Kalkar Frisch gezapftes Mühlenbier aus Kalkar

Kalkar · Kalkar war um 1500 eine Brauerei-Hochburg. Es gab 42 öffentliche Brauereien, jährlich wurde fast 1200 Mal Bier gebraut heute wird noch ein dunkles untergäriges Bier gebraut. Naturtrüb und von Kennern hoch geschätzt.

 Walter Schwaya, Leiter der Brauerei in Kalkar, bei der Arbeit.

Walter Schwaya, Leiter der Brauerei in Kalkar, bei der Arbeit.

Foto: Klaus-Dieter Stade

Speisen und Getränke aus der Region genießen - das ist Heimat. Dass in Kalkar ein eigenes Bier gebraut wird, ist vielen nicht bekannt. Das dunkle untergärige Mühlenbier wird nur in kleinen Mengen im Brauhaus Kalkarer Mühle hergestellt. Es ist naturtrüb und überzeugt den Bierkenner mit einem würzigen, leicht malzigen Geschmack. "Natürlich ist es nach dem Deutschen Reinheitsgebot gebraut. Darin steht festgeschrieben, dass zur Herstellung von Bier nur Wasser, Gerstenmalz, Hopfen und Hefe verwendet werden dürfen", erklärt Walter Schwaya, Leiter der Brauerei und Mitglied im geschäftsführenden Vorstand des Kalkarer Mühlenvereins.

 So sieht es aus, das Kalkarer Mühlenbier.

So sieht es aus, das Kalkarer Mühlenbier.

Foto: Stade, Klaus-Dieter (kds)

Die Kalkarer Mühle wurde 1770 aus den Steinen des "Hanselaer Tores", die Ostpforte der Stadtmauer, gebaut. Diese war baufällig geworden und ein Lederfabrikant einigte sich mit der Stadt, das Tor auf seine Kosten abzureißen, wenn er das Abbruchmaterial zum Bau einer Loh-Windmühle nutzen dürfe. Es entstand die höchste Mühle im Rheinland, acht Stockwerke hoch. Zunächst wurde hier Eichenrinde, die sogenannte Lohe, die für das Gerben von Tierfällen zu Leder notwendig war, gemahlen. Um 1800 wurde die Kalkarer Mühle als Getreidemühle eingesetzt, Mühle und die im 19. Jahrhundert gebauten Getreidespeicher und das Müllerhaus stehen seit 1985 unter Denkmalschutz.

Träger ist der Kalkarer Mühlenverein. Mitglieder des Vereins sind die Bruderschaften und Gilden der Stadt, der Verein der Freunde Kalkars, der Kolpingverein und der Mühlenarbeitskreis, ein Zusammenschluss der ehrenamtlich tätigen Brauer und Müller. Die Mühle wurde von 1994 bis 1996 restauriert.

"Mit einer Gastronomie, dem Brotbacken und dem Bierbrauen wurde dann die Mühle genutzt", so Walter Schwaya. Regelmäßig wurde hier Korn gemahlen und im 1996 neu errichteten Backhaus auf dem Mühlengelände zu Brot gebacken. Im Nebengebäude ist die Familienbildungsstätte untergebracht und in der ehemaligen Scheune befindet sich die Gaststätte, die neben einer hervorragenden Küche auch Bier aus der eigenen Brauerei bietet. Gastronomie und Bäckerei sind verpachtet, wobei die Familienbildungsstätte das Brotbacken wieder aufleben lassen will. Mühlenbetrieb und Brauerei werden von ehrenamtlichen Helfern betrieben.

"Kalkar war um 1500 eine Brauerei-Hochburg. Es gab 42 öffentliche Brauereien, jährlich wurde fast 1200 Mal Bier gebraut", erzählt Schwaya. Dazu benötigte man 8500 Sack Malz, daraus entstanden rund 4000 Fässer Bier. Neben den öffentlichen gab es noch private Brauereien: Die Armen, das Hospital und Geistliche durften das Hopfengetränk herstellen. "Es gibt da eine nette Anekdote: Im Kalkarer Archiv liegt ein altes Testament, in dem ein Vikar Braukessel und Zubehör an seinen Nachfolger vermachte", berichtet der Brauereileiter.

Bei Führungen erzählt er, wie das Bier gebraut wird. Unter Anleitung des diplomierten Braumeisters Winfried Jäger aus Vynen brauen die Brauhelfer durchschnittlich zwei Mal in der Woche. Beim "Mälzen" werden Getreidekörner gewässert, sie keimen bei 17 bis 18 Grad. Danach wird die Masse "gedarrt", also geröstet - für helles Bier bei etwa 80 Grad, für dunkles bei 100 bis 110 Grad Hitze. Die Farbe des Bieres ist abhängig vom verwendeten Röstmalz. Nach dem Entfernen von Wurzeln und Keimblättern wird der "Darrmalz" geschrotet, also grob zerkleinert.

Dann geht es ans "Maischen": Dem geschroteten Malz wird Wasser zugegeben, die Maische kommt in den glänzenden Kupferkessel des Brauhauses. Durch das Erhitzen findet die Zuckerumwandlung statt. Die Maische wird danach gefiltert. Die dann entstehende "Bierwürze" kochen die Brauhelfer mit Hopfen auf, bevor die rund 90 Grad heiße Flüssigkeit über Leitungen in den Keller fließt, wo sie über eine Plattenkühlung auf zehn Grad gekühlt wird und in den Tank eingeleitet wird.

Dort wartet die Hefe, die den letzten Prozess der Vergärung einleitet. Nach zwei bis drei Wochen ist das Bier fertig und kann in Fässer abgefüllt werden. Größte Sorgfalt wird während des Herstellungsprozesses auf Sauberkeit und die ständige Kontrolle gelegt. "Wer schlechtes Bier gebraut hatte, der wurde früher hart bestraft und an den Pranger gestellt", erzählt Schwaya.

Bierkenner schätzen die Kalkarer Bier-Spezialität. Doch das Mühlenbier wird nur im Brauhaus Kalkarer Mühle — frisch vom Fass — ausgeschenkt.

(RP)
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