Kleve Kranenburger Kirche wegen Fliegenplage geschlossen

Kleve · Die Zyfflicher Pfarrkirche St. Martin in Kranenburg an der niederländischen Grenze ist seit drei Wochen geschlossen. Messen müssen auf andere Kirchen verteilt werden. Grund sind Fliegenschwärme, die sich in der Kirche eingenistet haben. Kammerjäger sind ratlos.

Kranenburg: Fliegenplage in Kirche
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Der 28-jährige Mann ist aus Köln angereist. Er steht in der Zyfflicher Pfarrkirche St. Martin und und schaut zur Decke des Mittelschiffs. Eine Hand in der Tasche, streicht er sich mit der anderen verlegen übers Kinn. "Puh, so etwas habe ich auch noch nicht gesehen. Was man da machen kann? Auf die Schnelle weiß ich's nicht", sagt er. Der junge Mann ist Kammerjäger. Was er in dem Gotteshaus sieht, ist ihm ein Rätsel.

In der Kirche ist eine Fliegenplage ausgebrochen, die biblische Ausmaße hat. Schwärme, so groß wie Badehandtücher, kleben an der Decke, der Boden ist durch die toten Tiere wie mit einem schwarzen Teppich ausgelegt. Sie liegen zu tausenden auf den Bänken, in der Sakristei - sie setzen sich in den Haaren der Besucher fest. Selbst an den langen Leitungen für die Lampen. Auf der Orgelbühne steht ein Staubsauger. Auch er musste im Kampf gegen die Invasion kapitulieren.

Mit der himmlischen Ruhe ist es vorbei. Das Summen von tausenden Fluginsekten sorgt dafür. Seit drei Wochen fallen die Messen in St. Martin aus und werden in den umliegenden Kirchen gefeiert. Pastor Christoph Scholten (45) sagt: "Zunächst einmal wird hier bis Allerheiligen kein Gottesdienst mehr abgehalten. Ich hoffe darauf, dass es kälter wird und die Tiere dadurch sterben. Nur wird das Problem dadurch nicht gelöst, wenn wir nicht wissen, wo der Herd ist."

Als erste waren Susanne Duif (51) die Fliegen aufgefallen. Sie ist Küsterin von St. Martin. An einem Samstag sah sie einen Handflächen großen Schwarm in der Sakristei. "Es waren viele, aber nichts Dramatisches", sagt sie. Einen Tag später fand in dem Gotteshaus eine Tauffeier statt und bei der war es kaum mehr auszuhalten. "Die Gesellschaft war nicht begeistert. Aber ich bin davon ausgegangen, dass ist in ein paar Tagen vorbei", sagt sie.

Der Rentner Gerd Hansen (68) kümmert sich für die Pfarrgemeinde um die Plage. Er hat bereits drei Kammerjäger bestellt, die sich den Befall angesehen haben. Alle traten achselzuckend wieder den Heimweg an. "Aber die Firma aus Köln, die will noch einen anderen Mitarbeiter schicken", ergänzt er ernüchternd. Er sagt dies wie ein Arzt, der seinem Patienten nur noch geringe Überlebenschancen einräumt, falls die nächste OP scheitert. Hansen konnte täglich verfolgen, wie die Population ständig wuchs. Er sah, wie sich die schwarzen Klumpen an der Decke des Mittelschiffs bildeten.

Wichtig ist, dass der Befallsherd gefunden wird. Die Fliegen brauchen organisches Material, um zu überleben. Vielleicht ein totes Tier irgendwo in den Deckengewölben, es können Gerüche sein, die die Fliegen anziehen - Möglichkeiten gibt es einige. Hansen ist mit allen Kammerjägern bis unter das Dach des Gotteshauses gegangen. 17 Meter hoch. An einigen Stellen hat man die Dämmwolle gelöst und darunter nachgesehen. Gefunden wurde nichts. "Ein Kammerjäger hatte vorgeschlagen, mit der chemischen Keule die Plage zu beenden", sagt der Rentner. Doch müsste die Kirche dann ausgewaschen werden. Unklar ist auch, ob die Kunstschätze den Gifteinsatz ohne Schäden überstehen.

Viel Zeit, die Plage zu beenden, hat man in Zyfflich nicht mehr. Es steht ein Jubiläum bevor, das nur wenige Kirchen feiern können. Ab Dezember wird sich ein Festgottesdienst an den nächsten reihen. Denn das Fundament von St. Martin ist eins, auf das Kirchen gebaut werden sollten. St. Martin wird 1000 Jahre alt. "Sie ist der Stolz des Bistums", sagt Diakon Thomas Fonck (53), der direkt neben dem Gotteshaus wohnt und dort täglich ist.

Zur 1000-Jahr-Feier werden Bischöfe kommen, um das Jubiläum mit den Gläubigen zu feiern. "St. Martin ist die älteste Kirche am unteren Niederrhein", sagt Fonck nicht ohne Stolz. Warum wird gerade unsere Kirche nach 1000 Jahren von der Plage heimgesucht, fragen sich die Gläubigen in Zyfflich.

(jan)
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