Lokalsport Vertragsverhandlung auf der Disco-Toilette

Kleve · Ehemalige Fußball-Stars im Kleverland (8): Harald Brands mutierte vom eiskalten Torjäger zum umsichtigen Libero.

 Harald Brands heute: Der 57-Jährige hat nur noch wenig Kontakt zur Klever Fußballszene.

Harald Brands heute: Der 57-Jährige hat nur noch wenig Kontakt zur Klever Fußballszene.

Foto: Markus van Offern

Wer im vorigen Jahrhundert auf höherem Niveau in Kleve Fußball spielen wollte, hatte eigentlich nur die Wahl zwischen dem SC 63 Kleve, den "Blauen", oder dem VfB 03 Kleve, den "Roten". Zumeist wurde in der Klever Farbenlehre aber danach entschieden, wo der Vater seine Brötchen verdiente. Entweder in der Schuhfabrik Hoffmann (blau) - oder in der Margarine-Union, auch "de Botter" (rot).

So erging es auch Harald Brands (57), dessen Vater dem SC zugetan war. Er durchlief bei Sportclub alle Mannschaften im Jugendbereich, bevor er in der Saison 1978/79 in die Seniorenabteilung wechselte. Er spielte in der Landesliga zusammen mit den SC-Legenden Stürmer Jürgen Schmitz und Torwart Willi "Stulle" Janßen. Im Sommer 1979 schloss er sich dem Bezirksligaaufsteiger Siegfried Materborn an, bei dem er nach der Wechselsperre groß auftrumpfte. Ein Grund für den Wechsel war Erfolgstrainer Norbert Lange. Brands hatte 1982 als Torjäger mit 35 Treffern entscheidenden Anteil am sensationellen Aufstieg der Materborner in die Landesliga. Mitspieler waren damals die Materborner Urgesteine Torhüter Helmut Jaspers, der inzwischen verstorbene Libero Werner Beckmann sowie Werner Welbers. Zwei Jahre hielt sich Materborn in der Klasse, ehe der Abstieg erfolgte. In dieser Zeit erhielt er seine einzige Rote Karte seiner gesamten Karriere kurz nach einer Einwechslung in einer hitzigen Partie. Horst Hermans wurde Nachfolger von Lange.

 1985/86 - die Neuzugänge beim VfB Kleve (v. l.): "Hoppel" Trinker, Trainer Werner Drießen, Torhüter Arne Gertgens, Theo Thuyl, Harald Brands, Werner Beckmann.

1985/86 - die Neuzugänge beim VfB Kleve (v. l.): "Hoppel" Trinker, Trainer Werner Drießen, Torhüter Arne Gertgens, Theo Thuyl, Harald Brands, Werner Beckmann.

Foto: van Offern Markus

Anfang 1985 rebellierten Brands und weitere Spieler gegenüber Hermans und spielten daraufhin nur noch in der 2. Mannschaft, die unter Trainer Alfred Hommels Meister in der Kreisliga C wurde. Danach war das Kapitel Siegfried Materborn für ihn abgeschlossen, denn: "Ich wurde im legendären 'Granny-Saloon' auf der Toilette von VfB Kleves Werner Drießen angesprochen, ob ich nicht zum VfB wechseln will." Er sagte zur nächsten Spielzeit zu und spielte für den Club in der Landesliga. Der ehemalige "Blaue" war bei den "Roten" gelandet.

Nur eine Spielzeit später ging es auf die andere Rheinseite. Zu Saisonbeginn 1986/87 startete er beim Landesligisten SV "Cosmos" Vrasselt an. Toni Burghardt war sein damaliger Coach. "Wir spielten in Drevenack gegen die U 21-Mannschaft von Argentinien, die von Carlos Bilardo trainiert wurde. Die Radiolegende Werner Hansch kommentierte das Match live im Radio. Die Aufnahme habe ich heute noch", erinnert sich Brands. Er blieb bis 1988 bei "Cosmos", danach ging es wieder zurück zum VfB Kleve, der in der Bezirksliga kickte. Sein Trainer war erneut Norbert Lange. "Mit ihm habe ich jeweils die schönste Zeit meines Fußballerlebens erlebt. Sportlich und vor allem menschlich habe ich die Spielzeiten genossen", schwärmt der 57-Jährige heute noch von seinem Mentor. Drei Jahre verbrachte Brands bei den "Roten", ehe er 1991 seine Schuhe mit 31 Jahren an den berühmten Nagel hängte. In dieser Zeit gelang der Aufstieg in die Landesliga mit einem einmaligen Rekord: die Mannschaft blieb in 22 Meisterschaftsspielen ohne Gegentor. Im März 1991 errang der VfB erstmals "nach gefühlten 50 Jahren" endlich wieder ein Sieg beim "blauen" Dauerlokalrivalen SC Kleve. Damals im Team waren so lokale Fußballgrößen wie "Hucky" Linsen, Gerd Wirtz oder Wolfgang "Kröller" Dedic.

 Torjäger Harald Brands zu Materborner Landesligazeiten in Aktion, im Hintergrund beobachtet Wolfgang Berns die Aktion.

Torjäger Harald Brands zu Materborner Landesligazeiten in Aktion, im Hintergrund beobachtet Wolfgang Berns die Aktion.

Foto: van Offern Markus

Doch der Fußball ließ ihn nicht los und so wurde Brands Co-Trainer von Werner Buttgereit beim VfB. Er feierte 1994/95 den Aufstieg in die Verbandsliga. Von 2006 bis 2010 coachte er seinen Sohn in der Jugendabteilung von Siegfried Materborn.

 Harald Brands als gefürchteter Kopfballspezialist im Hoffmann-Stadion, im Vordergrund Peter Levels (8).

Harald Brands als gefürchteter Kopfballspezialist im Hoffmann-Stadion, im Vordergrund Peter Levels (8).

Foto: van Offern Markus

Brands wurde als linker Verteidiger, im offensiven Mittelfeld und als Mittelstürmer eingesetzt, ehe er nur noch als Libero auflief. In seiner aktiven Zeit war sein Kampfgewicht bei einer Größe von 1,86 Meter 77 Kilogramm, jetzt wiegt er 92 Kilogramm. "Heute genieße ich meine Freizeit mit meiner Familie. Wir reisen zum Skiurlaub nach Österreich und fahren an häufig an die holländische Nordseeküste. Bezug zur aktuellen Klever Fußballszene habe ich keinen mehr", sagt ein mit sich zufriedener zweifacher Familienvater und Kommunalbeamter.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort