Kranenburg-Grafwegen Wieder Ruhe in der Nachbarschaft

Kranenburg-Grafwegen · Seit 2012 ist Hubert Zillig Vorsitzender der Bürgerinitiative "Gegenwind im Reichswald". Der Kampf gegen die Pläne, zwölf Windräder entlang des Kartenspielerwegs in den Forst zu bauen, ist beendet.

 Hubert Zillig wohnt auf dem Kartenspielerweg. Fünf Jahre kämpfte er gegen den Bau des Windparks entlang der Straße.

Hubert Zillig wohnt auf dem Kartenspielerweg. Fünf Jahre kämpfte er gegen den Bau des Windparks entlang der Straße.

Foto: Markus van Offern

In den vergangenen fünf Jahre hat sich Hubert Zillig (55) nahezu täglich mit dem Thema Windkraft im Wald beschäftigt. Seit dem vergangenen Donnerstag muss er das nicht mehr. Der Regionalrat der Bezirksregierung Düsseldorf hat die Windparkflächen entlang des Kartenspielerwegs aus einem Planentwurf gestrichen. Zillig hat sein Ziel erreicht. "Es ist vorbei. Ich habe immer gesagt, wenn die Zone nicht mehr im Regionalplan steht, kann der Windpark nicht gebaut werden. Unser Einsatz hat sich gelohnt", sagt er.

Der 55-Jährige wohnt in Grafwegen, Adresse: Kartenspielerweg 1. Er lebt hier seit seiner Geburt. Von den Plänen erfuhr der Grafwegener erstmals 2012. "Es war auf dem Frasselter Pfarrfest." Auf einer Bierzeltgarnitur saß er dem damaligen Frasselter Ortsvorsteher gegenüber. Zillig beschwerte sich über rücksichtslose Radrennfahrer auf dem Kartenspielerweg: "Die wissen nicht, dass wir dort mit dem Auto fahren dürfen und bleiben stur auf der Straßenmitte. Einige beleidigen einen." Die Antwort seines Gesprächspartners sorgte bei ihm für Fassungslosigkeit. "Vielleicht musst du dir bald keine Sorgen mehr über Fahrradfahrer machen, wenn die Windkrafträder da erstmal stehen", sagte der Ortsvorsteher. Nach dem ersten Schock war für ihn schnell klar, dass dieses Projekt nie umgesetzt werden darf. Erster Verbündeter war der Wirt der Grafwegener Kneipe Merlijn.

Zunächst sammelte man Informationen, erkundigte sich bei der Politik, Kranenburgs Bürgermeister Günter Steins, dem Landesbetrieb Wald- und Holz. Zu Beginn war die Rede von geplanten 15 bis 23 Anlagen. Das zusammengetragene Material sorgte für Ernüchterung. Auf den ersten Blick hatte das Vorhaben gute Chancen, umgesetzt zu werden. Die rot-grüne Landesregierung hatte den Wald für den Bau von Windkraftanlagen geöffnet. Zillig gründete ein Bürgerinitiative.

Wenig verheißungsvoll verlief der Auftakt für die geplante Protestbewegung. Der 55-Jährige hatte in das Grafwegener Dorfhaus eingeladen. "Um 19.30 Uhr sollte das Treffen beginnen. Als ich ins Dorfhaus kam, saßen dort drei Anwohner und der Bürgermeister mit mehreren Mitarbeitern aus der Verwaltung. Man erster Gedanke war, 'das war's dann wohl'." Kurz nach 19.30 Uhr öffnete sich die Tür. Herein kam eine Anzahl Menschen, die das Dorfhaus kaum fassen konnte. Es war die Veranstaltung, in der sich der Widerstand formierte. Die Bürgerinitiative "Gegenwind im Reichswald" ging aus dem ersten Treffen hervor. Beim Start waren es viele Niederländer, die den Protest trugen. Der Grafwegener wurde Vorsitzender der "Windkraft im Wald"-Gegner. Die Gruppe legte großen Wert darauf, dass man nicht die Stromerzeugung durch Windkraft ablehne. Es ging stets darum, das Projekt im Reichswald zu verhindern.

Ohne den harten Kern, der die Aktionen organisierte, hätte die Initiative nicht die Wirkung erzielt, so Zillig. Die Bewegung wuchs stetig. Immer mehr Bürger niederländischer Nachbarorte schlossen sich dem Protest an. Ebenso wie der Verkehrs- und Heimatverein Kessel. 11.000 Unterschriften gegen die Pläne wurden gesammelt. Die Medien berichteten regelmäßig über den Widerstand. Der 55-Jährige ist sicher: "Wenn unsere Gruppe dieses Ziel nicht erreicht hätte, dann wohl niemand."

Jetzt war für Hubert Zillig die Zeit angebrochen, in der er täglich auf das Thema Windkraft angesprochen wurde. "Morgens beim Bäcker, an der Tankstelle - überall wollte immer mindestens einer wissen, wie die Chancen stehen, das Projekt zu verhindern", blickt er zurück. Über die Jahre hinweg, kann er sich an nahezu keinen Gesprächspartner erinnern, der sich für den Bau der Windräder aussprach. Nur einmal habe es an seiner Tür geklingelt. "Da stand eine Frau aus Stuttgart, die hier Ferien machte und das Infoschild vor dem Haus gesehen hatte. Sie befürwortete den Bau von Windkraftanlagen in Waldgebieten", sagt Zillig. Die Stuttgarterin beschrieb wie die Situation in Baden-Württemberg ist, wo der Bündnisgrüne Winfried Kretschmann Ministerpräsident ist. Die Landesregierung stehe hinter der Energiegewinnung durch Windkraft - auch im Wald. In der Bevölkerung wäre die Akzeptanz offenbar größer, so die Frau.

Durch die jetzt getroffene Entscheidung des Regionalrats hat die Gruppe ihr Ziel erreicht. Der Regierungswechsel in Düsseldorf hat den Ausschlag gegeben. Ob die Bürgerinitiative ebenso erfolgreich gewesen wäre, wenn sich die politischen Mehrheitsverhältnisse nicht geändert hatten, kann Zillig nicht beantworten: "Es wäre jedenfalls wesentlich schwieriger geworden und hätte länger gedauert." Für ihn war ist wichtig, dass man die Bürger über die Pläne umfassend und sachlich informiert habe. Das Problem wäre nie so ins Bewusstsein der Menschen gekommen, ist er sich sicher.

Die Initiative "Gegenwind im Reichswald" wird trotz des erreichten Ziels nicht sofort aufgelöst. Sie will sich jetzt dafür einsetzen, dass der Wald wertvoller wird. In einem Gutachten des Windpark-Projektentwicklers sowie beim Landesbetriebs Wald und Holz war stets davon die Rede, dass es sich bei dem überplanten Gebiet um minderwertigen Wald handele. Hier könne jetzt die Umwandlung in einen hochwertigen Baumbestand beginnen, so Zillig. Ebenfalls will die Gruppe dabei helfen, einen Windpark in Nierswalde zu verhindern. Hier soll derzeit mit den Grundstücksbesitzern verhandelt werden. Die Schwierigkeit ist, das Gebiet wurde nicht - wie der Kartenspielerweg - aus dem Regionalplan gestrichen.

Hubert Zillig ist froh, dass es vorbei ist. Es ist Ruhe in der Nachbarschaft. Er hat viel Zeit in den Erhalt einer unberührten Umwelt investiert. Für ihn wird es ruhiger. Für den Wald besteht durch den Bau von Windparks keine Gefahr mehr. Allein die Radrennfahrer sorgen noch für Ärger. Doch den wird er gerne hinnehmen.

(jan)
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