Prozess in Kleve Baby in Lebensgefahr - Haftstrafe für Vater

Eine Verkettung unglücklicher Umstände führte im März diesen Jahres in Kleve dazu, dass ein fünf Monate alter Säugling lebensgefährlich am Kopf verletzt wurde. Der Vater, der die Kindsmutter geschlagen hatte, wurde gestern verurteilt.

Freundlich und etwas naiv-kindlich wirkte der 22-jährige Angeklagte Montag vor dem Klever Landgericht. Die Tat, die ihm die Staatsanwaltschaft Kleve vorwarf, traute man dem nur 1,60 Meter großen Mann fast gar nicht zu. Doch am 29. März diesen Jahres soll er in der Klever Wohnung seiner damaligen Freundin diese mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Bei einem weiteren Schlag-Versuch wich die 30-Jährige mit dem gemeinsamen fünf Monate alten Baby laut Anklage so unglücklich aus, dass der Kopf des Säuglings an die Kante eines Küchen-Oberschrankes stieß. Dabei zog sich der Sohn, der in einer Duisburger Spezialklinik behandelt und gerettet wurde, lebensgefährliche Verletzungen hinzu. Montag wurde der 22-Jährige deshalb wegen Körperverletzung in Tateinheit mit fährlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Das Bild, das sich am Ende eines langen Prozesstages über die Biografie und Verhaltensweisen des Angeklagten ergab, war schockierend. Der aus Köln stammende 22-Jährige lebte in seinen ersten Lebensjahren zunächst bei seinen leiblichen Eltern, die aufgrund einer Alkoholabhängigkeit seiner Mutter und einer Spielsucht bei seinem Vater aber nur bis zu seinem dritten Lebensjahr für ihn sorgten konnten. Einen Großteil seiner Kindheit verbrachte er anschließend bei einer Pflegefamilie. Da seine Pflegemutter mit ihren Pflegekindern überfordert war, habe sie ihn massiv geschlagen, so dass der heute 22-Jährige in einem Kinderheim untergebracht wurde, wo er im jugendlichen Alter aber rausflog, sagte der Beschuldigte. Für anderthalb Jahre lebte er in der Folgezeit auf Kölns Straßen. Unter anderem aufgrund mehrerer Diebstahl- und Körperverletzungsdelikte galt er dort später als Intensivtäter.

In dieser Zeit, so der Angeklagte weiter, habe sich auch sein schon zuvor entwickeltes Alkohol- und Drogenproblem massiv verschlimmert. Im Jahr 2012 begann er im Zuge einer Verurteilung deshalb in der Forensik der LVR Klinik in Bedburg-Hau eine dreijährige Therapie, aus der er im vergangenen Jahr abrupt entlassen wurde.

Nach seiner Entlassung, nach der er mehrere Betreuer und Bewährungshelfer zur Seite gestellt bekam, zog er zu seiner damaligen Lebensgefährtin, die er während seiner Zeit auf den Kölner Straßen kennenlernte und die für ihn während seiner Therapie nach Kleve gezogen ist. Beide wurden im Oktober 2015 Eltern eines Sohnes. Doch immer häufiger sei es zu Streitigkeiten zwischen ihm und seiner Freundin gekommen, die ebenfalls ein Alkohol- und Suchtproblem habe und zudem an einer Persönlichkeitsstörung leide. Weitere Angaben zum Tathergang machte der 22-Jährige Montag allerdings nicht.

Ein Freund des früheren Paares, der am Tattag zu Besuch war, und die 30-Jährige selbst schilderten, dass es auch am 29. März zu Streitigkeiten gekommen sei. Der unter Alkoholeinfluss zur Aggression neigende Angeklagte, was er selbst auch einräumte, habe im alkoholischen Zustand auf sie eingeschlagen, so das Opfer, das ebenfalls unter Alkoholeinfluss stand. Wie sich das Baby schließlich verletzt habe, konnte sie nicht sagen. Eine gerichtsmedizinische Gutachterin hielt es jedoch für wahrscheinlich, dass das Baby mit dem Kopf gegen die Kante eines Oberschrankes gestoßen sei. Hierbei habe es sich eine Delle am Kopf zugezogen, die jedoch zu keinen inneren Blutungen geführt hätte, weshalb voraussichtlich auch keine Folgeschäden zu erwarten seien.

Der Angeklagte, der in polizeilichen Vernehmungen weitestgehend geständig war und wegen seines Suchtproblems vom Gericht erneut in eine Entziehungsanstalt untergebracht wurde, bereute dies. "Es tut mir leid. Ich muss ein Vorbild sein", sagte der 22-Jährige, der noch Revision einlegen kann, im Prozess.

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