5.30 Uhr, -3 Grad Menschen warten stundenlang vor Klever Ausländerbehörde

Kleve · An der Ausländerbehörde in Kleve spielen sich morgens dramatische Szenen ab: Menschen sollen bis zu 14 Stunden bei Eiseskälte anstehen, weil der Kreis nicht in der Lage ist, vorab Termine zu vergeben. Andernorts ist das offenbar kein Problem.

Kleve: Menschen warten stundenlang vor Ausländerbehörde
Foto: grüne

Zwölf Stunden warten, um einen Stempel zu bekommen. Für Studenten aus dem Nicht-EU-Ausland hört in Kleve die geordnete Bundesrepublik Deutschland auf: Denn vor der Ausländerbehörde des Kreises Kleve an der Nassauerstraße spielt sich Tag für Tag das Chaos ab. Menschen reihen sich morgens um 3 Uhr bei Eiseskälte in eine Schlange ein, um vielleicht einen Termin zu bekommen. Gegen 6 Uhr kommt dann Bewegung in das erstarrte Warten. Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma öffnen die Tür und lassen einzelne Menschen hinein.

Heute wird es 70 Termine geben, 20 für allgemeine Anliegen und 50 für Asylsuchende. Unverständnis macht sich breit. Trotz geduldigen Wartens gehen wieder einige leer aus. "Über die Absurdität dieser Lage, die schon seit einigen Monaten anhält, sind sich die meisten einig. Allerdings ist den Menschen nicht geholfen, wenn man das Problem nur erkennt. Eine Lösung muss her", sagt Aila Banach, Vorsitzende des Ortsverbands der Grünen in Kleve und Studentin der Hochschule Rhein-Waal.

Sie fordert mehr Personal und die Einführung einer Online-Terminvergabe im Ausländeramt für alle Anliegen. Besonders betroffen sind dabei auch Nicht-EU-Ausländer aus dem Südkreis, die sich mitten in der Nacht ins Auto setzen müssen. Nicht umsonst fordern die Kreis-Grünen und Kreis-Sozialdemokraten eine Außenstelle in Geldern, die Landrat Spreen gestern aber in einer Stellungnahme aus personellen Gründen als "nicht durchführbar" bezeichnete.

Für Studenten der HSRW ist die Situation so absurd, weil in der Regel nur Kleinigkeiten mit der Behörde geklärt werden müssen. "Oftmals nicht einmal elementare Dinge, für die man einen ganzen Tag aufbringen muss - um dann vielleicht nicht mal einen Termin zu bekommen. Die Wartezeiten sind ein Riesenproblem für die Studierenden", sagt Julia Ilg, Leitung Abteilung Zentrale Studienberatung und Welcome Centre der Hochschule Rhein-Waal. Da es bei der Ausländerbehörde im Kreis Kleve auch Probleme mit der Sprache gibt, werden die Studenten in der Regel von einem Tutor begleitet, der dann ebenfalls in der Reihe steht.

Ilg berichtet von Wartezeiten von bis zu 14 Stunden. Das betrifft Studierende aus den USA, aus Russland, aus China oder aus Bangladesh. Dass das auch anders geht, zeigen andere Regionen: Beim Kreis Wesel oder in der Stadt Duisburg (etwa für die Studierenden aus Kamp-Lintfort) kann einfach ein Termin ausgemacht werden, dann bekommt man im Amt den "Stempel" und die Sache ist gelaufen.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) wurde am Mittwoch deutlich: "Seit drei Monaten testet der Kreis ein neues Verfahren zur Terminvergabe. Gebracht hat es offensichtlich nichts. Ich habe dem Landrat daher heute erneut geschrieben und möchte wissen, wie er die desaströsen Verhältnisse für die Menschen vor der Ausländerbehörde abstellen wird und wann dies geschieht", sagt Hendricks. "Wenn Menschen vor einer Behörde stundenlang in der Kälte ausharren müssen, um zu hoffen, dass sie einen Termin bekommen, um ihre Auflagen pflichtgemäß zu erfüllen, dann läuft in der Behörde offensichtlich einiges schief", sagt Hendricks.

Heide Naderer, Präsidentin der Hochschule Rein-Waal, hofft, dass das Thema bis zum Wintersemester geregelt ist, wenn wieder viele neue ausländische Studierende kommen. Sie verweist auf die Technische Universität RWTH Aachen, wo das Ausländeramt regelmäßig Sprechstunden in der Hochschule organisiert, um die Probleme der Studierenden zu erledigen: "Ein Ziel wäre, feste Tage an der Hochschule anzubieten", sagt Naderer. Man sei hier im Gespräch mit dem Kreis Kleve. Bis dahin heißt es für viele: warten.

"Wir wissen um die unbefriedigenden, teilweise gar chaotischen Zustände in unserer Ausländerbehörde und bedauern diese sehr", hießt es am Mittwoch am späten Nachmittag von Landrat Wolfgang Spreen. "Seit Monaten unternehmen wir alles Mögliche, dieser Herausforderung gerecht zu werden." In den letzten fünf Jahren sei die Zahl der Anträge in der Ausländerbehörde drastisch gestiegen. Deshalb sei die Zahl der Mitarbeiter von 20 auf 38 aufgestockt worden. Weitere Stellen seien ausgeschrieben.

Allerdings seien keine qualifizierten Bewerber auf dem Arbeitsmarkt verfügbar. "Dies können wir nicht ändern, arbeiten jedoch gemeinsam mit zahlreichen Maßnahmen an einer Verbesserung der Situation", so Spreen. Aktuell werde ein elektronisches Terminvergabesystem für ausgewählte Themen der Ausländerbehörde getestet. Für die Studierenden der Hochschule Rhein-Waal sei geplant, dass diese künftig direkt an der Hochschule beraten werden können.

(mgr)
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