Kreis Kleve Auch Bio-Hühner müssen drinnen picken

Kreis Kleve · Wer gerne Eier "von glücklichen Hühnern" kauft, muss derzeit damit leben, dass auch sie wegen der drohenden Vogelgrippe vorläufig im Stall bleiben müssen. Im Bioland-Betrieb Bodden wird versucht, die Hühner zu beschäftigen.

 Andrea Bodden mit ihrem Berner Sennenhund bei ihren nun "eingesperrten" Hühnern.

Andrea Bodden mit ihrem Berner Sennenhund bei ihren nun "eingesperrten" Hühnern.

Foto: Gottfried Evers

Andrea Bodden nimmt's mit Galgenhumor. Auf die nahe liegende Frage, wie sie denn mit der Vogelgrippe zurecht komme, sagt sie lakonisch: "Für mich ist sie eigentlich kein Problem, bloß für die Hühner. Die muss ich nämlich einsperren, und das mögen sie überhaupt nicht."

Das Ehepaar Bodden führt einen Geflügelzuchtbetrieb in Goch-Hommersum. Jens Bodden hat ihn von seinem Vater Johannes übernommen, ist mit Hühnern und Gänsen aufgewachsen. Von den Gänsen hat sich die Familie längst getrennt, "zum Glück", sagt Andrea Bodden, denn die großen Vögel würden leicht zu Überträgern. Eine Infizierung mit dem Vogelgrippevirus muss in jedem Fall verhindert werden. Aus finanziellen Gründen, aber auch, weil den Landwirten die Tiere am Herzen liegen.

Nicht umsonst haben sich Boddens für die Bio-Haltung entschieden. "Weil unsere Hühner normalerweise draußen herumlaufen dürfen, soviel sie wollen, sind sie sehr widerstandsfähig. Andererseits zeigen sie im Moment sehr deutlich, dass es ihnen nicht gefällt, auf Stall und Wintergarten reduziert zu sein. Auch wenn sie dort deutlich mehr Platz haben als in konventioneller Hüherhaltung."

Sehnsuchtsvoll laufen die Tiere immer wieder auf den engmaschigen Geflechtzaun zu, hinter dem sie ihre weitläufige Wiese sehen. "Anders als sonst werfen wir ihnen jetzt ihr Futter auf den Boden, damit sie sich wenigstens mit Picken beschäftigen können", erklärt die Bäuerin. Außerdem hat sie Strohballen als Schaukeln an langen Seilen unter die Decke gehängt - ein "Spielplatz" für unterbeschäftigte Hühner.

Den 900 Tieren im großen Stall und ihren 150 Artgenossen im Mobilstall sieht man an, dass sie normalerweise ein entspanntes Leben führen. Sie sind kräftig, haben ein gesundes Federkleid und wissen nichts von der "Hackordnung", mit denen Hennen untereinander klären, wer das Sagen hat - denn in den Hommersumer Ställen laufen genügend Hähne herum, die als Chefs akzeptiert werden. Eier legen die Damen in vorbereitete Nester. Wenn sie in Freiheit sind, wählt das eine oder andere Huhn auch schon mal einen Strauch, der ihm gefällt. "So gesehen haben wir Menschen es derzeit bequem, müssen keine Eier suchen", scherzt Andrea Bodden. Dafür müssen die Mitarbeiter, wenn sie in den Stall gehen, immer die Schuhe wechseln. "Überschuhe benutzen wir nicht gerne, weil wir ja Müll vermeiden wollen", sagt die Bio-Bäuerin.

Das Hauptgeschäft der Familie, die außerdem Schafe hält, ist die Produktion von Bruteiern. Die werden an Brütereien geliefert, ein Teil von ihnen kommt als Junghennen auf den Gocher Hof zurück. "Dann ziehen wir sie auf, bis sie etwa 17 Wochen alt sind und verkaufen sie deutschlandweit an Eierbetriebe mit Mobilställen", erklärt die Chefin. Künftig hoffentlich wichtiger wird ein weiterer Unternehmenszweig, nämlich die Haltung von "Zweinutzungshühnern". "Das sind solche, die zunächst Eier legen und später zur Fleischgewinnung geschlachtet werden." Auch sie dürfen natürlich (normalerweise) frei laufen, scharren, picken. Boddens kreuzen New Hampshire und Whiterock und sind nach den ersten Erfahrungen sehr zufrieden. "Ich habe als Chemie-Ingenieurin etwas Ahnung von Genetik", sagt die Gocherin bescheiden. Seit sie vor etwa 20 Jahren auf den Hof "einheiratete" hat sie sich zur begeisterten Biolandwirtin gemausert.

Eier ab Hof für Privatleute gibt's bei Boddens nicht, weil das logistisch schwierig, nämlich personalintensiv wäre. In Zeiten wie dieser ist die Entscheidung besonders hilfreich, denn je weniger Menschen und Tiere "von draußen" in die Nähe der Hühner kommen, umso besser. Säugetiere oder auch Menschen könnten sich über Kot infizieren und das Virus weitertragen.

Der Vertrieb der Eier ist nicht eingeschränkt, ebenso wie als unbedenklich gilt, sie zu essen. Sollte in einem Bestand ein Fall von Vogelgrippe festgestellt werden, müssen alle dort gehaltenen Hühner getötet werden. Um das zu vermeiden, werden auch strenge Hygieneregeln meist akzeptiert. Hühnerhalter müssen stets mit Stichproben durchs Veterinäramt rechnen.

Andrea Bodden schaut ihre Schützlinge bei den Inspektionen mindestens so zärtlich an wie andere Leute ihre Hunde und Katzen. Und verspricht ihnen: "Bald dürft ihr wieder raus." Hoffentlich.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort