Kleve 20 Jahre Theater im XOX

Kleve · Die Bühne hoch unter dem Dach in der Halle der Biskuitfabrik startete im Juni 1997 mit Yasmina Rezas Stück "Kunst"

 Theatergeschichte: Die Stücke, die auf die Bühne unterm Dach kamen - ganz links das erste Plakat zum ersten Stück "Kunst".

Theatergeschichte: Die Stücke, die auf die Bühne unterm Dach kamen - ganz links das erste Plakat zum ersten Stück "Kunst".

Foto: mgr

Es begann mit Kunst. Mit minimalistischer Kunst, einem Bild in Weiß. Yasmina Reza hatte ein monochromes weißes Mal-Machwerk von 1,20 mal 1,60 Meter zum berühmtesten Bild der Theatergeschichte gemacht, Wolfgang Paterok hatte es nach Kleve auf die Bühne geholt. Es war der Beginn einer Ära, der Ära des XOX-Theaters. Im Winter kalt, im Sommer heißt, auf der Bühne tolle Stücke, die jedem Kammertheater bestens zu Gesichte stehen.

Kleve war mit diesem Stück Kunst ein gutes Stück reicher geworden: Unterm Dach einer ausgedienten Werkhalle der XOX-Biskuit-Fabrik richtete 1997 der passionierte Theatermann - Paterok führte lange Jahre sehr erfolgreich die Theater-AG des Klever Konrad-Adenauer-Gymnasiums - sein eigenes Theater ein. Eine wunderbare Bühne, ein Zuschauersaal mit tiefen, plüschigen Kino-Sesseln, mit einer Kabine für die Regie und mit einem feuerfesten Vorhang, den sein erstes "Kunst"-Ensemble in Cloppenburg abholte.

 Wolfgang Paterok ruft mit gong zur Aufführung.

Wolfgang Paterok ruft mit gong zur Aufführung.

Foto: markus van Offern

Kleve hatte seit diesem 7. Juni 1997 endlich wieder mehr als eine Aufführungsstätte, die Stadt hatte ein eigenes Theater mit Platz für 99 Gäste. Eines, in dem geprobt und gearbeitet wurde, eines in dem Kulissen und Bilder auf die Bühne gezaubert wurden.

Leider hat das Theater keine Heizung im Winter und keine Kühlung im Sommer. Wobei es schon eine Heizung gibt, nur ist die so laut, dass man sie während der Vorstellung abstellen muss. Also gibt's Decken, damit es kuschelig zur Aufführung wird. Das Theater war schnell Kult, Paterok bekam zusammen mit Cinque-Chef Bruno Schmitz, die zwischenzeitlich noch Theater an ungewohnten Plätzen organisiert hatten, den Kulturpreis der Stadt Kleve. Einer seiner Schauspieler heiratet die Souffleuse, die ein tolles Solo auf der Bühne hatte.

Die Zeit flog seit 1997 vorbei, eine Inszenierung folgte der anderen - und am jüngsten Wochenende durften Paterok, sein Ensemble, die Freunde des Theaters, feiern: 20 Jahre besteht die Bühne da oben. Die Darsteller und ihr Regisseur sind älter geworden - oder auch jünger. Denn es gibt Nachwuchs. Der Spaß auf der Bühne blieb.

Zur Feier des Tages vereinte sich auch wieder das Trio aus Kunst: York Dehnen, Michael Freiss und Manfred Küper. Dehnen erinnerte sich, dass es heiß war, brüllend heiß und seien Frau eigentlich wenig später ausgezählt war. Er hatte auch noch ein paar Zeilen aus dem "Kunst"-Stück parat, das den Grundstein legte.

Theater feiert man am besten mit Theater, weiß Paterok. Es gab ein herrliches Ständchen vom befreundeten Theater im Fluss mit Malcolm Lichtenberger und Thomas Brokamp, Julia und Jeroen Block spielten Tucholskys Sketsch "Ein Ehepaar erzählt einen Witz".

Und dann setzten die "alten Herren" Ernst Hanßen, Manfred Küper und Klaus Gerritzen ein Stück absurdes Theater auf die Bühne, das rhythmisch die Worte zur Musik werden ließ, das absolut spannend war, auch wenn nichts gesagt wurde. Theater pur eben, ein Riesenspaß mit Worten und Gesten. Ein Stück vom Wasser von Jean Tardieu ("Die Sonate und die drei Herren oder wie man Musik spricht"). Eine Szene von Agnes Bröker und Thomas Freiss lud zur Wiederaufnahme zu "Der finstere Plan der Vintila Radulescu" ein.

Zuvor hatte Kleves Bürgermeisterin Sonja Northing ihre Grüße ans Jubiläumstheater überbracht und an ihren Vor-Vor-Gänger Karl Thelosen erinnert, der nach "Kunst" gesagt hatte: "Ein Traum ist wahr geworden". Heute sei das XOX-Theater ein Glanzpunkt im kulturellen Leben der Stadt, so Northing. Sie attestierte Paterok, dass er ein eigenwilliger, lustvoller Streiter sei, mit dem es nicht immer ganz leicht sei.

Zum Streit braucht Paterok die Bühne nicht, hier setzt er seinen Traum vom eigenen Theater um. Das möchte er gerne bald in zuverlässige Hände übergeben, sagte der Theatermann am Abend der Feier. Dann bräuchte er nur noch Regie zu führen. Das, was ihm immer schon das Wichtigste war: Bilder auf der Bühne entstehen zu lassen, die gefangen nehmen, die zum Lachen anrühren, auch traurig machen, zum Nachdenken anregen, Bilder, die in eine andere Welt entführen.

(mgr)
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