Kleve Der "Staatsfreund Nr. 1" in Kleve

Kleve · Der Stand-Up-Comedian Abdelkarim gastierte in der Stadthalle.

Jogginghose, Lederjacke, markanter Kahlkopf und Vollbart, daran erkennt man Abdelkarim. Aber nicht nur an diesen Äußerlichkeiten, sondern auch daran, dass er die Vorurteilsfähigkeit der Menschen ganz genau beobachtet, daraus in hohem Tempo Pointen entwickelt und seine Zuhörer sowohl zum Lachen als auch zum Nachdenken bringt. Der Marokkaner, der in Bielefeld geboren und aufgewachsen ist, war mit seinem zweistündigen Programm "Staatsfreund Nr. 1" in Kleve zu Gast. Der 36jährige Stand-Up-Comedian füllte die Klever Stadthalle beinahe komplett.

Um ein Feeling für Kleve und das niederrheinische Publikum zu bekommen, machte er erst einmal Small Talk mit einigen Gästen, die in den ersten Reihen saßen. "Wie heißt du? Woher kommst du? Was machst du?", sind entscheidende Fragen und bildet auch den Stoff von Abdelkarims erstem Themenblock. "Ich sehe ja nicht aus wie ein Germane. Deshalb antworte ich auf die erste Frage sofort: Aus dem Urwald", sagt er. Er sei Marokkaner, Moslem und Araber - das seien drei böse Überraschungen auf einmal.

In seiner Kindheit habe er bei deutschen Freunden viele Kulturschocks erlebt, zum Beispiel dass Eltern an der Kinderzimmertüre höflich anklopfen. "Unser Zimmer war mehr ein Durchgangslager zwischen Küche und Wohnzimmer. Dreimal klopfen hieß so viel wie: das Jugendamt ist da". Die Beziehung der Deutschen zu Ausländern blieb Thema bis zum Schluss: Über Kleidung sagt er: "Das ist die "one-size-Lüge", alle Menschen sind gleich, wenn nicht, bist du kein Mensch."

Beim Zugfahren habe er einmal einen schwarzen Jungen, der ohne Fahrkarte, also "schwarz" fuhr, vor dem Kontrolleur gewarnt. "Hast du mich jetzt nur angesprochen weil ich schwarz bin?", fragte ihn der Junge. Abdelkarims Kommentar: "Unter 5000 Fahrgästen erwische ich den Bürgerrechtler und verwandele mich in fünf Sekunden in einen Ausländerfeind." Von seinen Beobachtungen der am frühen Morgen erschreckend gut gestylten Jugendlichen in der Bahn berichtete er mitreißend: "Wenn junge Mädchen sich über etwas freuen, sind sie laut wie eine Coolness-Alarmanlage". Und er findet heraus, dass sie in Whats App-Gruppen sozusagen live über ihn schreiben, während sie ihn beobachten. In hoher Geschwindigkeit feuerte Abdelkarim seine Gags ab. Sein Bericht vom Essen im asiatischen Restaurant "al you can eat" erntete viele Lachsalven im Publikum, seine gewagten Witze im Umkreis der Kölner Silvesternacht oder sogar zum LKW-Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt aber gefielen nicht allen.

(RP)
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