Kleve Klever Prophet aus Holz wird restauriert

Kleve · Die Figur, die Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre aus der Klever Stiftskirche gestohlen und dann durch Nachbildungen ersetzt worden war, ist wieder zurück. Das Bistum Münster lässt die Figur nun sorgfältig restaurieren.

 Restauratorin Beate Zumkley und Reinhard Karrenbrock, zuständiger Kunstpfleger des Bistums Münster, mit der Apostelfigur aus dem Hochaltar in St. Peter in Rheinberg (links) und dem Prophet aus der Klever Stiftskirche.

Restauratorin Beate Zumkley und Reinhard Karrenbrock, zuständiger Kunstpfleger des Bistums Münster, mit der Apostelfigur aus dem Hochaltar in St. Peter in Rheinberg (links) und dem Prophet aus der Klever Stiftskirche.

Foto: Martin Büttner

Wenn Beate Zumkley die beiden - Original und Kopie - nebeneinander sieht, muss sie auch ein wenig schmunzeln. Der Faltenwurf der Apostelfigur aus dem Hochaltar in St. Peter in Rheinberg ist perfekt; die beiden Figuren sind gleich hoch, doch hat der nachgemachte Apostel ein viel kräftigeres Gesicht und eine breitere Statur. So wirkt er kleiner und knubbeliger. "Die Replik wurde nach einem Foto gearbeitet - anscheinend hat man die Proportionen drauf nicht wirklich erkennen können", sagt die Restauratorin aus Wesel.

Nun hat die Kopie auch ausgedient. Denn die Figuren, die Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre aus Kirchen am Niederrhein gestohlen und dann durch Nachbildungen ersetzt worden waren, sind wieder zurück. Das Bundeskriminalamt hatte sie nach einer aufwendigen Recherche bestimmen können und in dieser Woche den Bistümern Aachen und Münster übergeben. Das Bistum Münster lässt die beiden Figuren, die aus Altären in Rheinberg und Kleve stammen, nun sorgfältig restaurieren.

 Der Zustand des Propheten aus Kleve macht den Experten Sorgen.

Der Zustand des Propheten aus Kleve macht den Experten Sorgen.

Foto: Martin Büttner

Mit dem Zustand der Heimgekehrten sind die Restauratorin und Reinhard Karrenbrock, zuständiger Kunstpfleger des Bistums, aber sehr zufrieden. Sie scheinen vom Dieb gut behandelt worden zu sein. Der Apostel (um 1435) aus Rheinberg ist besser in Schuss. Der Prophet (frühes 16. Jahrhundert) aus Kleve macht ihnen ein wenig mehr Sorgen. Der Text auf dem Spruchband ist etwa nicht mehr zu lesen. Bei der Figur ist zudem die sogenannte Fassung, die Bemalung, so fragil, dass Beate Zumkley nicht wagt, sie in die Senkrechte zu bringen. Über die Schönheit des Propheten sind sich aber beide einig. "Das ist ein Beispiel ganz bedeutender Bildhauerkunst", sagt Karrenbrock. Im Kreuzaltar der Stiftskirche wurden damals zwei Figuren gestohlen, nur ein Prophet ist nun wieder aufgetaucht. Die Nachbildungen waren damals bewusst nicht koloriert worden. Wenn allerdings der Echte restauriert sei, müsse man sich überlegen, ob man nicht die zweite Figur farblich auch anpasse, betont Karrenbrock.

In den nächsten Monaten wird die Diplom-Restauratorin Stück für Stück den zersetzen Leim auf dem Holzkern der Heiligen ausbessern, damit die Farbe nicht abplatzt. "Ich lasse die Figur danach immer einen Monat ruhen und kontrolliere sie dann wieder", erklärt sie. So wird nach und nach die Fassung wieder gefestigt. Der Apostel hat auf seiner Reise schon ein kleines Stück seines goldenen Umhangs verloren. Das liegt nun in einer Schale. Zumkley wird in Ruhe nach der Stelle suchen und es dort wieder einsetzen. Damit die Puzzlearbeit nicht zu umfangreich wird, bewahrt Japanpapier die Farbe davor, abzuspringen.

Alle Figuren stammen aus Antwerpener Altarretabeln der Spätgotik, nur die Rheinberger Figur ist noch älter. Die Retabeln wurden nach dem Setzkastenprinzip komponiert, die Figuren standen früher lose darin. Die Antwerpener Werkstätten waren im Spätmittelalter eine der ersten Adressen für solche Figurenreliefs. "Der Dieb hat immer eine Figur aus der ersten Reihe eines Altars herausgenommen oder -gebrochen", sagt Karrenbrock.

Über den oder die Täter kann auch Karrenbrock nur spekulieren. "Da er nur das Beste genommen hat, was es damals gab, muss er sich gut auskennen", sagt er. Der Dieb habe sich vor mehr als 45 Jahren regelrecht den Niederrhein runtergearbeitet. Alle Figuren seien in einem guten Zustand, zum Teil auch etwas verschmutzt, was darauf hindeuten könnte, dass sie aufgestellt waren und nicht eingepackt gelagert wurden. Berichten, wonach ein Unbekannter die Koffer über die Klostermauern von Maria Laach geworfen haben soll, widersprachen der Experte und die Restauratorin jedoch. Von "Geworfen" könne keine Rede sein. "Durch den Aufprall wären die Figuren alle zerstört worden." Vor allem die schwerste Figur, der Apostel aus St. Peter, hätte die anderen zerschmettert.

Die Figuren werden auf ihre Plätze in den Altären zurückkehren. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden seit den Diebstählen verstärkt. So ist der Altar in der Klever Stiftskirche nur noch hinter Plexiglas zu sehen. "Das ist nicht schön, aber das geht leider nicht mehr anders", betont Karrenbrock. Zudem sind die Figuren mechanisch gesichert, die Chorbereiche mit einem Alarmsystem geschützt.

Karrenbrock glaubt an die These, dass der Dieb ein reuiger Sünder war. "Deshalb hat er vielleicht die Koffer auch in dem Kloster abgestellt - in der Hoffnung, dass die Benediktiner den Wert der Sammlung beurteilen können." Außerdem sind die beiden froh, dass der Mönch, der die Koffer fand, sie überhaupt geöffnet und nicht sofort die Polizei gerufen hat. Wäre ein Sprengstoffkommando gerufen worden, wäre die Sache sicherlich anders ausgegangen. "In solchen Zeiten wie diesen können wir von Glück sagen, dass die Koffer nicht in die Luft gesprengt worden sind", stellt Zumkley fest. Zu dem Wert der Figuren äußert sich das Bistum weiterhin nicht. "Sie sind aufgrund ihrer Bekanntheit unverkäuflich", stellt der Kirchenkunstexperte fest.

Es wird lange dauern, bis die Figuren wieder in den Kirchen zu sehen sein werden.

(mso)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort