, bei der 150 Menschen ums Leben kamen? Es wird darauf keine letztgültige Antwort geben; dennoch werden vor allem die Hinterbliebenen sich diese Frage stellen, wenn sie heute im Kölner Dom an der ökumenischen Gedenkfeier teilnehmen. Natürlich werden sie auch Trost erhoffen in den Ansprachen. Bundespräsident Joachim Gauck wird reden und natürlich die beiden Zelebranten der Trauerfeier: Neben dem Kölner Erzbischof, Rainer Maria Kardinal Woelki, wird dies für die evangelische Kirche Annette Kurschus aus Bielefeld sein. Die 52-jährige Theologin ist seit drei Jahren Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen.

Wie wichtig ist es für die Hinterbliebenen, das es neben der privaten Trauer auch ein öffentliches Abschiednehmen gibt?

Kurschus Jeder Mensch trauert anders. Was in der Trauer hilft, wird also von Mensch zu Mensch verschieden sein. Vielleicht tut es aber gut, wenn man erlebt: Ich bin mit meinem Schmerz und meiner Verzweiflung nicht allein, es gibt viele Menschen, die das mit mir aushalten wollen.

Kann eine Feier wie jetzt im Kölner Dom auch als Seelsorge im ganz ursprünglichen Sinne verstanden werden?

Kurschus Der Gottesdienst soll vermitteln: Wir lassen die Trauer zu und weisen zugleich darauf hin, dass es darüber hinaus noch ein Gegenüber gibt: Gott, der für die Seelen sorgt, auch wenn Menschen in ihrer Trauer davon jetzt vielleicht nichts spüren. Hier können brennende Kerzen als Hoffnungszeichen helfen. All das ist Seelsorge, auch wenn das persönliche, vertrauliche Gespräch dadurch natürlich nicht zu ersetzen ist.

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Konnten Sie im Vorfeld der Trauerfeier Kontakt mit einigen Hinterbliebenen aufnehmen?

Kurschus Ich habe kurz nach dem Unglück den Trauergottesdienst in Haltern besucht. Im Übrigen bin ich dankbar dafür, dass in unserer Kirche an vielen Stellen jetzt Seelsorge geschieht.

Wie wichtig sind Worte des Trostes, wie wichtig kann aber auch das Schweigen sein?

Kurschus Beides hat seinen Sinn und seine Zeit. Worte und Stille ergänzen einander.

Stellt sich in solchen Situationen oder bei solchen Unglücken auch für Sie die Frage nach der Gerechtigkeit Gottes?

Kurschus Solche Fragen kommen auf. Wir können nicht erklären, warum Gott dieses Unglück nicht verhindert hat. Aber wir sind gewiss, dass er mit den Leidenden mitleidet, mit jedem Einzelnen. Dass keine Macht der Welt uns von seiner Liebe trennen kann.

(RP)
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