Kalkar Hitler-Zitat auf Kriegerdenkmal in Kalkar

Kalkar · Der Historiker Hans Hesse regt nach der "sympathischen Distanzierung" des Rats von der Ehrenbürgerschaft des Nazi-Diktators nun "konsequente Lösung" für das Mahnmal an. Sein Vorschlag lautet: Abreißen und durch Neues ersetzen.

 Das Kriegerdenkmal in Kalkar steht auf einer Grünanlage zwischen von-Lauff-Weg und Altkalkarer Straße.

Das Kriegerdenkmal in Kalkar steht auf einer Grünanlage zwischen von-Lauff-Weg und Altkalkarer Straße.

Foto: Evers

"Unseren Helden 1914 - 1918 1939 - 1945" lautet die Inschrift auf der Vorderseite des Kriegerdenkmals in Kalkar, das in einer Grünanlage zwischen Altkalkarer Straße/von-Lauff-Weg/Bahnhofstraße steht, 1936 eingeweiht wurde und an die getöteten Soldaten des 1. und des 2. Weltkrieges erinnern soll. Auf der Rückseite ist zu lesen: "Mögen Jahrtausende vergehen, man wird nie von Heldentum reden können, ohne des deutschen Soldaten im Weltkrieg zu gedenken". Ein Urheber des Zitates wird nicht genannt. "Die Quelle der Inschrift basiert auf einer Textstelle aus Adolf Hitlers 'Mein Kampf'", sagt der promovierte Historiker Hans Hesse (53). In "Mein Kampf" laute das Zitat: "Mögen Jahrtausende vergehen, so wird man nie von Heldentum reden und sagen dürfen, ohne des deutschen Heeres des Weltkrieges zu gedenken."

Der Historiker beschäftigt sich derzeit im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit mit dem Thema "Gedenken und 1. Weltkrieg". In diesem Zusammenhang hat er zahlreiche Kriegerdenkmäler im Rheinland - darunter im Herbst des vergangenen Jahres auch das in Kalkar - erforscht. Bereits damals hat Hans Hesse nach eigener Aussage Kalkars Stadtarchivarin Anna Gamerschlag und Harald Münzner, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit in der Nicolaistadt, die Urheberschaft des Zitates offenbart. Auch Bürgermeister Gerhard Fonck müsse davon erfahren haben, meint der Wissenschaftler.

In diesen Tagen nun hat der Historiker eine ebook-Zusammenfassung seiner 15 Din-A-4-Seiten umfassenden Forschungsergebnisse in Bezug auf das Kalkarer Kriegerdenkmal - sie sind nur ein kleiner Teil der gesamten Arbeit - im Internet veröffentlicht (Hans Hesse, "Mögen Jahrtausende vergehen, man wird nie von Heldentum reden können, ohne des deutschen Soldaten im Weltkrieg zu gedenken", eBook, ISBN 9783734790843, zum Preis von 0,99 Euro).

 Zitat aus "Mein Kampf" von Adolf Hitler auf der Rückseite des Kriegerdenkmals.

Zitat aus "Mein Kampf" von Adolf Hitler auf der Rückseite des Kriegerdenkmals.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

"Nun ist genau der richtige Zeitpunkt, eine öffentliche Diskussion anzustoßen", meint der Wissenschaftler. Nicht nur, weil am 8. Mai vor 70 Jahren mit dem 2. Weltkrieg die Schreckensherrschaft der Nazi-Diktatur zu Ende gegangen sei, sondern auch, weil am 29. April dieses Jahres der Kalkarer Stadtrat sich in aller Form von der Verleihung der Ehrenbürgerechte der Stadt an den Nazi-Diktator Adolf Hitler "distanziert" und diesen einer solchen Ehrung für "unwürdig" erklärt habe.

"Sympathisch" nennt Hans Hesse dieses "symbolische Zeichen" der Lokalpolitiker. Ein "beredtes Zeichen" ist dieser Ratsbeschluss seiner Einschätzung allerdings auch, weil er erst 2015 - 70 Jahre nach dem Ende der NS-Schreckensherrschaft - gefasst worden sei. Für "unzureichend" hält der Historiker den Beschluss der Ratsmitglieder vor dem Hintergrund des Zitates aus "Mein Kampf" auf dem Kriegerdenkmal in Kalkar. Zwar glaubt der 53-Jährige Verantwortlichen in Kalkar, ihnen wäre die Urheberschaft des Zitates unbekannt gewesen. Doch spätestens, seit er im vergangenen Herbst diese in Gesprächen mitgeteilt hätte, gelte dies nicht mehr.

"Nun ist es - auch in Anbetracht aktueller Übergriffe - zwingend notwendig, öffentlich intensiv darüber zu reden und eine konsequente Lösung zu finden", sagt der Wissenschaftler. In seiner Internet-Veröffentlichung schreibt Hans Hesse: "Es gibt eigentlich nur drei Möglichkeiten." Erstens könne die Inschrift auf dem Kriegerdenkmal bleiben. Doch wer wolle sich vor einem Denkmal versammeln, auf dem ein Hitler-Zitat eingraviert sei? Zweitens könne die Stadt das Hitler-Zitat entfernen lassen. Dabei ist es für den Historiker jedoch fraglich, ob eine solche "Teilentnazifizierung des Denkmals" gelingen werde. Die dritte Möglichkeit besteht für Hans Hesse darin, das Denkmal, das nach seinem Wissensstand nicht unter Denkmalschutz stehe, komplett zu entfernen - es abzureißen und eventuell durch ein neues zu ersetzen. Der Wissenschaftler meint: "Das wäre die insgesamt glaubwürdigste Distanzierung von Denkmal und Inschrift. Das würde ich Kalkar wünschen."

"Noch schlimmer" als das Hitler-Zitat auf Kalkars Kriegerdenkmal empfindet Hans Hesse eine Inschrift, die er an einer Gedenkstätte in Kalkar-Grieth entdeckt hat. Dort sei ein Vers eingraviert, der auf das Gedicht "Soldatenabschied" des in Mönchengladbach geborenen Heinrich Lersch (1889 - 1936) zurückgehe: "Das Vaterland soll leben und wenn wir sterben müssen."

(RP)
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