Kalkar Zu richten die Lebenden und die Toten

Kalkar · Das Kalkarer Gerichtsbild strahlt wieder im alten Glanz. Im Stufengiebelhaus des Museums hat es einen besonderen Platz bekommen. Vor ihm wurde im Mittelalter Gericht gesprochen. Daneben hängt passend die Schöffentafel von 1521.

Kalkar: Zu richten die Lebenden und die Toten
Foto: mgr

Rechts im Hintergrund lodert der Höllenschlund für die armen Seelen, die, die der Wollust oder der Völlerei frönten, wie die kleinen Szenen vor dem Schlund zeigen. Kleine Szenen, die auch an die bösen Visionen eines Hieronymus Bosch erinnern. Links hingegen stehen die Gerechten vor der Himmelstür ins jenseitige Jerusalem.

Wundersames Licht strömt aus dem Durchgang unter den beiden Bögen, die von einer Säule getragen wird. Ein weißhaariger Mann kniet mit erfreut gehobenen Armen davor, daneben eine Frau, dahinter weitere Menschen die in bittender Haltung dem Tor zustreben.

Alle sind sie nackt und gleich vor dem Weltenrichter. Denn Jesus ist gekommen, zu richten die Lebenden und die Toten während die Engel der Apokalypse in die Posaune stoßen. Der Weltenrichter thront auf einem Regenbogen, hinter ihm hat sich wolkenumkränzt der Himmel geöffnet, links steht die Muttergottes. Zu Füßen Jesu die dunkle Erdkugel, zu seiner rechten liegt die Lilie der Gnade dem Schwert des Richters auf der anderen Seite gegenüber. Das Schwert, das in die Verdammnis führt. Jesus wird vom roten Mantel des Weltenherrschers umhüllt.

Als der Kalkarer Rütger Krop um 1554 auf baltischer Eiche das große Gerichtsbild malte, hielt er sich an die Tradition dieses Genre. Diese Gerichtsbilder unterscheiden sich in ihrer Symbolik oft nur in Nuancen, so zeigt etwa beim Gerichtsbild in Brügge die Schwertspitze in Richtung Höllenschlund und nicht in Richtung des Herrschers.

Der ist gekommen, zu richten die Lebenden und die Toten. Doch Jesus ist nicht der unbarmherzige Richter, "denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird" (Joh 3,17). Dennoch, die, die sich von ihm abwenden, haben keine Chance den Fluss zu überqueren und es zur Himmelspforte zu schaffen, wie Krop in seinem großen Tafelbild aufzeigt.

Das Gerichtsbild hing früher im Kalkarer Rathaus, sagt Harald Münzner, Kulturamtsleiter. Unter ihm wurde Recht gesprochen. Dabei sagt das Bild, das letztlich nicht irdisches, sondern göttliches Recht am jüngsten Tage das wahre Gericht sei. Andererseits zeigte es auch, wem sich das irdische Gericht verpflichtet fühlen sollte. "Heute ist Kalkar eine der wenigen Städte, in denen ein Gerichtsbild erhalten blieb", sagt Münzner.

Seit seiner Restaurierung besticht das Kalkarer Bild nicht nur durch seine Symbolik, sondern auch durch seine strahlende Farbigkeit - die investierten 18.000 Euro sind gut angelegt. Sie kamen über Förderprogramme des Landes, der Bezirksregierung und Spenden zusammen, erklärt Münzner. Es ist ein schöner Schatz des kleinen Kalkarer Museums, eingebunden im dunklen, schweren Rahmen, aufgestellt auf einen schmalen aber stabilen Sockel, der das fast fünf Jahrhunderte alte Bild auf schwerer baltischer Eiche trägt. Restauriert hat das Gemälde Jens Hoffmann.

Die Kalkarer Schöffentafel von 1521 hängt im zweiten Stock des mittelalterlichen Stufengiebelhauses neben dem Gerichtsbild, das seit seiner Restaurierung zur 775-Jahr-Feier der Stadt hier wieder zu sehen ist.

Sie ist gut 30 Jahre älter als das Gerichtsbild und schwört die Kalkarer Bürger ein, am Stephanstag (zweiter Weihnachtstag) in der Kalkarer Kirche auszurufen, dass alle Bürger sich zu Silvester einzufinden haben, "auf dass sie zu bestimmten Ämtern gewählt werden, auf dass dabei die Rechte der Stadt nicht beschnitten werden - aber auch, dass unsere Bürger keinen Schaden dabei nehmen und ihnen selber nichts geschehe", wie es Gold auf Schwarz in feinster Fraktur heißt.

Das Museum an der Grabenstraße hat Di bis Mi von 10 bis 17 Uhr und Mo von 10 bis 13 Uhr geöffnet.

(mgr)
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