Kleve Seit 50 Jahren groß in Mode

Kleve · 1967 eröffnete Gisela Meyer-Potz ein Modegeschäft an der Großen Straße. Es war die Grundlage für ein Unternehmen, das ihr Sohn Michael Meyer zu einem national bedeutenden Anbieter von Luxusmode ausbaute. Aktuell gehören 18 Stores zwischen München und Sylt dazu.

 Gisela Meyer-Potz vor dem Geschäft an der Großen Straße, das sie vor 50 Jahren eröffnete.

Gisela Meyer-Potz vor dem Geschäft an der Großen Straße, das sie vor 50 Jahren eröffnete.

Foto: Markus van Offern

Das Innere des Geschäfts macht einen unberührten Eindruck. Pullover liegen sauber gefaltet exakt übereinander. Es sieht so aus, als seien sie mit einem Lineal zurechtgerückt worden. Die Abstände zwischen den Kleidungsstücken sind groß und ebenso gleich. Übersichtlich sortiert hängt Ware an glänzenden Stangen und ist in ein helles Licht getaucht. Jedes Teil hat dort seinen festen Platz. Es ist ein Modegeschäft, wie man es an der Düsseldorfer Kö oder einer anderen prächtigen Allee der Republik findet. Doch es liegt in Kleve an der Großen Straße. Seit genau einem halben Jahrhundert ist das Modehaus Meyer Potz die erste Adresse in Sachen Luxus-Fashion.

Die Dame ist pünktlich. Um kurz vor 10 Uhr öffnet Gisela Meyer-Potz ihr Geschäft. Das schwere Gitter fährt hoch, der Alarm muss ausgeschaltet und der Schlüssel mehrmals im Schloss gedreht werden. Sie hat Routine. "Ich mache das seit Jahrzehnten. Auch im Dunkeln, könnte ich den Laden öffnen", sagt sie. Es ist ein regnerischer Tag in Kleve. Doch egal ob Hitzewelle oder Schnee, Abstriche muss man beim Outfit von Gisela Meyer-Potz nie machen. Heute trägt sie eine Hose von Prada, dazu den passenden Blazer und der Gürtel stammt ebenfalls aus dem Hause des italienischen Luxusdesigners. Sie sieht stets so aus wie einem aufwendig fotografierten Hochglanzmagazin entsprungen. Denn so aufzutreten, das gehört zu ihrem Job.

 Gisela Meyer-Potz (r.), hier lässig im Eingang, mit ihrer Mutter Else vor dem Textilhaus Potz an der Lindenallee.

Gisela Meyer-Potz (r.), hier lässig im Eingang, mit ihrer Mutter Else vor dem Textilhaus Potz an der Lindenallee.

Foto: Unternehmen

Es war 1967, als sie an der Großen Straße ihr Modegeschäft eröffnete. "Ich hatte damals das Schild 'Ladenlokal zu vermieten' im Schaufenster entdeckt." Mit 22 Jahren wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit. Völlig neu war ihr die Branche nicht. Bereits ihre Eltern führten an der Lindenallee das Textilhaus Potz. Von Beginn an ging es ihr darum, ausschließlich hochwertige Damenbekleidung anzubieten. Nur wenige, so die Kleverin, hätten sich damals außergewöhnliche Kleider leisten können. Die Menschen hatten andere Sorgen. "Man nahm ein Kleid für sonntags oder besondere Anlässe. Stil und exklusive Mode galten zu der Zeit als Luxus. Bekannte Designer gab es gar keine", blickt sie zurück.

Die Entscheidung, Premiummarken in die Provinz zu holen, war eine gute, wie sich mit den Jahren zeigte. Der wirtschaftliche Aufschwung steigerte auch den Umsatz. Aber das alleine war es nicht. Der Einsatz der Besitzerin trug wesentlich dazu bei. Denn das Leben von Gisela Meyer-Potz spielte sich nahezu größtenteils im Laden ab. "Ich habe sechs Tage in der Woche gearbeitet und an Urlaub keinen Gedanken verschwendet", sagt sie. Ihre Arbeitsmoral ist mit pflichtbewusst nur unzureichend beschrieben. Dem Geschäft wurde nahezu alles untergeordnet.

Mit wachsendem Erfolg vergrößerte sich die Verkaufsfläche, das Angebot und die Zahl der Käuferinnen. Ihre Kundschaft ist eine treue. Mehrere Generationen von Kundinnen treffen sich regelmäßig im Laden. Man kennt sich seit Jahren. Der Kontakt wurde immer enger und die Schränke voller.

Als Gisela Meyer-Potz an jenem regnerischen Tag an der Kasse steht, kommen binnen zehn Minuten drei Frauen ins Geschäft, die sie besonders gut kennt. Man duzt und küsst sich zart auf die Wange. Kurze Zeit später stehen die Damen mit leuchtenden Augen vor den Regalen. "Als wir den bekommen haben, hab' ich sofort an dich gedacht", sagt Meyer-Potz und holt einen Blazer vom Bügel. Die Freundin sieht ihn sich an, ist begeistert und braucht nicht lange für eine Kaufentscheidung. "Es ist und war stets das Wichtigste, dass du weißt, was den Kunden gefällt und die richtige Ware einkaufst. Aber das habe ich eigentlich immer getan", weiß die Modefachfrau um eine ihrer Stärken. Doch muss sie sich schon lange nicht mehr alleine auf ihr Gespür verlassen. Zunächst fuhr sie noch gemeinsam mit ihrem Sohn Michael Meyer (40) erst nach Düsseldorf später auch nach Mailand, Paris oder New York zu den bedeutenden Modemessen. Dass auch der studierte Textilbetriebswirt bei der Auswahl seiner Marken nicht viel falsch gemacht hat, lässt sich heute eindrucksvoll an den Zahlen ablesen. So hat der 40-Jährige aus dem vor 50 Jahren in Kleve eröffneten Modegeschäft ein Unternehmen entwickelt, zu dem aktuell 18 über Deutschland verteilte Luxus-Stores gehören. Wen etwa auf Sylt der Wunsch nach gehobener Mode überkommt, dürfte Schwierigkeiten haben, an den Geschäften von Meyer vorbeizukommen. Auf der Insel gehören acht Läden zur Meyer Potz Gruppe. Michael Meyer ist bewusst, dass seine Mutter den Grundstein für diese Entwicklung gelegt hat. Nicht allein durch das Geschäft an der Großen Straße. "Ich weiß, dass sie meine Begeisterung für hochwertige Mode geweckt hat", sagt er.

Gisela Meyer-Potz ist nach 50 Jahren an einer Stelle angekommen, an der sie eigentlich kürzer treten will. "Wir haben hier in Kleve ein fantastisches Team, auf das ich mich komplett verlassen kann", sagt sie und fährt fort: "Aber nächste Woche geht es nach Sylt. Dort ist es immer wieder schön, zu arbeiten. Auch wenn es ein paar Stunden mehr sind." Sie scheint nur schwer von der Mode loszukommen.

Die Häuser des Unternehmens Meyer Potz laufen blendend. Die dort angebotene Mode ist nicht selten der Zeit einen Schritt voraus. Deshalb reagieren sonst rational handelnde Frauen plötzlich eher emotional. Sie wissen, dass drei Jacken für einen Winter reichen. Dennoch fassen sie vor dem bezaubernden Parka stehend, schlagartig den Beschluss: "Na gut, anprobieren kann ich den ja mal."

(jan)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort