Kleve Kühles Weizen beim Fontänenmeister

Kleve · "Rund um den Schwanenturm" ist erschienen. Die Zeitung des Klevischen Vereins liegt im Buchhandel aus und bietet wieder Geschichte und Geschichten, die mit vielen Abbildungen garniert sind.

Der Schwan kehrt zurück auf den Schwanenturm
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Der Schwan kehrt zurück auf den Schwanenturm

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Still liegt der Platz in der Sonne, die nahen Bäume werfen mit ihrem Laub einen Schatten auf den Rand, Sträucher umranden die mit dunklem Kleinpflaster belegte Fläche. Ziegelrot zeichnet sich ein Grundriss darin ab: Der Grundriss der alten Synagoge in Kleve, die von den Nazis in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 niedergebrannt wurde. Am Kopf des Platzes ein Gedenk-Gemäuer. Daran ist eine abgetreppte, mattierte Plexiglasscheibe befestigt, die die Bronze-Täfelchen mit den Namen der in Kleve ermordeten Juden trägt.

Gestützt wird der Platz links von einer verwitterten Backsteinmauer, neben dem die Treppen des Bleichenberg hinunter zum Kermisdahl führen. Umrankt von Efeu, das von oben über die Mauerkrone hinabreicht, eine große, runde Gedenkplatte. "Zum Andenken an die jüdischen Bürger der Stadt Kleve, deren Synagoge an dieser Stelle in der Kristallnacht vom 9. auf den 10. November 1938 zerstört wurde" verkündet eine Inschrift, die sich um einen Davidstern legt, der einen siebenarmigen Leuchter umreißt.

Die zwei Gedenktafeln an einem Ort sind ein Zeichen dafür, wie schwer sich die Stadt mit einem Mahnmal an die Ermordung seiner jüdischen Bürger tat: Die beachtliche Platte wurde erst 1977 neben dem Bleichenberg befestigt, während der eigentliche Synagogenplatz schnöde als Parkplatz genutzt wurde. Erst 2002 wurde aus dem Platz eine Gedenkstätte, 2006 wurden schließlich die Täfelchen mit den Namen angebracht.

Die Schwanenburg: ein Rundgang
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Die Schwanenburg: ein Rundgang

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Vorangegangen war der "Besuch ehemaliger jüdischer Bürger und ihrer Angehöriger in Kleve im Jahr 1989". So titelt auch der Aufsatz von Helga Ullrich-Scheyda im neuen "Rund um den Schwanenturm". Das 48-Seiten-Heft ist jetzt erschienen und für 4,50 Euro im Buchhandel zu haben. Die Zeitung des Klevischen Vereins liegt im Buchhandel und bietet wieder Geschichte und Geschichten, die mit vielen Abbildungen garniert sind. Ullrich-Scheyda gibt ihrer Geschichte den gebührenden Rahmen, zitiert Zeitzeugen, die Besucher, erinnert an die lange Aufbearbeitung der dunklen Geschichte nach 1933. Kleves Stadtarchivar Bert Thissen beschreibt den für das Stadtarchiv wichtigen Ankauf der Schriftensammlung aus dem Kopstadt-Nachlass im Jahr 2013. Schön auch die kleine Anekdote von Annemarie Schott über den Landarzt Dr. Voss und seinem Dackel, der immer auf dem Tank des BMW-Motorrades zu den Patienten mitfuhr.

Spaß macht aber vor allem der Reisebericht des Herrn Pieter van der Werff, der mit Pieter Preiger, dem Zeichner Cornelis Pronk und anderen im Jahre 1721 von Amsterdam nach Kleve reiste. Es ist eine köstliche Beschreibung der Stadt im 18. Jahrhundert, die sich durch die Übersetzung von Wiltrud Schnütgen dem Leser bestens erschließt. Die Geschichte zeigt, dass die Wanderer ihr "Touristen"-Dasein sichtlich genossen: Beim Fontänenmeisterhäuschen im Amphitheater trank man ein kühles Weizen - aus Nimwegen. Die Niederländer erzählen aber auch von zwielichtigen Gestalten und von der brutalen Hinrichtung einer Kindsmörderin.

(RP)
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