Kreis Kleve "Bäuerlich" heißt nicht "von gestern"

Kreis Kleve · Sommertour der Kreis-WfG: Auf dem Speetenhof der Familie Derksen in Kranenburg-Mehr dreht sich alles um die Milch. Gerade haben Tochter Anne van de Sand und Sohn Andreas Derksen Landwirtschaft und Molkerei übernommen.

Familie Derksen (rechts im Bild) war die Freude anzusehen, den Gästen um Bürgermeister Günter Steins (4.v.l.) und Kreis-Wirtschaftsförderer Hans-Josef Kuypers (3.v.l.) die Qualitäten des Hofes zu zeigen.

Familie Derksen (rechts im Bild) war die Freude anzusehen, den Gästen um Bürgermeister Günter Steins (4.v.l.) und Kreis-Wirtschaftsförderer Hans-Josef Kuypers (3.v.l.) die Qualitäten des Hofes zu zeigen.

Foto: Klaus-Dieter Stade

Rita Derksen macht den Anschein, mit sich im reinen zu sein. Die jugendlich wirkende "Senior-Chefin" und ihr Mann haben den erwachsenen Kindern den Speetenhof übergeben. Die Eltern helfen weiter mit, aber die Entscheidungen für die Zukunft trifft nun die nächste Generation. Gestern machte Kreis-Wirtschaftsförderer Hans-Josef Kuypers Station auf dem idyllischen Hof, der von außen betrachtet ziemlich genau so aussieht, wie man sich einen niederrheinischen Bauernhof vorstellt - samt Hofhund und den Kühen auf der Weide.

Bei genauerer Betrachtung wird allerdings klar, dass hier zwar die Tradition geehrt wird, aber keiner der Akteure "von gestern" ist. Kuypers und sein mitreisendes "Sommertour"-Team erlebten nicht nur eine fröhliche Familie, sondern auch einen modernen Melkroboter und eine edelstahlblitzende Molkerei.

Auch Bürgermeister Günter Steins war mit von der Partie und stellte fest, dass Derksen zu den Ersten gehörten, die vor Jahrzehnten die Chancen der Direktvermarktung erkannt hätten.

Denn so funktioniert der Speetenhof: Die Milch der 70 Kühe wird zu Trinkmilch, Joghurt, Quark, Buttermilch, Butter, Vanille- und Schoko-Vla (Pudding) verarbeitet. Die Produkte können die Kunden direkt ab Hof kaufen, aber ebenso in Bauernläden oder sogar in einigen Edeka- und Rewe-Läden erwerben. Eigene Kühlfahrzeuge beliefern die Geschäfte und bringen einen Teil der Produktion zu Cafés, Eisdielen, Bäckereien und Kindergärten. Das Absatzgebiet beschränkt sich auf den Nordkreis Kleve; im Süden fährt ein anderer Betrieb, mit dem man sich die Landkarte aufgeteilt hat, ein ähnliches Konzept.

"Wir sind vor 33 Jahren von Goch nach Mehr gezogen", berichtet Rita Derksen. Damals ging es gerade los mit der Milchkontingentierung; "wir nahmen unser Flächenkontingent aus Goch mit und übernahmen das von dem Kranenburger Hof, so dass wir mehr Kühe anschaffen konnten." Als die Kinder klein waren, habe sie mit dem Buttermachen begonnen, damals wurde Vorzugsmilch hergestellt. "Seit 2002 pasteurisieren wir, haben aber immer noch nur Frischmilch, keine, die vier Wochen lang haltbar ist." Kleiner Wermutstropfen: Ohne Rohmilch lässt sich kein Käse mehr herstellen, der fiel also raus aus dem Sortiment. Tochter Anne, die sich schon immer für Maschinen interessiert habe, machte die Ausbildung zur Molkereimeisterin, Sohn Andreas entschied sich nach einem Umweg über die Floristik für die Landwirtschaft und ist inzwischen sogar Agrarbetriebswirt. "Den Betrieb so früh übergeben zu haben ist gut, das setzt bei den jungen Leuten viele Energien frei", ist die Mutter sicher.

Sie kann das einschätzen, denn sie war selbst erst 25, als sie mit ihrem Mann begann, den Hof der Schwiegereltern zu bewirtschaften. Bei aller Freude daran, dass das Konzept greift: Es gab auch schwere Zeiten. "2005 haben wir mal eine Investition in eine riesige Flaschen-Spülanlage getätigt, die uns fast den Hals gekostet hätte. Das Ding hat nicht mal funktioniert." Aber es ging weiter, und das vergangene Jahr, berichtet Anne van de Sand, sei bisher das beste gewesen. "In diesem Quartal drücken uns allerdings 10000 Euro an zusätzlichen Lohnkosten durch den Mindestlohn." Der Speetenhof ist ein personalintensiver Betrieb. Neben den Familienmitgliedern stehen noch fünf Festangestellte und zehn geringfügig Beschäftigte auf der Lohnliste.

Nach Bio-Kriterien arbeitet Familie Derksen übrigens nicht. "Wir produzieren konventionell, aber nachhaltig, ohne Gentechnik und machen unser Futter selbst", erklärt Vater Gerhard Derksen. Für ein Bio-Siegel müssten die Kunden noch deutlich mehr zahlen, "und das wollen sie nicht".

(RP)
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