Kreis Kleve Stefan Rouenhoff gewinnt das Duell gegen Barbara Hendricks

Kreis Kleve · Die CDU hat die "schwarze Niederrhein-Festung" Wahlkreis 112 Kleve ein weiteres Mal erfolgreich verteidigt. Allzu groß war die Freude dennoch nicht, denn die Sorgen wegen der erstarkenden AfD überschattete alles.

Bundestagswahl 2017: Die Kandidaten für den Wahlkreis 112 Kleve
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Bundestagswahl-Kandidaten für Kleve – Wahlkreis 112

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Foto: Markus van Offern

Die sechsköpfige Ahnengalerie der CDU-Direktkandidaten des Kreises Kleve seit dem Jahr 1949 hat sich gestern Abend um einen Kopf erweitert: Der 38 Jahre junge Stefan Rouenhoff aus Goch hat das Duell um das Direktmandat des Wahlkreises 112 Kleve für sich entschieden und die SPD-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks geschlagen. Zwar blieb Rouenhoff mit knapp 45 Prozent der Stimmen unter dem Rekord-Resultat seines Vorgängers Ronald Pofalla aus dem Jahr 2013 (50,92 Prozent), dennoch distanzierte er die 65-jährige Sozialdemokratin. Hendricks konnte ihren "Lebenstraum", zum ersten Mal für die SPD das Direktmandat zu gewinnen, auch im siebten Anlauf nicht verwirklichen, lag aber mit 30,7 Prozent der Stimmen weit über dem Bundesergebnis der SPD. Damit ziehen zwei Politiker des Kreises in den Bundestag ein, weil Hendricks als Nummer 2 des Landes NRW ihren Platz über die Liste ohnehin sicher hat. Die anderen sechs Bewerber, die sich in den 16 Kommunen des Kreises zur Wahl gestellt hatten, spielten erwartungsgemäß keine Rolle. Positiv: Die Wahlbeteiligung von 74,1 Prozent war deutlich besser als die 71,68 Prozent vor vier Jahren.

Wahlsieger Stefan Rouenhoff konnte relativ früh sicher sein, dass er die Nase bei den Erststimmen vorne haben würde. Aber besonders glücklich sah er dennoch nicht aus. Seine Analyse: "Die CDU hat bundesweit fast neun Prozentpunkte verloren, das ist bitter. Ich möchte dieses Ergebnis nicht schönreden, und angesichts des Abschneidens der AfD müssen wir uns fragen, ob wir die Politikthemen richtig ausgerichtet haben. ,Jamaika' wird uns vor große Herausforderungen stellen, etwa im Bereich der Landwirtschafts- oder Sicherheitspolitik. Ich selbst kann nur meinem Team für die immense Unterstützung und den Wählern für das Vertrauen danken." Fast 14 Prozentpunkte Vorsprung vor Barbara Hendricks seien angesichts der Tatsache, dass er ein neuer Kandidat sei, sehr stark.

Am Telefon nicht zu erreichen - sie war ja in Berlin - ließ die SPD-Ministerin und Abgeordnete Barbara Hendricks nur eine dürre Stellungnahme weiterleiten: "Ich gratuliere Stefan Rouenhoff zu seinem Einzug in den Bundestag. Das starke Abschneiden der AfD schockiert mich. Die SPD wird alles dafür tun, dass die Rechtsextremen das Parlament und die Gesellschaft nicht zum Schlechten verändern werden. Den Wählern danke ich herzlich für das mir entgegengebrachte Vertrauen."

Sehr gut gestimmt war hingegen Gerd Plorin, dessen AfD bundesweit 13 Prozent erhielt. Der Klever bekam in seinem Wahlkreis zwar nur rund sechs Prozent der Stimmen, geht aber davon aus, dass die AfD noch stärker werden wird - "wenn sie sich nicht selbst zerlegt." Vermutlich unabsichtlich machte Plorin der stärksten Partei ein Kompliment: "Wo heile Welt herrscht und die CDU gut abschneidet wie im Kreis Kleve, ist die AfD schwächer."

"Ein bisschen ratlos, wie ,Jamaika' funktionieren soll" zeigte sich Prof. Ralf Klapdor. Der FDP-Bewerber habe Schwierigkeiten, sich die Verhandlungen zwischen Vertretern von CSU und Grünen vorzustellen. In diesem Punkt stimmt ihm Bruno Jöbkes, Kandidat der Grünen, durchaus zu. Anders als seine Parteifreundin Birgitt Höhn, die Fraktionsvorsitzende im Kreistag, die sich zum Linken Parteiflügel zählt, sieht er zwar die Gegenwehr der Grünen-Basis nicht ganz so extrem, dass die Sondierungsgespräche mehr als schwierig werden, nimmt allerdings auch er an.

Ferdinand Niemann wollte für die Linke in den Bundestag. Der 25-jährige Student hatte für seine Partei auf ein zweistelliges Ergebnis gehofft, dazu reichte es zwar nicht, aber gesteigert hat sich die Linke dennoch. "Um sich über dieses Ergebnis zu freuen, müsste man allerdings einen Tunnelblick haben. Den hab' ich aber nicht, und deshalb finde ich das Ergebnis der AfD viel zu schlimmer, als dass ich froh sein könnte." Der letzte Kreis Klever Kandidat, Einzelbewerber Wilhelm Bovenkerk aus Hamminkeln, der mit der Marxistisch-Leninistischen Partei liebäugelt, lag sogar weit unter der Ein-Prozent-Marke.

Rouenhoff wird sich heute vom CDU-Kreisvorstand gratulieren lassen und dem Bundeswirtschaftsministerium mitteilen, dass er die Wahl annimmt und deshalb seine Stelle in Brüssel aufgibt. Dienstag ist die erste Fraktionssitzung in Berlin.

(RP)
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