Kleve Den Erben das Testament erklären

Kleve · Die Mitglieder-Akademie der Volksbank Kleverland legte eine erfolgreiche Premiere hin: Der erste Vortrag von Holger Heinen von der Kanzlei Scholten Oberem und Partner war sehr gut besucht.

 Holger Heinen, Partner in der Klever Rechtsanwaltskanzlei Scholten, Oberem und Partner (SOP).

Holger Heinen, Partner in der Klever Rechtsanwaltskanzlei Scholten, Oberem und Partner (SOP).

Foto: Markus van Offern

Die Szenerie ist treffend: Erwartungsschwanger sitzen und stehen voller Spannung verschiedene Rokoko-Gestalten um einen großen Tisch herum. Ein Testament wird eröffnet, der reiche und der arme Teil der Erben sind gekommen und haben sich an den Kopfenden des Tisches aufgestellt. Links in feinem Tuch Damen mit Fächer und Herren mit Seidenstrümpfen und weißen Perücken. Rechts ein einfach dunkel gekleidetes, älteres Paar. In der Mitte ein Advokat, der gewichtig wichtig das Testament verliest. Der Nachlass scheint dem einfach gekleideten Paar zugesprochen: Die ältere Frau faltet in freudiger Erwartung die Hände, der Mann zeigt auf sich. Neben dem Advokaten sitzt ein Schreiber, der alles protokolliert.

Um 1890 schuf der Genre-Maler Josef Munsch das Bild von der "Testamentseröffnung", ein nachträglich kolorierter Druck für die "Gartenlaube - Illustrirtes Familienblatt", einem Vorläufer moderner Illustrierten. Der fein kolorierte Stich hängt im Büro von Dr. Holger Heinen, Partner in der Klever Rechtsanwaltskanzlei Scholten, Oberem und Partner (SOP). Heinen ist Anwalt für Höferecht und Fachanwalt für Familienrecht und für Erbrecht.

Um den Nachlass ging es auch bei der ersten Mitgliederakademie der Volksbank Kleverland "Wie gestalte ich ein Testament". Ein Thema, mit dem die Mitgliederakademie gleich zum Auftakt einen Nerv traf: Mehr als 60 Mitglieder und Gäste waren zu dem Abend im Vortragsraum der Volksbank Kleverland gekommen, um alles Wichtige rund um den "Letzten Willen" zu erfahren.

Dieser "Letzte Wille" ist grundsätzlich schon festgeschrieben, wenn er von einem Volljährigen handschriftlich auf ein Blatt Papier hinterlegt, datiert und unterschrieben ist, sagt Heinen. Am besten beim Nachlassgericht hinterlegt: "Der Erblasser kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. Er sollte in der Erklärung angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort er sie niedergeschrieben hat. Die Unterschrift soll den Vornamen und den Familiennamen des Erblassers enthalten", präzisiert Heinen das Aufsetzen eines solchen Schriftstückes.

Wenn die Erbfolge aber komplizierter wird, beispielsweise in einer Patchwork-Familie oder bei einem zu vererbenden Geschäft oder Unternehmen, rät Heinen dringend dazu, sich bei einem Anwalt oder einem Notar beraten zu lassen. Die Kosten sollte man nicht scheuen "Das wird nach Aufwand abgerechnet oder nach Streitwert", erklärt der Fachanwalt. Wird beispielsweise beim Notar ein Testament aufgesetzt, kostet ein Einzeltestament zwischen 75 Euro (bei einem Geschäftswert von 10.000 Euro) und 935 Euro (bei einem Geschäftswert von einer halben Million Euro) plus Mehrwertsteuer. Eine "amtliche Verwahrung" kostet 57 Euro und eine Registrierung im Zentralen Testamentsregister 15 Euro. Gibt es kein Testament, tritt die gesetzliche Regelung in Kraft. So sind auch die Eltern und die Geschwister berechtigte Erben in zweiter Ordnung. Wer das alles aber nach seinem Willen geregelt haben möchte, sollte sich unbedingt beraten lassen. "Da hilft der Notar oder der Rechtsanwalt", rät Heinen.

Heinen stellte auch die unterschiedlichen Schwerpunkte eines Testaments bei Notar und Rechtsanwalt vor: "Beim Notar ist von Vorteil, dass für Änderungen des Grundbuchs nach dem Erbfall in der Regel kein Erbschein benötigt wird (Kostenersparnis für die Erben, dass es eine notarielle Beratung, die Sicherstellung der Authentizität durch Beurkundung gibt. Und dass die Hinterlegung und Registrierung das ,Auftauchen' des Testaments sicher gestellt ist (allerdings auch bei eigenhändigem Testament möglich). (Vermeintliche) Nachteile des notariellen Testaments sind: Der Notar muss, weil unparteilich die Interessen aller Beteiligter berücksichtigen; der Rechtsanwalt muss die für seinen Mandanten günstigste Lösung wählen und hat im Zweifel Testamente ,auf dem Prüfstand' erlebt", so Heinen in seiner Präsentation bei der Voba-Mitgliederakademie.

Heinen rät, als Erblasser seinen Hinterbliebenen das Testament zu erklären. Warum wer was bekommt und was nicht. "Dinge, die später als ungerecht empfunden werden, sind oft anders gemeint. Deshalb sollte man vorher darüber reden und das Testament nicht still in die Schublade legen", sagt der Rechtsanwalt.

Rechtsanwälte würden grundsätzlich auch vorsorgliche Beratungen anbieten, die man in Anspruch nehmen sollte, wenn man sich Gedanken übers Testament macht, sagt Heinen.

(mgr)
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