Kranenburg-Frasselt Hans Rühl seit 70 Jahren an der Kirchenorgel

Kranenburg-Frasselt · Übermorgen in der Sonntagsmesse um 10.30 Uhr in der St.-Antonius-Kirche wird der Zelebrant Pfr. em. Michael Terhoeven (Goch) ein besonderes Wort für den Organisten Hans Rühl haben; denn dieser sitzt dann zum letzten Mal am Spieltisch der Ende 1994 geweihten Breil-Orgel mit ihren 17 Registern auf zwei Manualen und Pedal.

Dieser (*1930) muss seinen Dienst für Gott und Gemeinde aus Alters- und Gesundheitsgründen ganz aufgeben, nachdem seit dem Frühjahr 2013 er diese nebenberufliche Aufgabe krankheitsbedingt nur noch in eingeschränktem Umfang wahrnehmen konnte. Dazu kam der ärztliche Ratschlag, sich nicht mehr ans Steuer zu setzen. Die in den letzten Wochen sich verstärkt meldende Gehbehinderung und die Erfahrung, dass die Orgeltreppe mit ihren 26 Stufen nur noch mit großer Mühe und nicht ohne Gefahr zu bewältigen war, führten zur Entscheidung aufzuhören.

Rühl war stets nur im Nebenamt kirchenmusikalisch tätig. Schule, Studium und 41 Lehrerjahre in Nütterden und Kranenburg erlaubten ihm nur, während seiner Freizeit seiner großen Vorliebe für die Musica sacra nachzugehen. Und diese entwickelte sich sehr früh im Elternhaus.

1929 hatte Gerhard Rühl als nachgeborener Bauernsohn in der Weltwirtschaftskrise die kircheneigene Gaststätte in Frasselt übernommen. Verbunden damit waren ein kleines Lebensmittelgeschäft sowie eine Landwirtschaft für den Eigenbedarf. 1932 kam das Amt des Küsters und Organisten hinzu.

Bis nach dem Krieg war in der Küsterei auch eine Postnebenstelle eingerichtet, die neben den beiden Ortschaften das Gebiet oben von der Schrammstraße bis in Schottheide-Schwarzwasser umfasste. So setzte sich das Einkommen aus etlichen Tätigkeiten zusammen, die allerdings keinen reich machten. Verständlich bleibt so, dass die beiden Söhne schon zeitig mithelfen mussten. Der ältere erhielt ab 1. April 1938 Klavierunterricht, der ein gutes Jahr später auch zur Orgel führte. Der Ernstfall: 10. Mai 1940. Während der Wintermonate waren Soldaten im Gaststättensaal einquartiert, die mehr Durst als Geld hatten. Als diese nun plötzlich in Holland einrücken mussten, hatte der Wirt noch manche RM rasch einzutreiben. Er schickte Hans zur Orgel mit der Bemerkung: "Spiele ein paar Lieder, die du schon kannst, ich muss an mein Geld kommen!"

Diese "Premiere" war für Pastor Kück Anlass genug, den Jungen an die Orgel zu bitten, wenn er etwas Neues an geistlichen Liedern hatte, so die Sonntagsvesper oder die Speyerer Domfestmesse.

1950 erkrankte der jüngere Sohn Ludwig (1934-2002) an schwerer eitriger Rippenfellentzündung. Die Folge: Viele Operationen und lange Krankenhausaufenthalte. Nach einem halben Jahr zahlte die Krankenkasse nicht mehr. Die privaten Schulden wuchsen, so dass auch der ältere Sohn nach dem Abitur keine Mark zu Hause erwarten durfte. Als Werkstudent besorgte dieser sich das Geld für vier Semester Pädagogik.

Dreißig Jahre später wird Gerhard Rühl 80 Jahre. "Den Tachentste lot ons noch mar döchteg medeen fiere, want wat now noch kömmt, kann nex Gescheits mär sinn!" Ihm blieben noch knapp zwei Jahre und er hatte Recht. Sein Sohn, von 1948 bis 1999 auch Chorleiter an St. Antonius, zusätzlich von 1973 bis 1983 auch an St. Peter und Paul Kranenburg, kann das mittlerweile Tag für Tag bestätigen.

(RP)
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