Kleverland Kaffeefahrt-Betrüger im Kleverland

Kleverland · Sie geben sich als seriöse Anbieter aus und versprechen Gewinne. In Wahrheit haben es Kaffeefahrt-Betrüger aber nur auf das Geld von meist älteren Menschen abgesehen. Im Kleverland machen derzeit gleich mehrere Maschen die Runde.

Dieses Schreiben hat der Leser aus Bedburg-Hau erhalten. Nicht das einzige, das im Kleverland die Runde macht.

Dieses Schreiben hat der Leser aus Bedburg-Hau erhalten. Nicht das einzige, das im Kleverland die Runde macht.

Foto: Evers

Ein großer Blumenstrauß verziert das Schreiben, neben dem verschnörkelten Kopf der Einladung steht fettgedruckt und unterstrichen: "Wir möchten ,Danke' sagen!" Erhalten hat den Brief Heinrich Janssen aus Bedburg-Hau, nicht nur sein Name, sondern auch seine komplette Anschrift tauchen darin auf. "Auf der Frühjahrsfeier unserer Räucherkate haben wir Sie sehr vermisst. Ihrer letzten persönlichen Einladung sind Sie ja leider nicht nachgekommen", heißt es dort vermeintlich besorgt.

Nicht nur, dass er nie etwas mit einer Räucherkate zu tun gehabt hatte, machte den 79-Jährigen stutzig. Auch die Anzahl der Versprechungen, die Janssen in dem Schreiben gemacht werden, können sich sehen lassen. Ein Farb-TV mit Receiver und Vollausstattung, ein Bio-Paket mit geräuchertem Fisch, Holunderwein, Eier, Käse, Schinken und Honig sollen ihm gehören. Einfach so. "Diese gute Tat gibt's nur einmal im Leben", heißt es vielversprechend. Eine kurze Recherche von Heinrich Janssen und dessen Sohn Michael (51) im Internet zeigt: Gibt's nicht, alles nur Schwindel.

"Wir sind schnell auf den Internetauftritt des Lahn-Dill-Kreises gestoßen", sagt Michael Janssen. Der Landkreis in der Nähe von Marburg ist eigenen Angaben zufolge die einzige Behörde in ganz Deutschland, die im Internet eine Warnliste betreibt, mit deren Hilfe vor unseriösen Werbefahrten und Verkaufsveranstaltungen gewarnt wird. Schon an dritter Stelle der Warnungen: "Die Räucherkate. Wir möchten ,Danke' sagen!"

Demnach sind die vermeintlichen Einladungen das erste Mal Ende März dieses Jahres aufgetaucht - und das in ganz Deutschland. Bereits zuhauf in Nordrhein-Westfalen, neben dem Kreis Kleve unter anderem auch im Rhein-Sieg-Kreis, in den Städten Bonn und Köln. Aber auch in Sachsen, Bayern, Berlin, Schleswig-Holstein oder Rheinland-Pfalz hatten Ahnungslose die Schreiben in ihren Briefkästen.

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Auch die Polizei schlägt bei den vermeintlich seriösen Verfassern Alarm. So warnt anderem die Polizei Goslar gezielt vor Post der "Räucherkate". "Verbraucher sollten dubiosen Einladungen zu Kaffeefahrten nicht folgen", raten die Beamten. "Wir erleben immer wieder, dass Menschen mit gut klingenden Gewinnversprechen auf solche Touren gelockt werden. Das Ende vom Lied ist meist, dass die Teilnehmer nicht ihre versprochenen Geschenke mit nach Hause bringen, sondern Verträge über überteuerte Produkte inklusive einer gepfefferten Rechnung", sagt die Polizei.

Die "Räucherkate" ist Informationen des Lahn-Dill-Kreises zufolge längst nicht der einzige unseriöse Anbieter, der im Kleverland sein Unwesen treibt. So ist am 9. Juni im Kreis Kleve ein Schreiben des "Klosters Marienquell" aus Gangelt aufgetaucht, das mit dem Versand von Produkten auf Abo-Basis wirbt. Einzig: Ein solches Kloster gibt es gar nicht. Die Spuren führen nach Belgien, wer genau hinter dem Angebot steckt, ist noch unklar. Auch Schreiben, bei denen für vermeintliche Jubiläumsfahrten mit großem Sektempfang oder Preisausschüttungen eines Gewinnspiels geworden werden, sind seit Beginn des Jahres in Kleve aufgetaucht.

Heinrich Janssen werden Gewinne von mehreren Hundert Euro versprochen, wer seinen Ehepartner mitbringt, der bekomme sogar noch einen Kaffeeautomaten inklusive Porzellantassen geschenkt. "Bitte bringen Sie auf jeden Fall zwei stabile Tragetaschen und eine zweite Person zum Tragen mit!", heißt es in der Post, die Ende vergangener Woche in seinem Briefkasten lag. Am Mittwoch, 26. August, solle es für Janssen so weit sein. Ein Bus würde ihn abholen, ganz bequem an mehreren Orten im Kleverland. Dann gebe es ein reichhaltiges Frühstücksbüffet, schmackhaftes Mittagessen - und natürlich den Fernseher und die Bio-Lebensmittel.

"Auf den Busreisen geraten Senioren immer wieder an unseriöse Verkäufer, die ihnen nur das Geld aus der Tasche ziehen wollen", heißt es von der Polizei. Statt den versprochenen Gewinnen merken die Teilnehmer meist schnell, dass es um eine Werbe- und Verkaufsveranstaltung geht. Dort werden sie oftmals von den Verkäufern geschickt unter Druck gesetzt und gedrängt, Kaufverträge abzuschließen. Verträge, die nicht selten das monatliche Einkommen überschreiten. Dabei sind die als Schnäppchen gepriesenen Kochtöpfe, Badezusätze oder Trinkkuren nach polizeilicher Erfahrung häufig minderwertiger und teurer als im Fachhandel.

Den 79-jährigen Heinrich Janssen und seinen Sohn Michael konnten die Betrüger damit nicht hereinlegen. Sie werden am 26. August nicht ahnungslos in den Bus steigen - stattdessen wollen sie sich jetzt an die Polizei wenden.

(lukra)
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