Kreis Kleve Trauerseeschwalben kommen wieder

Kreis Kleve · Die vom Aussterben bedrohte Art ist in NRW nur noch in zwei Naturschutzgebieten bei Rees zu finden. Ein aufwendiges Artenschutzprojekt zeigt Erfolge: Die Zahl der Brutpaare steigt, mehrere Zugvögel sind an den Niederrhein zurückgekehrt.

 In diesem Jahr ist die Population wieder gestiegen, verhältnismäßig viele Küken haben überlebt und sind flügge geworden.

In diesem Jahr ist die Population wieder gestiegen, verhältnismäßig viele Küken haben überlebt und sind flügge geworden.

Foto: Naturschutzzentrum

In der im August veröffentlichten Roten Liste der Brutvögel Deutschlands befindet sich die Tauerseeschwalbe in schlechter Gesellschaft. Neben Schreiadler, Großtrappe oder dem Birkhuhn gehört der schlanke Zugvogel zu den knapp 30 Arten in der Gefährdungskategorie eins, die hierzulande vom Aussterben bedroht sind. In ganz Deutschland hat es diesen Sommer nach Schätzungen nur noch rund 900 Trauerseeschwalben-Brutpaare gegeben, in Nordrhein-Westfalen waren es lediglich knapp 50 (zum Vergleich: Zwischen 70 und 100 Millionen Vogelpaare brüten jährlich bundesweit). In NRW brütet die gesamte Population ausschließlich im Kreis Kleve - in zwei Naturschutzgebieten in Rees. Zwischen Ende April und Ende Juli lebt die Trauerseeschwalbe am Niederrhein.

 Im vergangenen Jahr wurden zehn Schwalben beringt und mit einem Geolokator ausgestattet. Mit Hilfe des ein Gramm leichten Gerätes können Position und Vogelzug bestimmt werden.

Im vergangenen Jahr wurden zehn Schwalben beringt und mit einem Geolokator ausgestattet. Mit Hilfe des ein Gramm leichten Gerätes können Position und Vogelzug bestimmt werden.

Foto: Naturschutzzentrum

Damit die Vogelart nicht das gleiche Schicksal wie der Gänsegeier oder die Zwergtrappe ereilt, kämpft seit Jahren das Naturschutz-Zentrum im Kreis Kleve um ihr Überleben. Dabei kann der gemeinnützige Verein einige Erfolge vorweisen: "Auch in diesem Jahr ist die Population wieder gestiegen, verhältnismäßig viele Küken haben überlebt und sind flügge geworden", sagt Achim Vossmeyer, Biologe am Naturschutz-Zentrum. Außerdem sind mehrere Zugvögel, die auf ihrer Route an die westafrikanische Küste im Jahr mehrere tausend Kilometer zurücklegen, zum wiederholten Male in die Naturschutzgebiete "Biener Altrhein, Millinger Meer und Hurler Meer" und "Altrhein Reeser Eyland" in Rees zum Brüten zurückgekehrt.

"Zum Glück haben wir hier gleich zwei Altrheine", sagt Vossmeyer. Denn Altarme, Sumpfgebiete und sehr flache Seen sind die natürlichen Brutbiotope für die Trauerseeschwalbe, die zur Familie der Seeschwalben gehört und deren nächste Verwandte Möwen und Schnepfen sind. Dort brüten die Vögel auf Schwimmpflanzen wie Krebsschere oder Seerosen in sehr flachen Gewässern. Doch weil der Rhein als Wasserstraße ausgebaut und landwirtschaftlich genutzte Flächen ausgedehnt wurden, sind Sümpfe und Überflutungsgebiete in den vergangenen Jahrzehnten auch im Kreis sukzessive weniger geworden. Dadurch und durch eine höhere Schadstoffbelastung in der Landwirtschaft sind auch Schwimmpflanzen und der Röhricht vielerorts verschwunden. "Wir haben den Lebensraum der Trauerseeschwalben zerstört. Jetzt versuchen wir, die Art zu retten", erklärt der Biologe, der seit elf Jahren das Artenschutzprojekt leitet, das von der Stöckmann-Stiftung unterstützt wird.

Die Naturschützer setzen darum schon seit knapp 20 Jahren sogenannte Nistflöße ein. Es handelt sich um schwimmende Textilmatten, die mit Ankerschnüren befestigt sind. Auf den Flößen legen die Trauerseeschwalben ihre Eier, brüten diese aus und versorgen ihren Nachwuchs, bis dieser fliegen kann. Rund die Hälfte der künstlichen Nester wird mit Fotofallen überwacht, die bei Bewegungen Fotos schießen. "Dieses Jahr haben wir 120 Textilmattenflöße an vier Standorten eingesetzt", sagt Vossmeyer. Auf den Matten brüteten mit knapp 50 Vogelpaaren einige mehr als im Vorjahr, 2012 waren es lediglich rund 30. Zudem wurden von 82 geschlüpften Küken um die 50 flügge. Somit lag das Verhältnis zwischen Brutpaar und Jungvogel bei ungefähr eins zu eins - eine Quote, die das Überleben der Art sichern würde. "Der Bruterfolg ist sehr positiv zu bewerten", sagt Vossmeyer. Zu dem Artenschutzprojekt gehört auch Grundlagenforschung zu der gefährdeten Vogelart. Durch die Fotofallen konnten natürliche Freßfeinde wie die Waldohreule identifiziert und die Flöße dementsprechend angepasst werden. Außerdem wurden im vergangenen Jahr zehn Schwalben beringt und mit einem sogenannten Geolokator ausgestattet - das ist ein ein Gramm leichtes Gerät, welches Datum, Uhrzeit und die Tageslichtdauer aufzeichnet. Dadurch können die Position der Vögel und somit auch der Verlauf des Vogelzuges bestimmt werden.

Sieben der mit den Geräten ausgestatteten Vögel brüteten auch diesen Sommer wieder am Niederrhein. "Das zeigt, dass die Trauerseeschwalben ihrem Brutplatz sehr treu sind", erklärt der Biologe. Er und seine Kollegen konnten sechs Vögel fangen und den Geolokator auslesen. Demnach gelangte eine männliche Schwalbe entlang der westafrikanischen Küste bis in den Golf von Guinea. Nach neun Monaten, 16.000 Kilometern und einem Zwischenstopp auf den Balearen fand der Vogel den Weg zurück an den Niederrhein.

(RP)
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