Kleve ,Vier Winde' - ein Stück Heimat in Gefahr

Kleve · Sie ist die älteste Kneipe in Kleve: Die Vier Winde an der Kreuzung Merowinger Straße/ Lindenallee. Doch im Bebauungsplan für diesen Bereich spielt die Gastwirtschaft keine Rolle mehr.

 Das Haupthaus der Gastwirtschaft "Vier Winde" an der Lindenallee.

Das Haupthaus der Gastwirtschaft "Vier Winde" an der Lindenallee.

Foto: Gottfried Evers

Seit 350 Jahren steht das alte Haus direkt an der Straßenkreuzung. Das Vorderhaus mit dem schmucken Backsteingiebel, der Anbau mit dem Sälchen. Ein klassischer Hof, der vor den Toren der Stadt gebaut wurde, als die "Vier Winde", die der Gaststätte den Namen geben, hier noch um die Straßenkreuzung pfiffen. Der Bauer Welbers richtete hier dann eine Fuhrwerks-Gaststätte ein, erzählt Christian Matthias. Da tranken die die Fuhrleute ihr Bier, bevor sie überm Klever Berg gen Nimwegen weiter mussten. Welbers gab der Höhe in Richtung Bresserberg auch den Namen, erinnert sich Matthias.

Der Gastwirt hat die Gastwirtschaft, die seine Großeltern der Familie Welbers 1934 abkauften, von seinen Eltern übernommen. Vor 20 Jahren sanierte er den alten Hof, richtete die Gastwirtschaft von Grund auf neu ein. "Damals fanden wir auf dem Dachstuhl 350 Jahre alte Konstruktionen", sagt Matthias. Die "Vier Winde" sind eben ein Stück Klever Geschichte. Ein Stück Geschichte, das im Bebauungsplan für diesen Bereich nicht mehr vorgesehen ist.

 Wirt Christian Matthias führt die lange Tradition der Familie fort. Er sanierte vor 20 Jahren den Wirtsraum.

Wirt Christian Matthias führt die lange Tradition der Familie fort. Er sanierte vor 20 Jahren den Wirtsraum.

Foto: Evers Gottfried

"Die ,Vier Winde' sind quasi weg", sagt Anne Fuchs von den Offenen Klevern (OK). Sie hatte schon im Rat der Stadt Kleve angemerkt, dass der Plan die Kneipe und weitere Häuser auf der Merowingerstraße ausschließt. "Da hilft auch der vom Technischen Beigeordneten der Stadt, Jürgen Rauer, so gerne zitierte "Bestandsschutz" nicht mehr, der ja nur noch bedingte Maßnahmen am Gebäude ermöglicht", erklärt sie. Die Sprecherin der OK-Fraktion mahnt, dass der Bestand der traditionellen Gastwirtschaft hochgradig gefährdet ist. Das dürfe so nicht bleiben, sonst schreite der Gesichtsverlust der Stadt weiter voran.

Tatsächlich steht der historische Bau den Planungen der Stadt wohl im Weg. Er engt den Fußweg ein, macht die Kreuzung langsam. Schon vor rund sechs Jahren legten die städtischen Planer in der Diskussion um das alte Schlachthausgelände einen neuen Bebauungsplan vor, der den Bereich der Merowingerstraße deutlich verbreiterte.

"Damals gab's keine Einwände", sagt Dirk Posdena, Leiter des Fachbereichs Planen und Bauen. Er räumt ein, dass sich da alle auf die Entwicklung des Schlachthausgeländes konzentriert haben und wohl nicht auf die Häuser, die immer noch aus dem Bebauungsplan herausfallen, achteten. "Jetzt, wo wir mit dem Bebauungsplan wieder in der Offenlage sind, können natürlich auch Einwände gegen diese alte Planung gemacht werden", sagt Posdena. Man habe damals die alte Gastwirtschaft perspektivisch aus dem Bebauungsplan genommen. "Denn wir wollen nicht, dass an ihrer Stelle neu gebaut wird", sagt der Fachbereichsleiter. Die Gastwirtschaft könne weiter betrieben und bewohnt werden, es könnten auch kleinere Erweiterungen im Rahmen des Bestandschutzes gemacht werden, erklärt Posdena. Aber schon bei Nutzungsänderungen ist der Eigentümer auf das Gutdünken des Planungsamtes angewiesen. "Wir wollen das aber wohlwollend begleiten", sagt Posdena. Den alten Bau zu schützen, stehe in der Stadt allerdings nicht auf der Tagesordnung.

Das möchte aber die Politik: Bauausschussvorsitzender Wolfgang Gebing (CDU) will die "Vier Winde" jedenfalls wieder in der Beratung haben: "Wir werden diese Ecke aus dem Bebauungsplan noch diskutieren müssen", sagt der Christdemokrat. Das sei auch Meinung seiner Fraktion. "So, wie das jetzt aussieht, kann man auf dem Grundstück der Gastwirtschaft nicht mehr viel anstellen", sagt Gebing. Denn das mögliche spätere Baufeld beginnt erst auf dem Nachbargrundstück. Ein Umstand, den man nicht so einfach stehen lassen wolle. Das Planungsamt ist zu Gesprächen über den Bebauungsplan bereit: Man sei Anregungen gegenüber offen, sagt Planungsamtsleiter Posdena. Auch beim Ratskrug in Materborn habe man eine Lösung gefunden.

Für Stadtführerin Wiltrud Schnütgen vom Klevischen Verein ist die Gastwirtschaft unbedingt schützenswert: "Das ist ein Stück Kleve, das erhalten werden muss", sagt Schnütgen, die als Grünen-Politikerin im Rat für den Erhalt der Stadtbild prägenden Gastwirtschaft eintreten will.

(RP)
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