Weichenstellungen für Generationen (9) Haus Freudenberg - gelebte Inklusion

Kleve · Die Geschichte des etwas anderen Unternehmens beginnt 1969 mit dem Kauf des historischen Klosters. Heute arbeiten in der 1984 gegründeten GmbH rund 1900 Menschen mit Behinderung und 400 Mitarbeiter an sieben Standorten.

 Hauptsitz und Verwaltung von Haus Freudenberg am Sternbusch in Kleve.

Hauptsitz und Verwaltung von Haus Freudenberg am Sternbusch in Kleve.

Foto: Markus van Offern

kreis kleve "Wenn viele Menschen gemeinsam gehen, entsteht ein Weg. Unter dem Leitgedanken der Inklusion soll verwirklicht werden, dass alle Menschen auch bei uns im Kreis Kleve selbstbestimmt am Leben teilnehmen können. Haus Freudenberg leistet in dem Bereich der beruflichen Bildung und Arbeit seit vielen Jahren einen hervorragenden Beitrag." Und die Geschäftsführerin von Haus Freudenberg, Barbara Stephan, fährt fort, "es freut mich in besonderer Weise, dass die Haus Freudenberg GmbH auch dieses wichtige Ziel ganz selbstverständlich als Teil ihres Auftrages versteht."

Die Geschichte dieses "etwas anderen" Unternehmens geht zurück ins Jahr 1969. Damals erwarb der Kreis Kleve das historische Anwesen mit dem Kloster Haus Freudenberg. Schon wenige Jahre später (1984) gründete der Kreis als einziger Gesellschafter die Haus Freudenberg GmbH, über Jahrzehnte geleitet und aufgebaut vom langjährigen Geschäftsführer Gerd Tönnihsen. Die Chronik weist im Jahr 2004 die Verschmelzung mit der Rosendaler Werkstätten GmbH aus. Als Gesellschafter fungieren seither der Kreis Kleve (68,4 Prozent), der Landschaftsverband Rheinland (LVR)LVR(25,1 Prozent) und die Lebenshilfe gGmbH - Leben und Wohnen Kleve (6,5 Prozent).

"Heute arbeiten rund 1900 Menschen mit Behinderung für die Haus Freudenberg GmbH und rund 400 Mitarbeiter kümmern sich um Betreuung und Verwaltung - darunter Auszubildende und Praktikanten, Bundesfreiwilligendienstler und Teilnehmer des freiwilligen sozialen Jahres. Nicht ohne Stolz verweist Leiterin Barbara Stephan darauf, dass dieses Unternehmen, weil es wirtschaftlich erfolgreich arbeitet und wirtschaftet, den Beschäftigten Arbeitsentgelte deutlich über dem Bundesdurchschnitt zahlen kann. Mit einem Angebot arbeitsbegleitender Maßnahmen biete es den Beschäftigten vielfältige Möglichkeiten zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung. Alle Beschäftigten seien kranken- und pflegeversichert. Jeder sei sozialversichert mit einer Berechnungsgrundlage von 80 Prozent des Durchschnittslohnes aller Arbeiter und Angestellten in Deutschland. Dies sichere jedem gleichzeitig für das Alter eine angemessene Rente. Barbara Stephan: "Wir sind eine von der Bundesagentur für Arbeit anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen." Hauptsitz und Verwaltung sind in Kleve untergebracht.

 Seit dem 31.12.2012 im Ruhestand: Gerd Tönnihsen.

Seit dem 31.12.2012 im Ruhestand: Gerd Tönnihsen.

Foto: Klaus Stade

Dazu gibt es Standorte in Kranenburg, Bedburg-Hau, Goch, Kevelaer, Geldern, Geldern-Baersdonk, Issum-Oermten. Über 2 200 Mitarbeiter arbeiten dort innerhalb einer modernen Infrastruktur. Damit gehört Haus Freudenberg zu den größten Werkstätten für behinderte Menschen in Deutschland. Bei all dem ist Haus Freudenberg ein modernes, zeitgemäßes Unternehmen, das für die unterschiedlichsten Kunden verschiedene Produkte fertigt und Dienstleistungen anbietet. Das Arbeitsangebot ist vielfältig und reicht von der industriellen Verpackung über die Landschaftspflege, Möbelfertigung, Metallverarbeitung und Dokumentenarchivierung bis hin zur Großküche oder Wäscherei. Für die beschäftigten behinderten Menschen fördere eine ganze Reihe von aufeinander abgestimmten Bausteinen des Konzeptes "Spirale Aufwärts" den angestrebten Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Dies beginne stets mit einem individuellen Kompetenzcheck, bei dem die Fähigkeiten durch standardisierte Tests ermittelt und in den persönlichen Entwicklungsplan aufgenommen werden. Die Arbeit außerhalb der eigenen Werkstatt sei auch auf betriebsintegrierten Arbeitsplätzen einzeln oder in Gruppen möglich. In diesen Bereichen hätten die Beschäftigten einen ganz alltäglichen Kontakt zu Kollegen, Kunden und Besuchern. "Hier wird Inklusion wirklich gelebt", versichert Barbara Stephan, die Beispiele nennt. Im Haus Riswick engagierten sich Mitarbeiter im Betriebsrestaurant und in der Bewirtschaftung der Seminarräume. Gleiches gelte für die Mensa am Berufskolleg Kleve, die Kantine der Kreisverwaltung Kleve und nicht zu vergessen das eigene Café Samocca. Mitarbeiter würden sich im Wunderland Kalkar um die Landschaftspflege kümmern. Gleiches gelte für den Bereich Verpackung/Logistik und Hallenreinigung der Firma Kühne, beim Holz/Palettenbau bei ThyssenKrupp in Weeze, bei der Landschaftspflege des Airports Weeze sowie bei der Landschaftspflege rund um das Museum Schloss Moyland. In diesen und weiteren Bereichen biete Haus Freudenberg Arbeit nach dem Prinzip der "virtuellen Werkstatt". Dies bedeutet nach Auskunft der Geschäftsführerin, dass alle Beschäftigten zwar auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten, dabei aber unterstützt werden vom qualitativen Betreuungs- und Förderangebot der Werkstatt. Jeder Mensch habe seine individuellen Potenziale.

(RP)
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