Kleve-Brienen Ein "Naturstammhaus" am Spoy-Kanal

Kleve-Brienen · Der Rohbau stand in nur einer Woche, heute wird Richtfest gefeiert. Im Herbst soll der Bau bezugsfertig sein: Mitten zwischen niederrheinischen Backsteinhäusern entstand ein Einfamilienhaus aus 60 Baumstämmen.

 Das Holzhaus aus Douglasienstämmen zwischen den Backsteinsteinbauten.

Das Holzhaus aus Douglasienstämmen zwischen den Backsteinsteinbauten.

Foto: Klaus Stade

Das Haus an der Johanna-Sebus-Straße direkt am Spoy-Kanal fällt aus der Reihe: Aus scheinbar rohen Stämmen gezimmert duckt es sich trutzig und verspielt zugleich zwischen die dortigen Backsteinhäuser, erinnert an kanadische Blockhäuser ebenso wie an die behaglichen Behausungen der Hobbits aus den Filmen nach Tolkien. In nur einer Woche wuchs der stattliche Bau mit rund 200 Quadratmetern Wohnfläche empor und feiert heute Richtfest. Von Passanten und Nachbarn ebenso bewundert, wie bestaunt, wie auch mit einem Kopfschütteln bedacht.

Thomas Gervens und seine Frau Elfi Groenewald-Gervens haben sich mit dem Bau einen lang ersehnten Traum erfüllt. "Wir lieben die Holzhäuser in Süddeutschland, haben die kanadischen Häuser gesehen - in einem Haus aus Holz wollten wir immer schon leben", erklärt Gervens. Und wenn nicht jetzt, wann dann, sagte er sich.

Das erste Haus konnten sie nicht aus Holz bauen - der Bebauungsplan in Bedburg-Hau sah Steinhäuser vor. Jetzt fand er das Grundstück am Kanal in Brienen. Und als ihm der Fachbereich Planen und Bauen der Stadt grünes Licht für ein Holzhaus gab, verkauften die beiden ihr erstes Heim und erfüllten sich ihren Traum: Ein Haus aus ganzen Stämmen.

Fündig wurden die Bauherren am Rande des Hunsrücks in Nonnweiler: Stefan Jost baut seit 1997 Blockhäuser und hat sich auf Naturstammhäuser spezialisiert. Vier bis fünf Häuser baut er pro Jahr zwischen Österreich und Nordsee, eines jetzt am Kanal in Kleve. Rund 60 Douglasienstämme mit einem Durchmesser von 40 bis 45 Zentimeter und einer Länge von bis zu 20 Metern braucht er für ein Haus, wie es Familie Gervens jetzt bekommt. "Alles Hölzer aus heimischen Wäldern", sagt Jost. Der Zimmermann und Blockhausbauer sucht im Wald die Stämme persönlich aus, sagt er. Viele findet er im Hochwald südlich von Trier. Die Douglasien werden im Winter gefällt, dann entrindet.

 Urig innen wie außen: In nur einer Woche wurde der Bau aufgestellt, im Herbst soll er bezugsfertig sein.

Urig innen wie außen: In nur einer Woche wurde der Bau aufgestellt, im Herbst soll er bezugsfertig sein.

Foto: Stade, Klaus-Dieter (kds)

Geplant und gebaut werden die Häuser individuell nach Wünschen der Hausherrn: So haben Thomas Gervens und seine Frau Elfi von ihrem Grundstück aus einen prächtigen Blick in die Weite der Niederung Richtung Düffelward. Auf dieser Seite des Hauses wollten sie offenes Wohnen mit großen Fenstern, eine Treppe ins Obergeschoss. Nach der Entwurfsplanung kommt dann die Ausführungsplanung mit den einzelnen Stämmen.

Die Stämme werden in Nonnweiler passgenau zurecht geschnitten und mit Bauzeichen versehen, wie einst die Holzbohlen der Fachwerkhäuser. Danach baut Jost das Haus in Nonnweiler auf. In die Stämme wird mit einer Maschine, die Jost als "Scribber" vorstellt, eine Längsnut geschnitten. "Dieser Kanal an der Stammunterseite wird mit Baum- oder Schafwolle optimal gedämmt. Entsprechend der Tiefe der Nut wird der Stamm an seiner Oberseite mit einem Entlastungsschnitt versehen", erklärt Jost.

Das verhindert Risse in den Ansichten. Kabel und andere Installationen laufen ebenfalls in solchen Nuten im Holz. Passt alles, wird der Holzbau wieder auseinandergenommen und Stück für Stück auf Lkw verladen. Fünf Tieflader brachen so via Hunsrück-Höhenstraße gen Kleve für das Haus Gervens auf. In Kleve wird der Bau wieder so zusammengesetzt, wie die Zeichen es vorsehen. "Eine ganz alte Methode", sagt Jost.

Innen bleiben die Wände wie sie sind, außen werden sie geölt. Nur einzelne Wände, wie beispielsweise für die Küche, haben eine gerade Oberfläche. Böden, Decken und Dach werden mit Holzwolle gedämmt. "Die Eckverkämmungen werden in Handarbeit in Form einer vierfach gelagerten Sattelkerbe aus dem Stamm gearbeitet", sagt Joost. Damit bleiben sie dicht. Und geben, aus dem Stamm herausgearbeitet, dem Haus sein urtümliches Äußeres: Ein Haus, das aus der Reihe fällt.

(RP)
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