Kleve Richter für einen Tag

Kleve · 17 Abiturienten erfuhren bei einem Schnupperseminar am Landgericht Kleve wie Richter, Anwälte und Rechtspfleger arbeiten. Mit dieser Aktion soll mehr Nachwuchs gefunden und auch in Kleve gehalten werden.

Nachmittags im Gerichtssaal: Aufgeregt sitzt der Kläger neben seinem Anwalt und erklärt, wie sich der Unfall ereignete, wegen dem er jetzt hier sitzt: Beim Ausparken fuhr ihm die Angeklagte ins Auto und verursachte eine lange Schramme auf der Stoßstange. Der Richter fällt wenig später ein Urteil, aber nur ein fiktives. Denn diese Verhandlung ist nicht echt und sowohl Angeklagte und Kläger sind Abiturienten, die auf diese Weise am eigenen Leib erfahren, wie es am Landgericht Kleve täglich zugeht.

Bereits zum dritten Mal fand gestern ein Schnupperseminar für Abiturienten am Klever Landgericht statt; 17 Gymnasiasten aus Schulen in Kleve, Goch, Emmerich und Rees nutzten den letzten Tag ihrer Osterferien, um sich über die Berufe am Gericht zu informieren. "Die Justiz sucht Nachwuchs. Vor allem hier in Kleve ist es schwer, junge Leute zu halten. Die zieht es nach Düsseldorf", sagte Richter Thomas Hubert, der den Schnuppertag und das Programm organisiert hatte.

Um 8.45 Uhr ging es für die Schüler bereits los. Die Rechtslage beim Kopieren und Herunterladen von Musik aus dem Internet diente als lebensnahes Beispiel bei der Einführung in das Kaufrecht. Außerdem lernten die 17 bis 18-jährigen Abiturienten wie ein Richter zum lebenden Lügendetektor wird und es schafft, Lügner vor Gericht zu erkennen. Den dritten großen Teil bildete das Prozess-Spiel, bei dem die Teilnehmer zunächst eine Klageschrift erstellten und später sogarmit sechs Freiwilligen die Verhandlung nachspielten.

"Mir hat der Tag sehr gut gefallen, vor allem da wir so viele unterschiedliche Bereiche kennengelernt haben", sagte die 17-jährige Kira-Marie Queling, die schon ziemlich klare Vorstellungen von ihrem Berufsleben hat. "Ich will entweder Rechtsanwältin oder Richterin werden. Meine Erwartungen an den Tag wurden erfüllt, ich habe sogar noch zusätzliche Informationen bekommen", sagte die Schülerin. Dass man auch ohne Jura-Studium am Gericht arbeiten kann, überraschte einige Teilnehmer. Rechtspfleger machen drei Jahre eine Fachhochschul-Ausbildung und finden mit abgeschlossener Ausbildung zu 99 Prozent eine Stelle. Hier ist die Nachfrage derzeit besonders groß. Richter und Anwälte haben es da schon schwerer — werden aber auch gesucht.

Sabine Gehrmann (18), die bei der Verhandlung die Rolle der Sachverständigen übernahm, kennt den Beruf des Rechtspflegers durch ihre Eltern und war vom Schnuppertag begeistert. "Mich hat überrascht, dass alles so ausführlich besprochen wurde und sich die Richter so viel Zeit für uns genommen haben", sagte die Klever Gymnasiastin. Der Tag endete mit einem Besuch des großen Schwurgerichtssaals, wo jeder Schüler einmal auf dem Richterstuhl Platz nehmen durften.

(RP/rl)
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