Kranenburg Nabu zerlegt Gutachten von Abo Wind

Kranenburg · Der Antrag zum Bau der zwölf Windenergieanlagen im Reichswald ist für den Naturschutzbund (Nabu) nicht genehmigungsfähig. Es gebe einige artenschutzrechtliche Gründe gegen die Planungen.

 Schnurgerade zieht sich der Kartenspielerweg durch den herbstlichen Reichswald. Naturschützer lehnen Windräder dort ab.

Schnurgerade zieht sich der Kartenspielerweg durch den herbstlichen Reichswald. Naturschützer lehnen Windräder dort ab.

Foto: Gottfried Evers

Die Luft wird immer dünner: Das Projekt "Windpark im Reichswald" muss einen weiteren herben Rückschlag hinnehmen. Es könnte sogar der entscheidende sein. Denn wenn der Naturschutzbund (Nabu) gegen ein Vorhaben Stellung bezieht, haben die Projektentwickler mehr als nur ein Problem. Es geht um die Stellungnahme des Nabu zu dem Bauantrag des Projektentwicklers Abo Wind, der im Reichswald zwölf Windkraftanlagen errichten will. Die Bewertung ist nahezu fertig. Man will sich jedoch mit der niederländischen Naturschutzorganisation "natuurmonumenten" abstimmen, da man eine gemeinsame Stellungnahme einreichen will. "Erst dann werden wir sie komplett veröffentlichen", sagt Dr. Volkhard Wille, der 1. Vorsitzender der Nabu-Naturschutzstation Niederrhein.

Kranenburg: Nabu zerlegt Gutachten von Abo Wind
Foto: NABU

Fest steht, dass die Bewertung des Nabu zu dem Projekt eindeutig ausfällt. "Aus unserer Sicht ist das Vorhaben nicht genehmigungsfähig", sagt Wille. Für die klare Positionierung sind unter anderem der Baumfalke, die Waldschnepfe und der Wespenbussard verantwortlich. "Diese Tiere kommen im Planungsgebiet vor und sind somit ein klares Ausschlusskriterium. Das Projekt ist artenschutzrechtlich nicht zulässig", betont der Nabu-Chef.

Hinzu kommen laut Wille weitere Defizite in den von Abo Wind vorgelegten Expertisen. "An etlichen Stellen ist hier nicht mit den neuesten fachlichen Erkentnissen gearbeitet worden, die aber zwingend bei einer Beurteilung anzuwenden sind", sagt Wille. So seien etwa auf Grundlage eines Papiers der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten aus dem Jahr 2007 Ergebnisse gewonnen worden. Die aktuelle Version stammt jedoch aus 2015. "Es gibt Urteile von Gerichten in Bayern und Nordrhein-Westfalen, die genau an dieser Stelle Verfahren aufgehoben haben, weil eben nicht die neuesten technischen oder wissenschaftlichen Ergebnisse berücksichtigt worden sind."

Es gebe zwingende Gründe, warum es gerade bei dem Thema "Genehmigung von Windkraftanlagen" so bedeutend ist, die aktuellsten Vorlagen bei den Untersuchungen zu verwenden. Die Entwicklung der Windkraft ist von einer großen Dynamik geprägt, umso wichtiger ist es, die neuesten Standards zugrunde zu legen. "Das hat Abo Wind nicht gemacht", sagt Wille. So kommt es dazu, dass einige Tiere als windkraft-unsensibel eingestuft werden, obwohl sie es gar nicht sind. Bei diesen Tieren geht es um Greifvogelarten wie Baumfalke, Wespenbussard, Habicht, aber auch Sperber und Mäusebussard. "Wir haben hier ein großes Dichtezenrum, das sogar von europäischer Bedeutung ist", sagt Wille. Falls die Greifvögel nicht ausreichen, legt der Nabu-Vorsitzende noch mit den Kolkraben und Waldschnepfen nach. Zum Abschluss müsse man auch noch mal über die Feldmäuse reden, so Wille. Er erklärt, dass man bei den Fledermäusen über Abschaltzeiten diskutiere, bei den anderen Vogelarten aber nicht.

Auch fehle die Einbeziehung einer großen Studie des Bundeswirtschaftsministerium, die im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde. In der werden die Auswirkungen von Windenergieanlagen auf Greifvögel behandelt. Wille dazu: "Es ist eine bedeutende Untersuchung. Dieses Standardwerk wurde überhaupt nicht berücksichtigt."

Dass die Gutachter von Abo Wind nicht an allen Stellen auf veraltete Vorschriften zurückgreifen, wird bei den Untersuchungen in anderen Gebieten deutlich. Dort wird aus aktuellen Unterlagen zitiert, die teilweise aus diesem Jahr stammen.

Im Zusammenhang mit dem Projekt "Windkraftanlagen im Reichswald" ordnet Wille ein, in welchen Bereichen global gesehen die größten Umweltschutzgefährdungen liegen. "Zu dem Thema gibt es eine äußerst aussagekräftige Untersuchung von Johan Rockström, der im vergangenen Jahr den Deutschen Umweltpreis erhalten hat", sagt der Naturexperte. So sei der Diversitätsverlust, also das Artensterben, das größte Problem, gefolgt von der Stickstoff-Belastung und erst an dritter Stelle stehe der Klimawandel, so Wille. Er bezeichnete es als umwelt- und naturschutzpolitisch völlig unsinnig, ein kleineres Umweltproblem mit der Verschärfung des größeren zu bekämpfen.

(jan)
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