Kleve Feuerwehrmänner klagen über Mobbing

Kleve · Sechs Brandbekämpfer, die teilweise 30 Jahre aktiv sind, kritisieren die Führung der Wehr. Diese teilte ihnen schriftlich mit, sie dürften an keinen Einsätzen mehr teilnehmen - wegen fehlender Übung. Ein Anwalt ist eingeschaltet.

 Erschöpfter Feuerwehrmann bei einem Einsatz in Kellen im Juli 2014. Nun sollen sechs Brandbekämpfer ausgemustert werden.

Erschöpfter Feuerwehrmann bei einem Einsatz in Kellen im Juli 2014. Nun sollen sechs Brandbekämpfer ausgemustert werden.

Foto: Stade

Sie schlafen über Feuerwehrautos, nie sehr tief. Der Alarm bestimmt ihr Leben und das ihrer Familien. Für sechs Männer vom Florianweg in Kleve ist der Dienst in der freiwilligen Feuerwehr mehr als ein Hobby. Es sei etwas anderes als Fußballspielen, so einer von ihnen. Zwischen zehn und 32 Jahren sind die Sechs bei der Klever Wehr. Es scheint so, als sollten es ihre letzten sein. Grund: Die Führungsebene wolle sie aus dem Dienst mobben.

Die sechs Feuerwehrleute wohnen mit ihren Familien in 90 Quadratmeter großen Wohnungen direkt über der Klever Wache. Sie gehören zu den wichtigsten Brandbekämpfern der Stadt. Wenn nachts die Sirenen heulen, sitzen die Männer aus dem Obergeschoss als erste im Wagen. Die Truppe vom Florianweg gehört zum "Hausalarm". Sie sind in der Regel die Ersten am Einsatzort. Wichtig, weil die einfache Rechnung lautet: Je schneller vor Ort, desto effektiver die Hilfe.

Jetzt weht den sechs Feuerwehrmännern ein Wind entgegen, der mit eisig noch recht putzig beschrieben ist. Jedem ist in einem Schreiben die Teilnahme an Einsätzen untersagt worden. Stadtbrandinspektor Ralf Benkel hat es unterschrieben. Der Wehrleiter begründet dies damit, dass die Männer nicht ausreichend am Übungs- und Ausbildungsdienst teilgenommen haben. Benkel erläutert, dass er eine "Fremd- und Selbstgefährdung" vermeiden will.

Es geht um Männer, die im Jahr zwischen 160 und 180 Einsätze fahren, aber offenbar nicht genug üben. "Das ist ganz klar Schikane. Man will uns nicht mehr", so der Vorwurf eines Betroffenen.

In anderen Ortschaften, so berichtet einer der Betroffenen, werden für Maibaumaufstellen oder Grillabende Übungszeiten angerechnet. Diese werden unter der Rubrik "Kameradschaftspflege" abgeheftet.

Bei einem der sechs Männer ist die Begründung von Benkel eine Farce. Er arbeitet hauptberuflich bei einer großen Berufsfeuerwehr im Ruhrgebiet. Ihm aufgrund fehlender Übungszeiten Einsätze in der Klever Wehr zu verbieten, da er sich und andere gefährden könne, mutet nach einem Treppenwitz an. Der Mann hat bereits einen Anwalt eingeschaltet. Er will den Sachverhalt juristisch prüfen lassen.

Auch ein Gespräch mit der Stadtspitze brachte nicht die erhoffte Unterstützung. Die Verwaltung habe sich nach zwei Treffen bislang nicht mehr gemeldet, so die Wehrleute.

Während ihr Einsatz derzeit offenbar nicht mehr von der Wehrführung gewünscht ist, erfreute sich der Hausalarm unter dem ehemaligen Klever Feuerwehrchef Jürgen Pauly einer großen Wertschätzung. "Er war stets dankbar, da er sich auf uns verlassen konnte", sagt einer der Männer. Der Stellenwert, den die Sechs bei der Klever Wehr hatten, war enorm. Einer von ihnen war sogar als Nachfolger von Pauly im Gespräch. Ein anderer kümmerte sich als Leiter der Jugendfeuerwehr jahrelang um den Nachwuchs. Auch Geschichte.

Die Kameraden stellten den Antrag, sich einer anderen Ortsfeuerwehr im Stadtgebiet anschließen zu dürfen. Dort wollen sie an den Übungen teilnehmen. "Wir wollen ja die Vorgaben erfüllen. In Kleve fehlt uns die Menschlichkeit, die wir seitens der Führung vermissen", sagt einer der Betroffenen. Der Antrag für einen Wechsel wurde abgelehnt. Grund: Man wohne nicht in dem Ortsteil. Dabei, so einer der Männer Betroffener, gebe es etliche Beispiele von Kameraden, die in anderen Orten zu Hause sind und dennoch in Kleve Dienst tun. Händeringend werden Feuerwehrleute im Stadtgebiet gesucht. Zuletzt wurde in Griethausen versucht, durch eine Werbeaktion - man stellte Plastikeimer vor die Häser - Mitglieder zu gewinnen. Die seien kaum noch einsatzfähig und uns verweigert man auszurücken, so die Meinung. Zumindest auf bei der Klever Wehr scheint man gestandene Kräfte im Überfluss zu haben.

Die sechs Wehrleute richten seit Jahrzehnten ihr Leben danach aus, Menschen zu retten. Ob Weihnachten oder Silvester, sie kommen, wenn sie gebraucht werden. Am Heiligen Abend ging der Alarm um 17 Uhr. Besinnlichkeit kam da nicht auf. Frau und Kinder wurden mit halb ausgepackten Geschenken vor der Krippe kniend alleine gelassen. Helfen geht vor. Doch besteht zumindest die Gefahr, Familienfeste zu sprengen, aktuell nicht. Dennoch werden sie weiterhin versuchen, zu retten, was aus einem brennenden Haus noch zu retten ist. Feuerwehrmann ist zwar - zumindest von fünf Kameraden - nicht ihr Job. Aber ihre Berufung.

(RP)
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