Kleve Ein Schmuckstück für die Schwanenstadt

Kleve · Der Klever Restaurator Clemens Giesen gab seinem Elternhaus, in dem er seine Werkstatt und sein Geschäft betreibt, die alte Fassade mit allen liebevollen Details wieder zurück.

 Die neue alte Fassade des Hauses an der Marktstraße: ein neues Schmuckstück für Kleve.

Die neue alte Fassade des Hauses an der Marktstraße: ein neues Schmuckstück für Kleve.

Foto: Gottfried Evers

Schwarz-grün schimmert matt die Verkleidung des erhöhten Parterres, die Sockel sind abgesetzt und stehen auf grauem Blausteinen. In der Mitte, leicht zurückgesetzt, die Eingangstür mit Messinggriff, über der Tür das typische Fenster mit querliegender Raute. Zwei geschwungene Voluten tragen ein kleines Vordach, rechts und links der Tür die beiden Schaufenster, von schmalen Sprossen in sechs Teile unterteilt. In den oberen Etagen ist das Haus verputzt, die Fenster in der ersten Etage sind höher, die darüber quadratisch. Sie setzen mit feiner Unterteilung Akzente in die sonst schmucklose Fassade. Dann folgt der sauber verkleidete Dachüberstand und oben die Gaube mit den einst für Kleve typischen Schneckenohren und spitzen Dächelchen.

Wären alle Häuser in der Stadt so sorgfältig und qualitativ hochwertig saniert und restauriert, würde die Stadt ihre Aufenthaltsqualität enorm steigern. Doch so steht der Bau als Solitär zwischen tristen 50er-Jahre-Fassaden und gegenüber dem Parkplatz des Kaufhofs. Das Haus ist ein Prachtstück: Der Restaurator Clemens Giesen hat sein Elternhaus in der Marktstraße, in dem er sowohl Werkstatt wie Geschäftsräume hat, durchsaniert, hat die nicht wirklich positiven Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte zurückgebaut. Denn das Haus war nicht vom Krieg zerstört, lediglich die Fassade wurde schon in den 1930er Jahren verändert, mit Riemchen und Klinker versehen, dem Geschmack der Zeit angepasst. Hinter dieser Fassade stand noch das alte Haus von 1792, in dem Giesen noch Wände aus dem Mittelalter entdeckte. Er zeigt, wo einst die Metzgerei der Eltern war, der Kühlraum, geht in den jetzt idyllischen Innenhof, den er mit Ziegeln pflastern ließ, es geht hinunter in einen kleinen Ausstellungsraum für seine Möbel, hinauf in die Werkstatt mit dem Atelierfenster zum Norden. Überall entstanden Räume, die mit großer Liebe zum wertigen Detail so hergerichtet sind, dass man sich gerne dort aufhält.

 Clemens Giesen im Innenhof vor seiner Werkstatt.

Clemens Giesen im Innenhof vor seiner Werkstatt.

Foto: Evers Gottfried

Dabei habe es teilweise auch wehgetan, das Alte wegzureißen, sagt er: "Daran hingen natürlich auch Erinnerungen, schließlich bin ich hier aufgewachsen", sagt er. Er holte Stück für Stück die alte Geschichte des Hauses zurück, entdeckte unter einer Plisterdecke wunderbare Deckenbalken, die - sieht man ihre Verzierungen - einst frei lagen. Die Blockrahmen der alten Fenster standen noch hinter der 1930/50er-Jahre Fassade und zeigten, dass das Haus die für Kleve typischen holländischen Schiebfenster hatte, die nach oben geschoben öffnen. Giesen diskutierte mit Fensterbauern und Steinmetzen über Materialien, schnitzte die Voluten vor der Tür eigenhändig.

Der Architekt Werner van Ackeren zeichnete für Giesen die neue alte Fassade, die hier entstehen sollte. "Zusammen haben wir auch überlegt, die Tür in die Mitte der Schaufensteranlage zu verlegen - ursprünglich war sie an der Seite", erklärt der Restaurator. Das Material des Sockels, der Blaustein, liegt auch auf dem Boden des jetzt wieder erhöhten Geschäftsraums, die Fensterbänke sind an den Kanten gerundet. "Ich musste viele Entscheidungen treffen, jedes Detail ist individuell gestaltet", sagt Giesen.

Eineinhalb Jahre zogen sich die Bauarbeiten, schienen zeitweise kein Ende zu nehmen, blickt er zurück. Die Mühe lohnte. Zum Abschluss bekam das Haus die alte Hausnummer "8", aus Messing gegossen, es gibt eine Ziehklingel, die dem Restaurator in der Werkstatt signalisiert, dass ein Kunde vor der Tür steht. Clemens Giesen hat sich und der Stadt ein Aushängeschild geschenkt. Und er hat gezeigt, dass man alte Bausubstanz sehr wohl sanieren kann. "Das war mit ein Anliegen", sagt der Restaurator.

(RP)
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