Unsere woche Karneval als Balanceakt

Kleve · Es ist vor Karneval schon ein festes Ritual: Jugendämter und Polizei mahnen die Narren zu Rücksicht, warnen vor Koma-Saufen, kündigen verstärkte Alkoholkontrollen an. Diesmal wird die sessions-übliche Kampagne flankiert von einer Informationsaktion für Flüchtlinge. In persönlichen Gesprächen werden die Asylsuchenden über Karneval aufgeklärt, beim Zug in Geldern stehen Dolmetscher bereit, Flugblätter sollen in den Unterkünften die Grundzüge der tollen Tage erläutern.

Nicht jede Initiative ist hier gleichermaßen geglückt. Wenn im Flyer, den die Bezirksregierung angefertigt hat, darauf hingewiesen wird, dass im Karneval den Anweisungen der "echten Polizisten" Folge geleistet werden müsse, wirkt das unfreiwillig komisch. Es hätte nur noch gefehlt, dass erläutert wird, wie ein echter von einem falschen Polizisten zu unterscheiden ist.

Die ganze Debatte zeigt eins: Es ist schwierig nach den Vorfällen von Köln, die richtige Balance zwischen Hysterie und Verharmlosung zu finden. Da ist es erfreulich, dass der Auftakt in die tollen Tage bislang zeigte, dass manches offenbar gar nicht so problematisch ist wie befürchtet. Die Jecken feiern ausgelassen, viele Flüchtlinge machen einfach mit. Das funktioniert unverkrampft. In Rees gab es sogar zeitweise den Plan, dass eine ganze Gruppe von Asylsuchenden als Fußgruppe beim Zug mitziehen sollte.

Der Karneval ist Herausforderung und Chance zugleich: Die Chance zum unverkrampften Miteinander. Die Herausforderung, echte Probleme trotzdem nicht zu ignorieren.

sebastian.latzel@rheinische-post.de

(RP)
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