Kleve Angst vor großem Ghetto in Kleve

Kleve · Stadt will Antragsflut von Sozialwohnungen eindämmen. Verträglichkeit soll geprüft werden.

Der Bau von Sozialwohnungen in Kleve boomt. Schon in den ersten drei Monaten 2016 wurden für 500 Wohneinheiten Anfragen an die Stadt gestellt. Allein in Bahnhofsnähe sollen 260 Wohnungen entstehen. 140 Davon auf dem Gelände der Union, die weiteren in der näheren Umgebung des Bahnhofs. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 waren es 93 geförderte Wohneinheiten, 2014 wurden 32 und 2013 192 beantragt, teilte Dirk Posdena, Fachbereichsleiter Planen und Bauen jetzt den Politikern im Bauausschuss mit.

"Der Großteil der Anträge betrifft einen Radius von 300 Metern rund um den Bahnhof. Wir müssen als Stadt darauf achten, dass sich dort keine Brennpunkte entwickeln", sagte Posdena. Die Stadt müsse, bevor sie weitere Bauanträge zum sozialen Wohnungsbau genehmige, prüfen: "Wie viel Wohnraum brauchen wir wo".

Kleves Technischer Beigeordneter Jürgen Rauer präzisierte: "Wir wollen die soziale Verträglichkeit solcher Bauvorhaben bauleitplanerisch untersuchen. Wir dürfen keine Ghettoisierung zulassen", mahnte der Beigeordnete und warnte vor Fehlern, wie sie in Kleve und in vielen anderen deutschen Städten in den 1970er Jahren gemacht wurden. Sozialer Wohnungsbau und frei finanzierter Wohnungsbau müssten gemischt sein, man müsse auf einen Quartiers-Charakter achten, es müsste ein Lebensraum entstehen, Begegnungsräume. Im Vordergrund stehe immer die Devise: "Wir müssen ein neues Ghetto unbedingt vermeiden", so Rauer. Vor allem mit Blick in die Zukunft. Beim Union-Gelände sehe er weniger die Probleme: "Hier sind schon große Freiflächen geplant", sagt Rauer.

Wiltrud Schnütgen regte an, dass man nicht nur den geförderten sozialen Wohnungsbau prüfen solle. Dem stimmte die Verwaltung zu: "Wir sollten das für die komplette Stadt machen", sagte Posdena. Man wolle einen Gutachter beauftragen, der untersuchen solle, wo Siedlungsschwerpunkte in der Stadt sind, aber in Stufen. "Vordringlich steht der soziale Wohnungsbau im Fokus", so Rauer. Man werde künftig immer fragen müssen, ob man für den Abriss eines Einfamilienhauses ein Mehrfamilienhaus genehmigen könne: "Der Abriss ist nicht immer förderlich. Wir wollen die Quartiersentwicklung in den Vordergrund stellen und nicht die Gewinnmaximierung", so der Beigeordnete.

Ausschussvorsitzender Josef Gietemann (SPD) mahnte: "Diese Untersuchung darf nicht zu lange dauern, sonst ist der Fördertopf leer - wir wollen ja nicht die Investoren ausbremsen". Gerade im Bereich der kleineren Wohnungen gebe es in Kleve einen enormen Bedarf, vor allem auch für ältere Menschen. Das Argument des Haus- und Grundbesitzervereins, dass Wohnungen leer stehen, könne er nicht teilen: "Oft ist dort die zweite Miete durch die Nebenkosten, höher, als der Mietzins. Es ist gut für Mieter, wenn neue Wohnungen gebaut werden. Viele Altbauten in Kleve sind die letzten Buden", so der SPD-Politiker.

"Wir finden eine Ballung nicht gut. Das muss geordnet entwickelt werden", unterstütze Wolfgang Gebing (CDU) am Rande der Sitzung die Pläne der Verwaltung. Sicher habe Kleve immer noch Potenzial für weiteren Wohnungsbau, dennoch müsse man die entstehenden Gebiete vernünftig entwickeln. Aber auch Gebing warnte, dass das Gutachten "umgehend" angestrengt werden müsse, um keine unnötigen Hindernisse aufzutürmen.

(RP)
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