Niederrhein Die Wildwiese der alten Römer

Niederrhein · Am neuen Südeingang des Archäologischen Parks Xanten ist nach historischem Vorbild eine Salbeiwiese entstanden. Die eingesäten Pflanzenarten entsprechen Funden der Archäobotaniker in der Colonia Ulpia Traiana.

 Die Fruchtdolde der wilden Möhre. Die Pflanze, deren weiße Wurzelrübe übrigens essbar ist, fühlt sich am Fuß der Stadtmauer offensichtlich wohl.

Die Fruchtdolde der wilden Möhre. Die Pflanze, deren weiße Wurzelrübe übrigens essbar ist, fühlt sich am Fuß der Stadtmauer offensichtlich wohl.

Foto: FISCHER

Hüfthoch recken sich die Stängel der Wilden Möhre empor. Die vielstrahligen Blütenstände neigen sich im Abendwind. Dazwischen zeigen sich immer wieder die Schirme der Schafgarben. Spitzwegerich, Wiesenklee, verschiedene Gräser. Viele Gäste des Archäologischen Parks werden auf ihrem Weg zum neuen Süd-Eingang wohl eher über die Pflanzenfläche hinwegsehen, die sich am Fuß der alten Stadtmauer erstreckt. Aber hier wächst eine Wiese heran, die für Biologen und Archäologen gleichsam höchst interessant ist. "So oder so ähnlich dürfte es vor der alten Stadt der Römer tatsächlich ausgesehen haben", sagt Dr. Jutta Meurers-Balke. Die Archäobotanikerin und ihr Mitarbeiter Michael Herchenbach stehen wissenschaftlich Pate für das Projekt "Salbeiwiese", das von der Naturschutzstiftung Niederrhein unterstützt wird, erklärt Marianne Hilke vom APX.

Auf dem Gelände der früheren Colonia Ulpia Traiana werden keineswegs nur Steine erkundet. Seit den 70er Jahren seien auch stetig Pflanzenfunde untersucht und katalogisiert worden, sagt die Kölner Wissenschaftlerin. Früchte und Samen, Pflanzenreste in Brunnen oder verkohlten Heuproben gäben ziemlich genau Auskunft darüber, was zur Römerzeit gewachsen ist. Besonders auf dem Gelände des alten Hafens habe es etlich Funde gegeben, sagt sie. In Böden übrigens, die heute kaum noch zu finden sind, wie Wilhelm Itjeshorst von der Biologischen Station in Wesel erläutert. Für solch artenreiche Wiesen, die dann auch wieder zig Insekten und anderen Tieren eine Heimat bieten, seien die Böden durch Düngung so nitratreich, das nur wenige Pflanzen gestärkt und andere verdrängt werden. Ohnehin, so erläutert Hannelie Steinhoff vom Vorstand des Stiftungsrates, musste erst ein geeigneter Standort gefunden werden. Gartenbautechniker Peter Altmann, Chef der fünfköpfigen Gärtnertruppe im APX, erinnert sich noch an eben diese Suche nach einer sandigen Fläche, deren Beschaffenheit zumindest im Ansatz dem der natürlichen Wildwiese entspricht. Das Vorbild fand sich auf einer Sedimentationsfläche auf der Bislicher Insel. Studenten aus Köln haben da mitgeholfen, die Proben wurden in der Landwirtschaftlichen Untersuchungsstelle und Forschungsanstalt (Lufa) in Münster untersucht, bis die heutige Fläche für gut befunden, gepflügt und mit kohlesaurem Dolomitkalk "behandelt" werden konnte. Ausgesät wurden schließlich mehr als zwei Dutzend Pflanzenarten. Gemäß der botanischen Funde übrigens eine "recht krautlastige Mischung", so die Archäobotanikerin Jutta Meurers-Balke.

Niederrhein: Die Wildwiese der alten Römer
Foto: Armin Fischer

Und eine, die Zeit braucht, um sich völlig zu entfalten. Salbei jedenfalls fand sich auch bei der ersten Mahd in dieser Woche noch nicht. Die Biologen ängstigt das nicht. Sie wollen noch abwarten und vielleicht erst in ein, zwei Jahren eventuell mit neuen Lippenblüter-Samen "nachhelfen".

 Wilhelm Itjeshorst weiß die Vielfalt der Pflanzen auf der APX-Wiese ebenso zu schätzen wie Dr. Jutta Meurers-Balke.

Wilhelm Itjeshorst weiß die Vielfalt der Pflanzen auf der APX-Wiese ebenso zu schätzen wie Dr. Jutta Meurers-Balke.

Foto: Armin Fischer

Peter Altmann hofft allerdings, dass er bereits im nächsten Juni wieder mähen kann. "Das ist dann nach der Salbeiblüte." Im Herbst des dritten Jahres dürfte die eingezäunte Römerwiese so weit sein, dass die Schafe dort weiden können. Die Römer, so Jutta Meurers-Balke, ließen auf solchen Flächen übrigens bevorzugt Pferde grasen.

(RP)
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