Kleve Kleves Kampf mit dem teuren Sozialetat

Kleve · 8,755 Millionen Euro an Kosten stehen allein im Ansatz Jugend und Familie. Hilfe zur Selbsthilfe: Das Projekt "Opstapje" hilft Vätern und Müttern bei der Bewältigung des Alltags. Im Frühjahr 2014 startet ein Pilotprojekt in der Stadt.

 "Opstapje": Gabriele Fischer und Helmut van Kempen (M.) von der Caritas mit Norbert Pastoors.

"Opstapje": Gabriele Fischer und Helmut van Kempen (M.) von der Caritas mit Norbert Pastoors.

Foto: Evers

Das Credo von Kleves Kämmerer Willibrord Haas, der jetzt den Haushalt 2012 sogar mit einem Überschuss abschließen konnte, ist ziemlich klar: Die Strukturen und laufenden Kosten sollen so sein, dass der Haushalt tragbar bleibt. Das scheint 2012 durch das richtige Wirtschaften seitens des Kämmerers und die Unterstützung dieser Ausgabenpolitik insbesondere der CDU-Mehrheitsfraktion mit ihrem Juniorpartner Grüne auch aufgegangen zu sein.

Doch die Stadt Kleve kämpft wie alle Kommunen gerade auch mit einem rasant steigenden Sozialetat, der zu den ganz großen Ausgabenposten innerhalb des Haushaltes gehört. 8,755 Millionen Euro stehen beispielsweise allein im Produktplan "0603. FB 51 — Jugend und Familie, Sozialpädadogische Dienste, Jugendhilfe, Hilfe für Junge Menschen" auf Seite 239 des Haushaltes der Stadt Kleve unterm Strich. Auf der "Soll-Seite" — Kosten, die die Stadt tragen muss.

Dennoch: "Auch hier müssen wir versuchen, strukturell Einfluss zu nehmen. Wir können und wollen hier keinesfalls sparen, aber wir können früh investieren, um früh genug Stellschrauben zu drehen, die spätere Kosten auffangen können", sagt Kleves Kämmerer Willibrord Haas.

Eine dieser Stellschrauben: Die Mutter/Vater-Kind-Betreuung. Die soll den jungen, meist alleinerziehenden und von Hartz IV abhängigen Frauen/Vätern mit ihren Kindern Hilfe sein, den alltäglichen "Kleinkrieg" jeder Familie zu sortieren, den Tag zu strukturieren. Ziel: Den Kindern und Eltern Rückhalt geben, die Bindung von Mutter/Vater und Kind stärken und die Familien langfristig zu festigen, erläutert Haas. Das scheint zunächst teuer: 8000 bis 9000 Euro kostet das monatlich für beide, ist aber langfristig weniger kostenaufwendig als eine Heimbetreuung oder die Unterbringung in einer Pflegefamilie. Zehn Fälle hatte die Stadt im Jahr 2013 in dieser Betreuung. 2009 waren es nur zwei. Seit einem Monat wird diese Unterstützung auch als Tageseinrichtung "Wippe" angeboten, sagt Haas. Auch das bereits vor geraumer Zeit angelaufene Projekt "Opstapje" nach niederländischem Vorbild soll Frauen und Väter unterstützen, den Alltag richtig in den Griff zu bekommen. "Wir sehen das nicht als Kostenaspekt — das ist Hilfe zur Selbsthilfe und soll die Familien eigenständig machen", sagt Haas. Denn bei allen Projekten sollen die Familie so bestärkt werden, dass sie für ihre Kinder sorgen und die Jugendlichen später in Schule und Ausbildung bekommen können.

"Wir sind schon froh, wenn wir die Kosten konstant halten können", argumentiert der Kämmerer. Das betrifft auch die Unterstützung von ALG-II-Beziehern (Hartz IV), für die die Kommune zu einem Teil aufkommen muss, beispielsweise beim Wohnraum. "Auch diese Zahl wird nicht kleiner: durch Zuzug, Scheidung und dem Auslaufen von Arbeitslosengeld I kommen immer wieder Menschen in diese Lage", sagt Haas — und müssen von der Stadt unterstützt werden.

Nach niederländischem Vorbild soll in Kleve bald ein Projekt anlaufen, das sich an ALG-II-Bezieher richtet. Im Nachbarland wurden Gruppen gebildet, in denen nicht allein auf Reaktionen der Behörde gewartet werden sollte, sondern unter Hilfe eines Moderators Strategien entwickelt wurden, in Eigeninitiative wieder in den Job zu kommen. Der Start für dieses Pilotprojekt ist Frühjahr 2014 vorgesehen, erklärt Haas.

Zu diesen Sozial-Ausgaben kommen in Kleve noch Sonderausgaben hinzu: Als Sitz der Bundespolizei muss die Stadt an der Grenze aufgegriffene Jugendliche unterbringen und diese oft traumatisierten Menschen betreuen. "Das sind bis 500 000 Euro im Jahr, die bekommen wir zwar irgendwann erstattet — doch zunächst einmal belasten sie bis zu einem Jahr den Haushalt", sagt Haas.

(RP)
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