Kleve-Donsbrüggen Der Brückenbauer

Kleve-Donsbrüggen · Donsbrüggen verliert mit Pfarrer Helmut Berthold einen Freund, der sich für die Opfer der Flutkatastrophe in Sachsen einsetzte sowie für das Zusammenwachsen von Ost und West.

Wenige Tage vor Vollendung seines 83. Lebensjahres ist der evangelische Pfarrer i.R. Helmut Berthold aus Weesenstein verstorben. Mit ihm verliert das Dorf Donsbrüggen einen guten Freund.

Der erste Kontakt der Donsbrüggener Bürger zu Pfarrer Berthold entstand wenige Wochen nach der Flutkatastrophe in Sachsen im August 2002. Als die erschütternden Bilder seines von der Flut zerstörten Dorfes Weesenstein über die Bildschirme flimmerten, entschloss sich die Dorfgemeinschaft Donsbrüggen, mit allen Vereinen und Verbänden, spontan zu einer Hilfsaktion für Weesenstein.

Ein ansehnlicher Spendenbetrag von mehr als 8000 Euro konnte nach einer Benefizveranstaltung Pfarrer Berthold übergeben werden, der die Hilfe koordinierte.

Jener 12. August 2002 veränderte Weesenstein. Zwei Menschen sterben. Ein Viertel aller Häuser versank in den Fluten oder musste später abgerissen werden. Pfarrer Berthold stand am Unglückstag am Fenster des höher gelegenen Pfarrhauses und wurde Augenzeuge, wie das Wasser unter ihm vorbeirauschte und das Tal füllte, Autos, Mobiliar und Bäume mittendrin. "Die Leute müssen demütiger werden. Wenn schon nicht gegenüber Gott, dann wenigstens gegenüber der Natur", sagte Berthold später.

Er war nach der Flut ein gefragter Mann. Auch Politiker wie den damaligen EU-Kommissionschef Romano Prodi aus Italien oder Bundesaußenminister Joschka Fischer führte er durch den Schlamm. Berthold hat die Verteilung von Spenden organisiert, den Leuten Trost gespendet und Mut gemacht. Das Pfarrhaus diente als Zwischenlager für Sachspenden und Nahrungsmittel. Berthold sammelte Geld: insgesamt 170.000 Euro.

Weesenstein wurde bei der nächsten "Jahrhundertflut" im Juni 2013 von den Wassermassen verschont. Nicht aber des Pfarres Geburtsort Grimma. Die Donsbrüggener starteten erneut eine große Hilfsaktion.

Helmut Berthold, 40 Jahre Gottes Mann im Müglitztal, hat auch den Menschen beim Wiederaufbau geholfen und ihre Interessen auf ein sicheres Müglitztal gegenüber der Politik vertreten. Pfarrer im Ruhestand war er. "Pfarrer in Rage", sagt Berthold selbst. Zwei Herzinfarkte, drei Bypässe. Er hat die Weesensteiner getauft und getraut. Vor der Wende holte er die Kleinen in seinen klapprigen Wartburg-Kombi mit hängendem Auspuff zum Konfirmandenunterricht. Der achtfache Großvater sagt, Weesenstein dürfe nicht zum Wasserauffangbecken werden, der Fluss nicht zu einer Flutrinne.

Im April 2016 wollte Helmut Berthold mit seiner Frau erneut Donsbrüggen besuchen. Nun hat sein Herz aufgehört zu schlagen.

Donsbrüggen, seine Bewohner und insbesondere der Heimat- und Verkehrsverein Donsbrüggen verlieren mit ihm einen guten Freund, der zum Sinnbild für das Zusammenwachsen zwischen Ost und West in den Köpfen der Menschen geworden ist.

(RP)
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