Kleve Der zweite Blick aufs Blatt

Kleve · RP-Karikaturist Martin Lersch stellt ab Sonntag 54 seiner Zeichnungen in Rindern aus. Eine Rückschau auf fünf Jahre Arbeit.

 Martin Lersch ist seit fünf Jahren für die Karikaturen im Lokalteil verantwortlich. Nun stellt er eine Auswahl der Zeichnungen aus.

Martin Lersch ist seit fünf Jahren für die Karikaturen im Lokalteil verantwortlich. Nun stellt er eine Auswahl der Zeichnungen aus.

Foto: Markus van Offern

Ein Waal-Fisch wird von einem Hafenkran aus dem Wasser gehievt. Es ist ein freundlicher wie dicker Pottwal, der dort an den Tauen hängt. Er erzählt von der Eröffnung der Hochschule Rhein-Waal, deren Campus gerade bezogen wurde. Der Blauwal als Wahrzeichen für die Hochschule: Das war die erste Karikatur des Zeichners Martin Lersch für die Rheinische Post Kleve. Das ist fünf Jahre her. Zeit, einen Rückblick zu wagen. Das Museum Arenacum in Kleve, das Lersch auch schon als Künstler gezeigt hat, hat dem RP-Karikaturisten dafür die Wände frei gemacht.

Und der schaut in 54 Karikaturen auf fünf Jahre kommunales Geschehen zurück. Auf Personen, die er im weichen Strich zeichnet, auf Gebäude. Es ist nicht der pointiert gerade Strich seiner Vorgängers Walter Flinterhoff, der damit die Kommunalpolitik aufspießte. Lerschs Zeichnungen sind detailverliebt, verspielt, öfter "um die Ecke" gedacht. Manchmal so um die Ecke, dass das so liebevoll gezeichnete Strichwerk - oft erst mit Verzögerung - umso böser wird. Wie bei einer Zeichnung zum Weihnachtsmarkt in Moyland, für den sich das Schloss auf seinem Blatt Adventskranz-Kerzen auf die Türme gesteckt hat. Es ist der Profit, der hinter diesen Adventskerzen wartet, den er anprangert: "Ihr Käuferlein, kommet", heißt es in einer Liedzeile auf dem Blatt. Und die darunter liegende Liedzeile "Josef, lieber Josef mein" verweist aufs Museum, das unter diesen Profit-Gedanken leidet. Es lohnt also auch der zweite Blick aufs Blatt.

Wenn Lersch zu sehr um die Ecke denkt, hat er zwei Helferlein auf den Blättern: "Das sind die Spoy-Ratten, die hab' ich erfunden, um über ihren Dialog einiges erklären zu können", sagt er. Der Künstler grinst spitzbübisch dazu. Denn seine Spoy-Ratten haben etwas anarchisches, widerborstiges in ihrem losen Maulwerk.

Es sei eben nicht einfach, die oftmals komplizierte Welt der Kommunalpolitik, die ja nicht so erklärt und offenbar sei, wie die Bundes- oder Landespolitik, vereinfacht in einer Karikatur aufzuspießen, sagt Lersch. Zudem habe er keinen Text, der die Situation erkläre, die er aufs kleine Blatt bringe. Also müssen die Ratten 'ran, die wie Stadler und Waldorf aus der Muppetshow das Geschehen kommentieren. Namen haben die beiden Ratten aber nicht. Noch nicht.

In der Regel dienstags spricht Lersch mit der Redaktion die Themen für die Karikatur ab, macht eigene Vorschläge. Oder skizziert schon die ersten Ideen auf ein Blatt, während er mit der Redaktion telefoniert und deren Vorschläge überdenkt, wie sie aufs Blatt zu bringen sind. Es ist zunächst eine dünne Bleistiftskizze, mit der die Arbeit beginnt. Bleistift auf Papier, Tusche und Feder, Malstifte, Wasserfarben gehören zu seinen Zeichnungen. Der Künstler, der in den 1970er Jahren auch für eine französische Zeitschrift Karikaturen machte, arbeitet ganz klassisch. Nicht am Computer. Auch das macht den Reiz seiner Arbeiten aus.

Die Ausstellung zeigt im Souterrain auch, wie dieser Prozess abläuft. Auf langen Tischen sind die ersten Skizzen, die Entwürfe zu sehen, Blätter, die schon weiter ausgeführt sind und letztlich das komplette Bild. Manchmal fährt Lersch auch zu Terminen - um zu zeichnen, die Menschen zu porträtieren, die über das Thema reden, das er zeichnen wird. "Mit dem fertigen Blatt fahr' ich in die Redaktion, wo die Zeichnung gescannt wird", sagt Lersch. Und dann wird sie gedruckt und steht jeden Samstag in der lokalen Kultur meist an derselben Stelle: unten links. Für den Zeichner kein Problem. "Die muss nicht nach oben, das ist keine unübliche Position für eine Karikatur", sagt er. Doch das Museum zeigt damit auch fünf Jahre Entwicklung im Klever Land: Vom Beginn des Campus Kleve, vom Bensdorp-Türmchen, das nicht fallen darf, vom Courage-Festival und dem Abriss des Klever Rathauses oder vom Selfie mit Rembrandt-Zeitgenosse Flinck, von den neuen Bürgermeistern nach der jüngsten Kommunalwahl. Es gibt schöne Porträts von Barbara Hendricks und Stefan Rouenhoff, den Bundestagskandidaten der großen Parteien, von Hochschulpräsidentin Heide Naderer und immer wieder Joseph Beuys.

Die Eröffnung ist am Sonntag, 10. September, 11.30 Uhr. Nach der Begrüßung durch Roland Verheyen führt Martin Lersch humorvoll in die Ausstellung ein. Hohe Straße 116, Kleve, sonntags 11 bis 17 Uhr. Zu sehen bis 15. Oktober.

(mgr)
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