Kleve Der erste Gegenwind vom Nabu

Kleve · Im Verfahren um die Errichtung von zwölf Windkraftanlagen im Reichswald gibt es erste größere Probleme. Die Nabu-Naturschutzstation äußert teilweise deutliche Kritik an der Vorgehensweise des Projektentwicklers Abo Wind.

KRANENBURG Der größte Widerstand gegen den im Reichswald geplanten Windpark, kam bislang aus der Bevölkerung. Die Bürgerinitiative "Gegenwind im Reichswald" versucht, das Vorhaben äußerst engagiert zu verhindern. Doch wird der Gegenwind, dem der Projektentwickler Abo Wind und die Gemeinde Kranenburg ausgesetzt sind, stärker.

Anfang der Woche fand im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung ein "Scoping-Termin" statt. Scoping leitet sich aus dem englischen "scop" ab und bedeutet so viel wie Umfang, Abgrenzung oder Aufgabenbereich. Es wurden die Rahmenbedingungen für die erforderlichen naturschutzrechtlichen Gutachten festgelegt. Dazu gehört auch, dass das Gebiet festgelegt wird, in dem die Untersuchungen stattfinden müssen.

Auch die Nabu Naturschutzstation Niederrhein hatte eine Einladung für das Treffen bekommen, nahm daran aber nicht teil. Sie teilte jedoch schriftlich mit, was sie aktuell vom Ablauf des Verfahrens hält. Vorsichtig formuliert: ziemlich wenig.

In dem Brief des Nabu wird deutliche Kritik an der Vorgehensweise von Abo Wind geübt. So sei der Scoping-Termin viel zu spät gewählt worden. An Gründen, für die negative Haltung der Naturschützer, mangelt es in dem Schreiben nicht. Zahlreiche Punkte zählen die Naturschützer auf, die gegen den Ablauf sprechen.

So hätten zunächst Umfang und Tiefe der Untersuchungen festgelegt werden müssen, bevor man damit startet. Die Brutvögelkartierung habe im Frühjahr begonnen und die Erfassung der arktischen Wildgänse bereits im Oktober 2014, heißt es in der Mitteilung des Nabu. Im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 5) steht, dass "frühzeitig über Inhalt und Umfang" unterrichtet werden muss. Das ist offenbar nicht passiert.

Auch zur Größe des relevanten Gebiets bezieht der Nabu Stellung. So fordert man hier, dass ein Radius von vier Kilometern, von den Anlagen ausgehend, begutachtet wird. Dies sei auch im Leitfaden so aufgeführt. Ein Grund für den enormen Umfang des Beobachtungsgebiets ist: Der Baumfalke, der im Reichswald unterwegs ist.

Die Anordnung der zwölf Windkraftanlagen, die in einer Reihe entlang des Kartenspielerwegs stehen sollen, hält der Nabu für äußerst ungünstig. Dies stelle eine Barriere für einen wichtigen Zugkorridor der Wildgänse und andere Zugvögel dar. Auch weist der Nabu mit Nachdruck daraufhin, dass es erforderlich sei, die niederländischen Vogelbeobachtungen auszuwerten. Ob die von Abo Wind beauftragten Gutachter die Ergebnisse bereits berücksichtigt haben, ist nicht bekannt.

Dass die Abfolge der Untersuchungen nicht optimal war, räumt auch der Projektleiter von Abo Wind, Diplom-Geologe Georg von Aretin, ein. Es könne sein, dass im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung zusätzliche Untersuchungen gemacht werden müssten, so von Aretin. Das Verfahren so früh anzustoßen, sei aber nicht falsch. "Wir müssen doch wissen, ob es ein K. o.-Kriterium gibt. Wenn hier etwa eine seltene Feldermausart gefunden wird", sagte der Diplom-Geologe. Falls ein Themenkomplex auftauche, den man im Vorfeld nicht berücksichtigt habe, so der Projektmanager, würden sich die Untersuchungen zeitlich nach hinten verschieben. Was man bei dem Projekt aber wohl nicht hat, das ist Zeit. Denn 2016 ändert sich die Einspeisevergütung für Strom aus Windkraft. Die Lust von Abo Wind, die Anlagen im Reichswald nach diesem Zeitpunkt zu bauen, dürfte dadurch nicht größer werden.

Neben den Anmerkungen des Nabu zu dem naturschutzrechtlichen Untersuchungsverfahren, hat der Rheinische Verein für Landschaftspflege sich bereits jetzt zu dem gesamten Projekt geäußert. Die Stellungnahme lässt nur wenig Interpretationsspielraum zu. Fazit eines 13-seitigen Schreibens: "Die Planung der Windenergieanlagen und deren notwendigen Rodungsmaßnahmen sowie Trassen führt für den Umweltaspekt Kulturgüter zu erheblichen Beeinträchtigungen (...). Der Rheinische Verein für Landschaftspflege und Denkmalschutz rät daher dringend vom geplanten Standort der Windenergieanlagen ab."

(RP)
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