Kleve Nachts läuft die Angst mit

Kleve · Kriminalität in Kleve: Nicht wenige Bürger laufen mittlerweile nicht mehr nachts durch die Innenstadt. Erst am vorigen Wochenende gab's zwei Schlägereien mit schweren Verletzungen. Die Polizei sieht aber keine Häufung.

Es sollte ein netter Abend mit Freunden werden und er endete mit einem doppelten Kieferbruch. Beim Warten aufs Taxi wurde ein 23-jähriger Mann Ende vergangenen Jahres vor dem Parkhotel Schweizerhaus zusammengetreten. Von einer etwa zehnköpfigen Gruppe Jugendlicher mit Migrationshintergrund. Jetzt befasst sich die Staatsanwaltschaft mit dem Fall. "Ich wusste vier, fünf Tage nicht, was passiert war. Ich hatte einen totalen Blackout", sagte der 23-Jährige, der noch in der Tatnacht in eine Krefelder Kieferklinik gebracht wurde. Es geht dem jungen Mann wieder gut. Doch scheint es mittlerweile so, als ob Schlägereien in der Kreisstadt am Wochenende so alltäglich sind wie das Eintreffen der Müllabfuhr. "Ich höre aus meinem Bekanntenkreis nach jedem Wochenende davon, dass es wieder irgendwo geknallt hat", sagt der 23-Jährige.

Keine Kavaliersdelikte

So gab's vor einer Woche in der Klever Innenstadt eine Schlägerei, bei der ein 30-Jähriger und sein Freund von vier Männern angegriffen wurden. Der 30-Jährige trat eine Fensterscheibe ein und verteidigte sich mit einer großen Glasscherbe gegen die Angreifer, bis diese die Flucht ergriffen. Auf der Borselstege an der Linde prügelten vier Schläger auf ein Trio so lange ein, bis einer stationär ins Krankenhaus musste. Zwei Schlägereien, die sicherlich nicht in die Kategorie Kavaliersdelikt fallen.

Aus polizeilicher Sicht kann Sprecher Heinz van Baal aber keine Häufung von Körperverletzungsdelikten in Kleve erkennen. "Das kommt immer mal wieder vor. Wir können in den nächsten drei Wochen gar nichts haben. Es wäre zu kurz gedacht, angesichts weniger Fälle von einem Anstieg zu sprechen. Schlägereien wird's immer wieder geben", so van Baal. Gerade die Achse Schweizerhaus bis zum Klever Kaufhof ist eine Route, die mittlerweile von nicht wenigen Bürgern in den Nachtstunden lieber gemieden wird. Dass lediglich die Vorfälle ab einer bestimmten Qualität bei der Polizei angezeigt werden, geschweige denn beim Pressesprecher auf dem Schreibtisch landen, überrascht nicht. Die Dunkelziffer ist wie in allen Bereichen erheblich höher. Wer meldet es der Polizei denn, wenn er auf der Großen Straße nachts angepöbelt oder herumgeschubst wird, ohne dass ihm mehr passiert?

Einer, der die Entwicklung besonders auf der Großen Straße beurteilen kann, ist Franz Sanders (45). Der Juwelier arbeitet seit 20 Jahren in seinem Geschäft in der Klever City. "Ich laufe hier nachts nicht mehr herum. Früher haben wir den Gang zu den Schaufenstern unseres Geschäfts bis 22 Uhr offen gelassen. Das geht heute gar nicht mehr. Die Kriminalität ist gestiegen und auch die Aggressivität einiger Leute, denen ich hier begegne. Heute mache ich um 19 Uhr alles dicht", sagt Sanders.

Eine Kleverin, die am Fuße der Schwanenburg wohnt, hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Sobald es etwas wärmer ist, treffen sich Jugendliche auf dem Aussichtsplateau unterhalb der Burg. "Da werden Flaschen den Hang herunter geworfen, da wird gekifft und sonst was. Ich habe dort auch schon Spritzen eingesammelt. Doch gehe ich dort nur vorbei, wenn sich da niemand aufhält. Das ist mir sonst zu gefährlich", so die Kleverin.

Die Stadt Kleve ist tagsüber bereits tätig geworden und hat einen Ordnungs- und Servicedienst aus der Taufe gehoben. Nachts nicht.

(RP)
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