Kleve Glückwunsch, altes Haus!

Kleve · Heute vor 50 Jahren wurde die Klever Stadthalle feierlich eröffnet. Sie sollte kein repräsentatives Gebäude sein, sondern ein Zweck-bau. Doch wird man dem Haus nicht gerecht, wenn man es in die Kategorie "Mehrzweckhalle" einsortiert.

 Die Stadthalle erstrahlt am Vorabend der festlichen Einweihung in vollem Glanz.

Die Stadthalle erstrahlt am Vorabend der festlichen Einweihung in vollem Glanz.

Foto: Fritz Getlinger

Sie brauchte vor allem eins: viel Beton. Die Errichtung der Klever Stadthalle war nicht nur schwierig, sondern auch für die damalige Zeit langwierig und vor allem teuer. Regelmäßig mussten die Kosten während der Bauphase nach oben korrigiert werden. Auch vor 50 Jahren liefen städtische Kostenplanungen schon mal aus dem Ruder. Von den zu Beginn berechneten 2 Millionen Mark landete man schließlich bei knapp 4 Millionen. 1955 wurde erstmals darüber gesprochen, dass die damals 23 000 Einwohner Kleves einen größeren Festraum brauchen. Zehn Jahre später, am 2. September 1965, war es soweit. Dr. Franz Meyers, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, eröffnete das Haus.

Die Planungen verliefen zumindest beim Start nicht nach Wunsch. So war verheißungsvoll angekündigt worden, dass der damalige NRW-Kultusminister Werner Schütz am 23. Juni 1962 den ersten Spatenstich vornehmen würde. Schütz hatte plötzlich wichtigere Termine. Daraufhin wurde auf eine Grundsteinlegung kurzerhand verzichtet.

 Sitzung des Rates: Der Architekt Allerkamp erläutert 1962 den Vorentwurf zum Bau der Stadthalle. Den Vorsitz hat Bürgermeister Richard van de Loo; links: Stadtdirektor Dr. Johannes Scholzen und Stadtbaurat Johann Haps; rechts: Verwaltungsdirektor Friederich Feuerstein und Rechtsrat Dr. Hermann Schröer.

Sitzung des Rates: Der Architekt Allerkamp erläutert 1962 den Vorentwurf zum Bau der Stadthalle. Den Vorsitz hat Bürgermeister Richard van de Loo; links: Stadtdirektor Dr. Johannes Scholzen und Stadtbaurat Johann Haps; rechts: Verwaltungsdirektor Friederich Feuerstein und Rechtsrat Dr. Hermann Schröer.

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Geplant hatte die Stadthalle der Essener Architekt Franz Allerkamp. Was er damals entwarf, war eine architektonische Novität in der Bundesrepublik. Durch eine hydraulische Hebeanlage wird aus einem ebenen Tanzsaal ein schräg zur Bühne abfallendes Theaterparkett. Einen Knopfdruck und dreieinhalb Minuten Zeit benötigt man dafür. Grund für die Konstruktion: Die Stadt wollte eben eine Mehrzweckhalle, die sie dadurch auch bekam. Für Konzerte und Theateraufführungen ebenso geeignet wie für Karnevalssitzungen oder Kindertrödelmärkte. Zwischen 800 und 1000 Personen finden je nach Nutzung in der Stadthalle Platz.

Der Klever Unternehmer Heiner Mütter (78) war maßgeblich an der Fertigstellung der Stadthalle beteiligt. Die Firma Gebrüder Mütter hatte den Auftrag für die Beton- und Maurerarbeiten erhalten. Die drei Jahre Bauzeit veränderten das Leben des 78-Jährigen entscheidend. Im März 1963 starb sein Vater. Heiner Mütter war mit 27 Jahren neuer Chef der Firma. Seine älteste Tochter wurde einige Monate später geboren. "Ich war morgens auf der Baustelle. In der Mittagszeit erfuhr ich von der Geburt", sagt Mütter.

Er hat von den ersten Schwierigkeiten, die es bei der Errichtung gab, bis hin zu den letzten Problemen ein paar Stunden vor der Eröffnung alles hautnah miterlebt. So mussten zunächst 130 Betonpfähle von sieben Meter Länge in die Erde gerammt werden. Man hatte festgestellt, dass der Boden zu sandig war.

Die letzte Arbeit der Firma Mütter bewahrte die Planer vor reichlich unangenehmen Fragen. So fiel gerade noch rechtzeitig auf, dass die Brüstung der Empore zu hoch war. "Von den ersten Reihen aus konnte man die Bühne nicht sehen", erinnert sich Mütter. 20 Zentimeter wurden in der Nacht vor der Eröffnung von der Balustrade abgesägt. Mehrere Kreissägen waren im Einsatz. "Noch heute kann man rechts und links an der Verkleidung erkennen, wo die Brüstung ursprünglich saß", sagt Mütter.

Was die Ausstattung der Halle betraf, so legte der Rat der Stadt Kleve vor allem bei der Auswahl der Bilder hohe Maßstäbe an. Es ging darum, Werke zu finden, die nicht in die Kategorie "trautes Heim" gehören, aber aus dem Haus eben auch kein Museum machten. 86 Kunstobjekte umfasste die erste Auswahl. Als der Kulturausschuss der Stadt entscheiden musste, hatten zwei Kunstkenner aus Düsseldorf Vorarbeiten geleistet. Im Ratssaal stapelten sich die aussortierten Bilder, 14 hatten die Sachverständigen aus der Landeshauptstadt in die engere Auswahl genommen. Nachdem man wusste, welche sechs es sein sollten, wurde ein anderes Problem offensichtlich. 15 000 Mark standen im Kostenplan unter der Rubrik "Anschaffung Bilder". Allein für den Kauf des ersten Werks war die Summe aufgebraucht.

Weit weniger aufwendig verlief die Auswahl der Beleuchtung. Die hatte die Ehefrau des späteren Stadtdirektors, Dr. Hans Hermann Schröer, übernommen. Sie suchte die Lampen für die Stadthalle aus. Nur gut, dass die Dame einen ausgezeichneten Geschmack bewies.

Zur Eröffnung am 2. September 1965 wurde viel musiziert. Stücke von Johann Sebastian Bach und Mendelssohn Bartholdy waren ebenso zu hören wie darin eingebettet die Worte von Bürgermeister Richard van de Loo und NRW-Ministerpräsident Meyers.

Auf der letzten Seite der Festschrift zur Eröffnung war ein Beitrag zu lesen, der von Bürgermeister van de Loo und Stadtdirektor Dr. Scholzen unterschrieben war. Er endete mit einem Ausblick und den Worten: "Möge sie in einem langen Frieden den Auftrag erfüllen, der ihr gestellt ist!" Das hat sie zweifellos.

(RP)
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