Interview mit Christel Lechner Kommen die Alltagsmenschen wieder?

Kleve · Ursprünglich sollten die 67 lebensgroßen "Alltagsmenschen" der Wittener Bildhauerin Christel Lechner schon Ende Juli Rees verlassen, doch wegen des Erfolgs bleiben sie bis zum 28. August in der Innenstadt. Die RP sprach mit der Künstlerin über die Ausstellung und ihre Pläne.

 Christel Lechner im April beim Aufbau der Alltagsmenschen in Rees.

Christel Lechner im April beim Aufbau der Alltagsmenschen in Rees.

Foto: MARKUS VAN OFFERN

Ende August verlassen die Alltagsmenschen Rees. Gibt es ein bestimmtes Ritual, mit dem sie verabschiedet werden sollen?

Christel Lechner Nein, die werden einfach abgebaut. Wir machen keine Finissage. Es ist leider auch so, dass ich dann auf Sylt bin und nicht nach Rees kommen kann.

Werden die Alltagsmenschen 2017 auf Sylt ausgestellt?

Lechner Das ist geplant, aber noch nicht in trockenen Tüchern. Dagegen stehen Monschau, Braunschweig und Mosbach für 2017 bereits fest. Auch 2018 werden die Alltagsmenschen in vier Städten zu sehen sein.

Es gibt Gerüchte, dass Sie sich danach zur Ruhe setzen möchten.

Lechner Die Überlegung gibt es, weil ich ja nicht mehr ganz jung bin. Aber das ist die schwerste Entscheidung meines Lebens. Die Figuren sind meine Kinder, mein Herzblut. Ich verhandele derzeit mit meiner Tochter, dass sie vielleicht die Alltagsmenschen übernimmt. Sie ist auch Künstlerin, hat an verschiedenen Akademien Malerei studiert, darunter in Düsseldorf. Aber eine künstlerische Arbeit wie die Alltagsmenschen lässt sich nicht so einfach vererben wie eine Wäscherei oder ein anderer Familienbetrieb.

Was geschieht mit Ihren Alltagsmesnchen, sobald sie Rees verlassen haben?

Lechner Die kommen in mein "Krankenhaus" und werden so hergerichtet, dass man größere Schäden nicht mehr sehen kann. Farbabschürfungen und kleinere Risse bleiben erhalten. Ich gehe seit 20 Jahren mit den Figuren auf Reisen, da finde ich es wichtig, dass sie gelebt aussehen. Wir Menschen tragen ja auch die Spuren unseres Lebens im Gesicht und am Körper.

Einige Figuren sind in Rees mutwillig oder aus Versehen beschädigt worden. War das jedes Mal ein Schockmoment für Sie?

Lechner In Rees ist vergleichsweise wenig passiert und wir haben ein gutes Team, das die Figuren schnell wieder repariert. Es gehört halt zum Zeitgeist, dass vor allem Jugendliche etwas beschädigen. Ich halte das gern unter dem Deckel, um ihnen nicht die Aufmerksamkeit zu bieten, die sie haben wollen. Manchmal sind es ja auch nur Kinder, die aus Versehen etwas zerbrechen. Das plane ich aber ein. Ich stelle bewusst im öffentlichen Raum aus und hänge kein Schild "Berühren verboten!" an die Figuren. Im Gegenteil: Die Figuren sollen berührt und für gemeinsame Fotos genutzt werden.

Täuscht der Eindruck oder war die Ausstellung in Rees besonders erfolgreich?

Lechner Im Prinzip sind die Alltagsmenschen in jeder Stadt ein Erfolg, aber Rees hat die Ausstellung besonders effektiv über die Presse und das Fernsehen beworben. Hinzu kommt, dass in einer kleineren Stadt alle zusammenhalten und miteinander arbeiten. Wenn ich in Berlin, München oder Hamburg ausstelle, was ich ja auch schon gemacht habe, dann beschränkt sich die Arbeit und die Außenwirkung meist nur auf einen einzelnen Stadtteil.

Besteht die Chance, dass die Alltagsmenschen erneut nach Rees kommen?

Lechner Ja, natürlich. In Telgte habe ich 2015 zum zweiten Mal ausgestellt, in Mosbach wird es 2017 auch das zweite Mal sein. Jetzt hat auch Hamm angefragt, ob wir wiederkommen. Ich habe mehr als 100 Figuren, so dass ich in den Städten eine weitgehend neue Ausstellung präsentieren kann. In Wiedenbrück hatte ich das Glück, dass eine ganze Ausstellung gekauft wurde. Die hat sich seit zehn Jahren etabliert, da fahren jedes Jahr viele Busse hin, da steppt der Bär.

Vielen Dank für das Gespräch!

MICHAEL SCHOLTEN STELLTE DIE FRAGEN

(RP)
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