Kleve Johanna-Sebus-Medaille an Klosterpforte verliehen

Kleve · Klever Bürger nahmen großen Anteil Feierstunde. Neues Heft zu Johanna Sebus erschienen.

 Bernhard Hannen, Michiel van der Mey, Elke Lehnen, Alwine Strohmenger-Pickmann, Bürgermeisterin Sonja Northing und Josef Gietemann (v. l.).

Bernhard Hannen, Michiel van der Mey, Elke Lehnen, Alwine Strohmenger-Pickmann, Bürgermeisterin Sonja Northing und Josef Gietemann (v. l.).

Foto: mvo

Dass der Verein "Klosterpforte" die Johanna-Sebus-Medaille verliehen bekam, hat viele Klever Bürger interessiert und bewegt. Denn sie waren sehr zahlreich zum Festakt in die Stadthalle gekommen, nahmen intensiven Anteil an den Reden. Mit dabei waren auch Besucher der Klosterpforte sowie Ratsmitglieder und Vertreter der Kirche.

Der Klevische Verein für Kultur und Geschichte/Freunde der Schwanenburg sowie der Arenacum-Verein für Kultur und Geschichte Rindern verleiht die Medaille "Für Hilfe in der Not" als Würdigung für das selbstlose Engagement, anderen Menschen in Notsituationen zu helfen. "Es ist ein gutes Zeichen für Stadt und Land, dass es Menschen gibt, die sich für andere einsetzen", betonte Josef Gietemann, Vorsitzender des Arenacum-Vereins, in seiner Begrüßungsrede. Bürgermeisterin Sonja Northing lobte die Ausgezeichneten sehr herzlich und berichtete von ihren regelmäßigen Weihnachtsbesuchen in der Klosterpforte. "Ich kann nicht singen, müssen Sie wissen, aber da singe ich immer. Dort herrscht echte Geborgenheit", sagte sie und nannte die Klosterpfortenhelfer die "Menschen, die das Gesicht der Welt verändern".

Stellvertretend für die 30 Mitarbeiter der Klosterpforte nahmen Elke Lehnen, Bernhard Hannen und Michiel van der Mey die Ehrung entgegen. "Wir sind dankbar für die Würdigung unserer Arbeit und sind zuversichtlich, dass die Klosterpforte noch viele Jahre in Kleve eine Rolle spielen wird", so van der Mey in seiner Dankesrede.

Während der zweistündigen Veranstaltung ging es nicht nur um die "Klosterpforte", die 1982 durch Pfarrer Fritz Leinung als Tagesstätte für Obdachlose und Hilfesuchende gegründet wurde, sondern auch um die Namensgeberin der Medaille, Johanna Sebus, die vor mehr als 200 Jahren bei einer Hochwasserkatastrophe Menschen rettete und dabei selbst ums Leben kam. Zeitgleich mit der aktuellen Verleihung der Medaille gab der Klevische Verein das Heft "Johanna Sebus und das Hochwasser von 1809" in der Reihe "Beiträge zur Klevischen Geschichte" heraus und stellte es während der Veranstaltung vor. Die Historikerin Helga Ullrich-Scheyda hat die Geschichte des 17-jährigen Mädchens aus Brienen erforscht und für diese Publikation ihre Ergebnisse unter dem Titel "Das Mädchen und der Mythos" dargelegt. Beim Festakt ging sie der Frage nach, wie es dazu kam, dass Johanna Sebus noch heute sehr bekannt ist und auch zu einer Art Mythos wurde. Bert Thissen vom Klevischen Verein räumt im Vorwort des neuen Heftes eine "gewisse Entzauberung" ein, die jedoch den Vorbildcharakter der Johanna Sebus nicht schmälere.

Ullrich-Scheyda erwähnte als Beispiel für die Entstehung eines Mythos' auch das Schicksal des Klevers Wilhelm Frede, der während der NS-Zeit von der Gestapo wegen "judenfreundlicher" Gesinnung verfolgt wurde und 1942 im KZ Sachsenhausen zu Tode kam. Auch hier müsse man versuchen, durch genaue historische Recherche Mythos und Wahrheit zu trennen. Ihre Ausführungen sorgten in diesem Moment im Publikum für kontroverse Reaktionen.

Michael Rübo lobte das Engagement der Klosterpforte und sagte: "Dass in unserer Gesellschaft keiner hungern müsse, ist auch ein Mythos. Wahr ist etwas anderes. Wir dürfen barmherzig sein, wo Gesetze nicht mehr greifen." Der Festakt wurde mitgestaltet von der Städtischen Singgemeinde, die stimmungsvolle musikalische Akzente aus "Carmina Burana" setzte. Die Tanzdarbietung der Schülerinnen der Johanna-Sebus-Grundschule Rindern wurde vom Applaus der Zuschauer begleitet.

Ein eindrückliches Stimmungsbild vermittelte der Vortrag der Goethe-Ballade "Johanna Sebus" von Wilfried Szubries.

(RP)
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