Kleve Ruhe im Saal!

Kleve · Der denkmalgeschützte Schwurgerichtssaal in der Schwanenburg hat ein Akustikproblem: Manche Angeklagte sind kaum zu verstehen, selbst für die Prozessbeteiligten. Das OLG hat das Problem erkannt - und will handeln.

 Der Schwurgerichtssaal: Sieht super aus, aber die Zuhörer können nur schlecht verstehen, was gesprochen wird. Das soll sich ändern.

Der Schwurgerichtssaal: Sieht super aus, aber die Zuhörer können nur schlecht verstehen, was gesprochen wird. Das soll sich ändern.

Foto: Markus van Offern

Für den Angeklagten geht es um alles oder nichts. Er ist des Totschlags angeklagt. Es gibt einen Zeugen, der die Tat beobachtet hat. Der Richter fordert ihn zur Aussage auf. Im Zuschauerraum des Schwurgerichtssaal ist es mucksmäuschenstill. Doch der Zeuge redet leise. Da er schlecht Deutsch spricht, muss seine Aussage simultan übersetzt werden. Für die Kammer ist das Sprachengewirr noch recht deutlich zu verstehen, die Anwälte müssen schon gut die Ohren spitzen, doch die Zuschauer haben keine Chance. Etwa 20 Meter liegen zwischen den ersten Sitzreihen und dem Zeugenstuhl, dazwischen steht noch der Pressetisch. Hinzu kommt: Die Holvertäfelung des Saals "schluckt" die Worte des Zeugen.

Der Schwurgerichtsaal, der größte und "prächtigste" des Klever Landgerichts, wurde 1953 eingeweiht. Weder Richter noch Bedienstete können sich erinnern, dass an ihm bis heute baulich jemals etwas geändert worden wäre. Während andere Räume der Burg längst moderne Lautsprecheranlagen erhalten haben, ist die Situation im großen Saal nicht mehr zeitgemäß.

Deshalb wird es heute eine Begehung des altehrwürdigen Saales in der Burg geben. Vertreter des Oberlandesgerichtes (OLG) Düsseldorf und des Landgerichtes Kleve begutachten den Saal und diskutieren über eine akustische "Ertüchtigung". Im Raum steht eine Ausstattung des Saales mit einer Mikrofonanlage. "Es sind vereinzelt Akustik-Probleme an uns herangetragen worden, die den Schwurgerichtssaal betreffen", bestätigt Alexander Lembke, Richter und Mediendezernent am Landgericht.

Herbert Neske aus Bedburg-Hau bemängelt bereits seit Jahren die schlechte Akustik des Saales, die vor allem für ältere Bürger, so Neske, ein echtes Problem sei. Neske war früher häufig bei Verhandlungen dabei. "Aber Sie haben die Aussagen von Tätern und Zeugen, die oft auch genuschelt oder in schlechtem Deutsch mehr gehaucht als gesprochen werden, nicht mehr verstanden. Dann geht man auch nicht mehr gerne zu einer Verhandlung, obwohl doch eigentlich die Öffentlichkeit garantiert sein müsste. Das heißt ja, dass man die Aussagen verstehen kann", sagt er. Auf den Besucherrängen seien oft selbst die Richter, die in Richtung des Publikums sprechen, schwer zu verstehen. "Wenn dann aber der Rechtsanwalt oder der Staatsanwalt zum Richter spricht und den Besuchern den Rücken zuwendet, bekommt man kaum noch etwas mit. Das ist für mich dann auch keine öffentliche Verhandlung mehr", sagt Neske.

Vor dem Bedburg-Hauer liegt ein Aktenordner: Er hat einen über mehrere Jahre reichenden Schriftverkehr mit dem Landgericht in Kleve und mit dem zuständigen Oberlandesgericht in Düsseldorf geführt, blättert durch die Beschwerden und die Antworten. Das letzte Schreiben datiert auf den 6. April 2017. Darin antwortet ihm das OLG, dass "im Rahmen der für dieses Jahr (2017) vorgesehenen Ertüchtigung der Medientechnik des Schwurgerichtssaals des Landgerichtes auch die Ausstattung mit einer Mikrofonanlage vorgesehen ist". Jetzt endlich folgt die Begehung des Saales, der, bei entsprechender Beurteilung, dann eine Mikrofonanlage folgen könnte . . .

(RP)
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