Kranenburg Bürger gegen Wind und für den Wald

Kranenburg · Das Projekt "Windpark im Reichswald" sorgte im Kranenburger Planungs- und Umweltausschuss für reichlich Betrieb. Nach einer Diskussion mit den Bürgern präsentierte der Projektentwickler erste Ergebnisse seiner Untersuchungen.

 Unberührte Natur: Bürgermeister Steins mit Bild vom Reichswald.

Unberührte Natur: Bürgermeister Steins mit Bild vom Reichswald.

Foto: Evers

Für die kleine Kommune Kranenburg interessieren sich seit Monaten nicht allein die Bürger der Gemeinde. Grund für die enorme Aufmerksamkeit im Grenzgebiet ist der Plan von Politik und Verwaltung, einen Windkraftpark im Reichswald zu errichten. Zwölf Anlagen, alle höher als der Kölner Dom, sollen entlang des Kartenspielerwegs aufgebaut werden. Der Plan mobilisiert vor allem die Gegner. Das Wort "Wind" auf einer Vorlage der Verwaltung reicht, um den Ratssaal zu füllen. Dort weht den Befürwortern ein Wind entgegen, der mit eisig noch recht putzig beschrieben wäre.

Es war spät, als auf der Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses die entscheidenden und teilweise neuen Aspekte zur Sprache kamen. Jürgen Franken, SPD-Fraktionschef im Kreis und Mitglied des Ausschusses in Kranenburg, wollte wissen, was passiert, wenn der Kreis Kleve den Landschaftsplan nicht ändert. Der muss geändert werden, um die Windkraftanlagen in den Reichswald bauen zu können. Bürgermeister Günter Steins, sonst um keine ausführliche Antwort verlegen, erklärte lediglich, dass er nicht spekulieren wolle. Falls der Plan nicht geändert würde, müsse man prüfen, ob man juristisch dagegen vorgehen kann. Steins sagte: "Ich bin da relativ entspannt." Tiefenentspannt sollte er nicht sein (siehe Zusatztext oben). Der Verwaltungschef lud die Kreistagsmitglieder zu einer Info-Veranstaltung nach Kranenburg ein. Dort könnten sie Klischees und Vorurteile abbauen.

Die Verantwortlichen des Projektentwicklers Abo Wind stuften das Thema Landschaftsplan keineswegs in die Kategorie Pflichtaufgabe ein. Auf die Frage, was es bedeutet, wenn der Kreis den Plan so belässt, wie er derzeit ist, sagte Georg von Aretin (Abteilungsleiter Abo Wind): "Eine Begründung, die da sinngemäß lautet, 'wollen wir nicht', reicht sicherlich nicht aus, um eine Änderung abzulehnen. Wird aber stichhaltig dargelegt, warum der Landschaftsplan an der Stelle bestehen bleiben soll, dann haben wir ein Problem."

Dabei sieht es, was die notwendigen Gutachten betrifft, alles andere als problematisch aus. Von Aretin gab einen Überblick, welche Untersuchungen bereits abgeschlossen sind und welche noch andauern. Ob Schallimmissionsschutz, Schattenwurf, Natur- und Artenschutz, hydrogeologisches Gutachten (Wasser) - in keiner Expertise kam es zu Ergebnissen, die die Umsetzung des Projekts Windpark im Wald gefährden. Abo Wind will in den nächsten Tagen den Bauantrag beim Kreis Kleve einreichen. Das Ziel des Unternehmens ist es, möglichst schnell die Baugenehmigung zu bekommen. Der Grund für die Eile ist rein materieller Natur. Ab 2017 ändert sich der Preis für Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen über ein Ausschreibungsmodell. Dieses Ausschreibungsmodell soll das System der festen Einspeisevergütung ersetzen. Sprich das finanzielle Risiko wird größer.

Begonnen hatte die Ausschusssitzung mit dem Verlesen einer Petition und einem Geschenk. Irma de Potter, Mitarbeiterin von "Natuurmonumenten", las die Eingabe vor, die von elf Natur- und Kultur-Organisationen unterschrieben ist. Darin wurde eindringlich darum gebeten, die Planungen zu stoppen. Das Geschenk erhielt Steins anschließend. Eine stimmungsvolle, aktuelle Ansicht des Reichwaldes. Unverbaut und somit ohne Anlagen über den Baumwipfeln herausragend. Der Verwaltungschef freute sich sowohl über die Petition als auch über das Bild. Vielleicht ist es seine letzte Ansicht, die er ohne Windräder im Wald erhält. Der Bürgermeister betonte mehrmals in seinen Beiträgen, dass es ihm wichtig sei, ein transparentes, sachliches und objektives Verfahren ohne Emotionen durchzuführen. Für Emotionen sorgten andere: die Zuhörer. Sie konnten im Rahmen der Ausschusssitzung Fragen stellen. Statt Fragen wurden jedoch überwiegend Statements abgegeben. So schilderte eine Niederländerin aus Ven-Zelderheide, was die Windkraftanlagen für sie und ihr Dorf bedeuten würden. Die Ortschaft ist extrem betroffen, da sie nah an den geplanten Standorten der Windrädern liegt. "Nachbarn wollen wegziehen, bekommen aber ihre Häuser nicht verkauft. Unser Kapital ist die Ruhe, Stille und eine unverbrauchte Natur. Das wird uns genommen", klagt die Frau. Immer wieder wurden Appelle und Bitten an die Entscheidungsträger gerichtet, das Projekt zu stoppen. Bürger versuchen zu retten, was aus einem brennenden Haus noch zu retten ist.

Georg von Aretin nahm diese Phase mit etlichen Beiträgen gegen sein Vorhaben gelassen hin und zeigte kaum eine Regung. Im Anschluss an die Sitzung sortierte er die Veranstaltung in die Kategorie "noch recht sachlich" ein. Er kennt den Widerstand von anderen Projekten und er weiß, wie er sich zu verhalten hat. Ruhig und mit der notwendigen Gelassenheit.

(jan)
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