Bedburg-Hau Flüchtlinge als "Bufdis" in Bedburg-Hau

Bedburg-Hau · Zwei junge Syrer leisten in der Gemeinde ein Freiwilliges Soziales Jahr. Sie unterstützen andere Geflüchtete bei der Integration, bei Behördengängen und bei Arztbesuchen. Bürgermeister Peter Driessen ist begeistert.

 Bürgermeister Peter Driessen, Ahmad Zaher Kinher, Rame Jaber und Klaus Reiners (v.l.).

Bürgermeister Peter Driessen, Ahmad Zaher Kinher, Rame Jaber und Klaus Reiners (v.l.).

Foto: Gottfried Evers

Noch zwei Wochen, dann treten Ahmad Zaher Kinher und Rami Jaber ihren Dienst als "Bufdis" in der Gemeinde Bedburg-Hau an. Das wäre nichts Ungewöhnliches, wenn die beiden etwa deutsche Abiturienten oder Rentner wären, denn das sind die üblichen Zielgruppen, die für den Bundesfreiwilligendienst in Frage kommen. Doch sie sind Syrer, geflüchtet aus ihrem Heimatland, in dem der Krieg tobt, und jetzt auf dem Loosenhof und auf dem Klinikgelände in Bedburg-Hau untergebracht. Ihr freiwilliges soziales Jahr wollen sie dafür nutzen, anderen Flüchtlingen in der Gemeinde zu helfen.

Die Idee, Flüchtlinge als "Bufdis" in Bedburg-Hau einzusetzen, hatte Klaus Reiners, der Integrationsbeauftragte der Gemeinde. Sie wurde, wie so oft, aus der Not geboren. "Der Markt für Bufdis ist leer. Im Kreis Kleve gibt es keine mehr. Da dachte ich, es wäre doch eine tolle Idee, wenn diese Aufgabe auch von Flüchtlingen wahrgenommen werden könnte", berichtet Reiners. Damit, dass das wirklich möglich ist, hätte Reiners eigentlich gar nicht gerechnet. "Ich hätte nicht gedacht, dass der Bund schon so weit ist", sagt Reiners. Da täuschte er sich. "Derzeit sind 275 Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen als Bufdis eingesetzt", sagt Lutz Levermann, der für die Arbeiterwohlfahrt (Awo) arbeitet, bei der die beiden Bufdis angestellt sind. "Generell gilt, dass Geflüchtete einen Bundesfreiwilligendienst ableisten können, wenn bei ihnen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist", erläutert Levermann.

Ahmad Zaher Kinher (21) und Rami Jaber (25) teilen sich eine Stelle. Ihre Aufgabe ist es, andere Geflüchtete bei der Integration, bei Behördengängen, bei Arztbesuchen und bei der Organisation ihres Alltags zu unterstützen. Ihre Arbeitsaufträge erhalten die beiden Bufdis vom Ausländer-Initiativkreis (AIK) der Gemeinde. Mal geht es darum, aus dem Arabischen ins Deutsche zu übersetzen, mal müssen Möbel abgeholt werden, mal ist ein Anstrich in einer Flüchtlingsunterkunft fällig. Die beiden Syrer ergänzen sich gut in ihren Fähigkeiten, berichtet Reiners. Rami Jaber ist handwerklich begabt. In seiner Heimat hat er zunächst als Maurer gearbeitet, später als Maler, Elektriker, Gärtner und Mechaniker. Ahmad Zaher Kinher hat in Damaskus sein Abitur gemacht. Sein großes Plus: Er spricht sehr gut deutsch und englisch. Während er Klaus Reiners helfend zur Seite steht, geht Rami Jaber dem Hausmeister zur Hand.

Bürgermeister Peter Driessen ist begeistert vom Engagement der beiden Flüchtlinge. "Sie helfen uns, die Sprachbarriere im Umgang mit den hier lebenden geflüchteten Menschen aufzuheben. Wir denken oft sehr bürokratisch. Jetzt haben wir einen viel besseren Zugang zu den Flüchtlingen", sagt Driessen.

Ahmad Zaher Kinher ist vor einem Jahr aus Syrien nach Deutschland gekommen. Er kennt die Sorgen und Nöte der Flüchtlinge. "Das größte Problem ist die Sprache. Wenn ein Flüchtling gerade hier angekommen ist, dann ist er nicht in der Lage, die Briefe zu verstehen, die das Amt ihm schickt", sagt der 21-Jährige. Dann bekommt er eine Nachricht geschickt, in der Regel per WhatsApp. "Kannst du mir das mal übersetzen?", heißt es darin etwa, oder: "Kannst du mich morgen zum Arzt begleiten?". Kinher lebt ohne seine Familie in Deutschland, er ist allein.

Sein erster Gang in Bedburg-Hau führte ihn zum Pfarrheim. "Dort habe ich gefragt, ob mir jemand Deutsch beibringen kann." Zweimal die Woche erhält er seitdem Deutschunterricht, saugt jedes Wort auf. Sein Ziel ist es hier Apotheker zu werden, derzeit absolviert er ein Praktikum in einer Apotheke am Einkaufszentrum eoc on Kleve.

In Bedburg-Hau fühlt er sich sehr wohl. "Die Menschen hier sind wie eine Familie für mich", sagt der 21-Jährige. Dafür möchte er ihnen etwas zurückgeben. Selbst in seiner Freizeit engagiert sich der Bufdi für seine Mitmenschen: Regelmäßig steht er auf dem Rasenplatz des SV Bedburg-Hau. Dort übersetzt er den 12 Flüchtlingen, die für den SV Fußball spielen, was der Trainer sagt.

(RP)
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