Kleve Im Bauch von Kleves altem Geldspeicher

Kleve · 1970 begannen die Planungen für die neue Zweigstelle der Landeszentralbank in der Kreisstadt. Das elegant-moderne Gebäude erzählt ein Stück Klever Geschichte. Jetzt soll es wieder verkauft werden.

 Norbert Lamers, Büroleiter der Schloesser + Baumann Rechtsanwaltsgesellschaft, im ehemaligen Tresorraum, der jetzt als Archivraum dient. Nur die Schlösser der alten Tresortür wurden ausgebaut.

Norbert Lamers, Büroleiter der Schloesser + Baumann Rechtsanwaltsgesellschaft, im ehemaligen Tresorraum, der jetzt als Archivraum dient. Nur die Schlösser der alten Tresortür wurden ausgebaut.

Foto: Gottfried Evers

Der Bau pflegt bei aller Zurückhaltung den gleichen großen Auftritt wie die Nassauerallee, die stadteinwärts mit vier Baumreihen und zwei parallel laufenden Straßen stringent auf den spitzen Turm des Stiftskirchen-Dachreiters zuläuft. Rechts dieser Allee, leicht zurückgezogen, flach und elegant mit langem Vordach, liegt die einstige Zweigstelle der Landeszentralbank (LZB) in Kleve und erzählt ein Stück Geschichte aus der alten Bundesrepublik.

Eine Geschichte aus der Zeit, als die D-Mark als eine der härtesten Währungen der Welt galt und als sich "Panzerknacker" nicht in Computer hacken, sondern durch dicken Beton bohren oder massive Stahltüren aufschweißen mussten.

 Der Fluchtgang hinaus: Wie bei einer mittelalterlichen Burg führte er unterirdisch in Nachbars Garten.

Der Fluchtgang hinaus: Wie bei einer mittelalterlichen Burg führte er unterirdisch in Nachbars Garten.

Foto: Evers Gottfried

Hier residierten bis zur Einführung des Euros die Bundesbänker. Zeitlos modern wirkt der Flachbau mit seinen breiten Betonbändern unter der Dachkante, dem hellroten schmalen Klinker und den großen, bronzedunklen Fenstern: Im besten 70er-Jahre-Style entwarf der Klever Architekt Kurt Mühlhoff einen Bau für die Ewigkeit.

Mühlhoff war Spezialist für Bankbauten, sein Büro arbeitete zuletzt 1995/96 unter anderem mit Stararchitekt Hans Kollhoff an der Landeszentralbank in Leipzig. Der Bauantrag für die Klever Bank wurde 1970 gestellt, weiß Kleves Stadtsprecher Jörg Boltersdorf.

 Große Fenster, Klinker und Betonbänder unter der Dachkante: Die LZB ist ein zeitlos moderner, wertiger Bau.

Große Fenster, Klinker und Betonbänder unter der Dachkante: Die LZB ist ein zeitlos moderner, wertiger Bau.

Foto: Evers Gottfried

In der LZB war die D-Mark mit dicken Betonwänden gegen Angriffe aller Art geschützt, verwahrt in zwei hausgroßen Tresorräumen, die hinter meterdicken Stahltüren die D-Markscheine und Münzen sicherten. Das Bargeld wurde in tristen Bussen - oft vorneweg eine sichernde graue Mercedes-S-Klasse vom Bundesgrenzschutz mit Blaulicht, dahinter eine sichernde graue S-Klasse vom Bundesgrenzschutz mit Blaulicht - angeliefert oder abgeholt.

Die Schalttafeln, mit denen die schweren Eisengittertore geöffnet wurden, sind zwar funktionslos, aber noch vorhanden. Sie haben dicke Rundknöpfe, die nicht einfach berührt, sondern richtig gedrückt werden mussten. Sie steuerten den "Papiergeldzählraum" an, ein grüner Knopf öffnete das Außentor, ein roter schloss es.

 Die Schalttafel mit Druckknöpfen aus der Zeit der Bänker.

Die Schalttafel mit Druckknöpfen aus der Zeit der Bänker.

Foto: Evers Gottfried

Über eine geschwungene Treppe geht's hinunter in den zweiten Tresorraum, der von einem mächtigen weinroten Stahlkoloss als Tür gesichert wurde. Es gibt Schleusen und Aufzüge fürs Geld, alles massiv gesichert. Hinter der Tresortür folgt ein Raum mit Stahlschränken, dann die obligatorische Sicherung des hinteren Drittels mit einem Gitter: Man kennt den Aufbau aus diversen Safe-Knacker-Filmen.

Selbst einen massiven Überfall mit einer ganzen Bande oder Luftangriffe in einem Kriegsfall hatte man eingeplant: Es gibt Bunker, Flucht- und Panikräume, aus denen sogar, natürlich hinter massiv gesicherter Tür, ein enger, kantiger Gang ins Freie führt. Wie aus einer mittelalterlichen Burg hinaus, weit weg in Nachbars Garten.

Mit Einführung des Euros hatte die Zweigstelle ihre Aufgaben verloren und wurde aufgelöst. Das Gebäude dümpelte unter verschiedenen Besitzern vor sich hin. 2010 kaufte es der Kranenburger Jurist Jan Theo Baumann. "Der Empfang ist schon beeindruckend - so etwas findet man in Kleve nur ganz selten", sagt Norbert Lamers, Büroleiter der Schloesser + Baumann Rechtsanwaltsgesellschaft, und weist auf das großzügige Foyer mit niedrigen Ledersofas.

Die LZB atmet noch heute die Grandezza einer Großbank: Mehrere Finger dicke und sehr tiefe Fensterbänke aus dunklem Naturstein liegen über den Heizkörpern. Die heruntergezogenen Fenster lassen viel Licht tief in die dahinter liegenden Büros. Um dort hin zu kommen, gibt's den großen Auftritt: Eine lange Rampe führt unter einem langen Dach hinein in den Bau der Bänker, in dem jetzt Rechtsanwälte arbeiten.

Sie und ihre Mitarbeiter, 19 an der Zahl, befassen sich mit Insolvenzrecht, mit Arbeits-, Handels- Verkehrs- und Gesellschaftsrecht. Noch. Denn Jan Theo Baumann will das Gebäude abstoßen. Die Rechtsanwälte haben weitere Standorte, unter anderem hat Baumann Kanzleien in der Villa Mentrop in Kranenburg und auf der Tiergartenstraße in Kleve.

Da wird die LZB nicht mehr gebraucht. Knapp 900.000 Euro möchte der Rechtsanwalt beim Verkauf erzielen. Die Firma REMAX, die den Bau makelt, hat die LZB mit einer Nutzfläche von 1032 Quadratmeter ausgemessen. Man habe den Bau umfangreich renoviert und moderne EDV und Elektronik eingebaut, erklärt Lamers.

Im Untergeschoss, das wegen des abfallenden Geländes ebenerdig ist, haben auch die Scientific-Freshers, die Nicht-EU-Studenten aufs Studium vorbereiten, Büros. Jetzt wartet man auf einen Käufer, der vor allem eine vernünftige Nutzung der Ex-Bank hinter großzügigem Entré mit großem Auftritt über die lange Rampe hat.

(mgr)
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