Kleve Als die Grafen Herzöge wurden

Kleve · Ein Mord und ein gute Heiratspolitik gingen voraus: 1417 wurde der Graf von Kleve in Konstanz zum Herzog erhoben. Der Klevische Verein hat ein feines, reich bebildertes Heft dazu herausgegeben.

 König Sigismund erhebt auf dem Markt zu Konstanz den Klever Grafen Adolf II. in den Herzogstand. Eine Federzeichnung von Ulrich Richental.

König Sigismund erhebt auf dem Markt zu Konstanz den Klever Grafen Adolf II. in den Herzogstand. Eine Federzeichnung von Ulrich Richental.

Foto: mgr

Still liegen sie da, in der kleinen Kapelle gleich neben dem Chor der Klever Stiftskirche. Graf Adolf I und seine Gemahlin Margarete von Berg. Zu Füßen des Grafen der Schwan des Gralsritters, sein Wams wird komplett vom Klever Wappen überzogen. Es ist ein Grabmal von hohem künstlerischen Rang, urteilt Kleves Museumsdirektor a. D. Drs. Guido de Werd in seiner Beschreibung der Klever Stiftskirche. Zudem einst der Graf und seine Gemahlin von dem Fries ihrer 16 Kinder umgeben waren - so wie das berühmte Grabmal Philipp des Kühnen in Dijon: Ein Zug von Menschen, die in Kapuzen verhüllt trauernd den Toten tragen.

 Die Grablege der Klever Grafen in der Klever Stiftskirche, Anfang 1400.

Die Grablege der Klever Grafen in der Klever Stiftskirche, Anfang 1400.

Foto: Matthias Grass

Eines dieser 16 Kinder ist Graf Adolf II., der der erste Herzog von Kleve werden sollte. 1406 heiratete Adolf II. Maria von Burgund, die Tochter Johann Ohnefurchts. "Sein Aufenthalt in Dijon könnte die Gestaltung des Grabmals für seine Eltern nach diesem bedeutenden Vorbild veranlasst haben", schreibt de Werd. Es ist auch ein Zeichen des Bedeutungszuwachses, den Adolf II. in Kleve machte. Der Graf aus Kleve wurde auf dem Konzil zu Konstanz am 28. April 1417 vom späteren Kaiser Sigismund in den Herzogstand erhoben. Ulrich (von) Richental, der Chronist des Konzils, hielt die Erhebung in einer Federzeichnung fest. Richentals Zeichnung zeigt den goldgelockten Grafen knieend mit dem vom Klever Wappen geschmückten Banner in der Hand vor dem König auf dem Marktplatz von Konstanz. Es war der Beginn einer zwar vergleichsweise kurzen, dafür aber bedeutenden Geschichte inmitten Europas, im "Land im Mittelpunkt der Mächte", wie die legendäre Ausstellung über die Klever Herzöge vor Jahrzehnten zu Recht titelte. Richental zeichnete im ausgehenden Mittelalter den Akt mit der Feder, die Zeichnung ziert jetzt ein weiteres Heft aus der Reihe der "Beiträge zur klevischen Geschichte" des Klevischen Vereins, in dem Manuel Hagemann und Hiram Kümper anschaulich wie fundiert die Geschichte rund die Herzogerhebung aufarbeiten. Mit den Beiden konnte der Klevische Verein kompetente Autoren gewinnen: Der Kranenburger Manuel Hagemann war Mitarbeiter am Institut für Rheinische Landesgeschichte der Universität Bonn. Er ist dort 2015 über die Regierungszeit Herzog Adolfs II. von Kleve promoviert worden. Danach war er Leiter der Außenstelle Sigmaringen des Erzbischöflichen Archivs Freiburg und hat jüngst an das Landesarchiv NRW in Detmold gewechselt. Hiram Kümper ist Professor für Geschichte des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit an der Universität Mannheim. Einer seiner Arbeitsschwerpunkte liegt am Niederrhein; unter anderem leitet er derzeit die Herausgabe des Kalkarer Urkundenbuches, stellt Rainer Hoymann vom Klevischen Verein die beiden Wissenschaftler vor. Deren Heft ist spannend zu lesen, auch wenn im Grunde die Datenlage dünn ist. Selbst in Kleve schien man auch noch Tage danach nichts von der Herzogs-Erhebung zu wissen, ist doch in einer Urkunde vom 1. Mai 1417 immer noch vom "Grafen" die Rede. Da auch die erzählenden Quellen des Klever Hofes erst ab 1450 ansetzen, bleibt Richentals Zeichnung und die Erwähnung des verlässlichen Chronisten, dass "graff Adolff van Clewen zu ainem hertogen gemacht" wurde.

Es war Adolfs Vater, der das hohe taktische Geschick erwies, die politische Gemengelage so zu nutzen, dass er einst verlorene Klever Gebiete wieder einverleiben konnte, so 1371 Emmerich. Nach dem Tode Adolfs I setzte sein Sohn, der spätere erste Herzog von Kleve, die erfolgreiche Politik seines Vaters fort, zeigen Hagemann und Kümper die Vorgeschichte auf. Er verdichtete das Territorium, wurde in Luxemburg zum Ritter geschlagen - und er knüpfte Kontakte zum französischen König, bemühte sich um Frieden mit dem Kölner Erzbischof, so die Autoren. Doch vor allem ein Mord ebnete den weiteren Weg: Der klevische Rentmeister Adolf von Sutkamen wurde 1395 wohl von Ritter Rutger van den Boetzelaer umgebracht. Damit lösten sich für Adolf II. gleich zwei Probleme auf einen Schlag. Er konfiszierte nach der Verurteilung Rutgers Haus Boetzelaer bei Kalkar. Damit war die stärkste oppositionelle Kraft innerhalb der Grafschaft entmachtet. Und Adolf war seine Schulden los: Der umgebrachte Sutkamen war nämlich der wichtigste Kreditgeber seines Vaters gewesen. Es sind Fehden und Streitzüge, die das weitere Geschehen bestimmen - und die richtigen Frauen: Der um 1495/97 verstorbene klevische Chronist Gert van der Schuren attestierte dem Grafen, dass die Heiratspolitik zu dessen größten Leistungen gezählt habe, sei ihm doch "Maria von Burgund zur Bettgenossin gegeben" worden.

Das Heft erzählt aber nicht nur die Geschichte der Grafen, es bildet auch die Urkunde ab, den lateinischen Text wie die deutsche Übersetzung.

Manuel Hagemann, Hiram Kümper. 1417: Kleve wird Herzogtum. ISBN 978-3-936813-12-8, 4,50 Euro.

(RP)
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