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Kranenburg 1945: Zur Christmette in die Notkirche

Kranenburg · Viele Gotteshäuser lagen in Trümmern. Der Krieg hatte viel zerstört. Messen wurden in Baracken und größeren Behelfsräumen gefeiert.

 Gottesdienste gehören normalerweise nicht ins Museum, doch nach Kriegsende bot in Kranenburg das frühere Beginenstift sich als Notkirche an, manche Katholiken erinnern sich vielleicht noch an ihre Erstkommunion oder Heirat im heutigen Katharinenhof.

Gottesdienste gehören normalerweise nicht ins Museum, doch nach Kriegsende bot in Kranenburg das frühere Beginenstift sich als Notkirche an, manche Katholiken erinnern sich vielleicht noch an ihre Erstkommunion oder Heirat im heutigen Katharinenhof.

Foto: Gottfried Evers

Unter dem Leitwort "70 Jahre Frieden" wurde in diesem Jahr an die letzten Kriegsmonate 1944/45 erinnert, die auch dem Kleverland viel Not und Elend, Vertreibung und Zerstörung gebracht hatten. Nach der Heimkehr herrschte vielerorts bitterste Armut. Auch das kirchliche Leben hatte mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. In Städten wie in hart umkämpften ländlichen Orten lagen die Gotteshäuser in Schutt und Asche. In der Gemeinde Kranenburg konnten nach Kriegsende nur noch in drei der sieben katholischen Kirchen Gottesdienste gehalten werden. Relativ schnell öffneten sich wieder die Gotteshäuser im weniger umkämpften Nütterden sowie in den überschwemmten Dörfern Niel und Mehr. Dort konnte auch die erste Nachkriegs-Christmette in den vertrauten Sakralbauten gefeiert werden. Völlig anders aber war die Situation in den vier übrigen Pfarrgemeinden.

Am härtesten hatte es Wyler getroffen. Nach der angloamerikanischen Luftlandung am 17. September 1944 lag Wyler im Frontbereich, die Hauptkampflinie trennte den Ortskern von den 1963 endgültig Holland zuerkannten Höhenzügen, der Teufelsberg wurde rasch von den Briten erobert. Somit wurden fast alle Gebäude vernichtet, auch die 1912 geweihte Kirche. Die wohl schon um 1500 bestehende Vorgängerin erlitt schwere Schäden. Nach der Rückkehr aus der Evakuierung im April 1945 gab es von Mai bis Dezember die Sperrzone, in der die Leute nur mit Ausweis der Besatzung tagsüber sich um ihr Anwesen kümmern durften. Völlig dicht war die Grenze. Erste Gottesdienste fanden im Kuhstall des Landwirts Gerhard Janssen an der Hauptstraße statt - so der heute 90-jährige Karl Euwens. Für den wieder anlaufenden Schulunterricht stellte man auf dem späteren Schulhof eine Baracke auf. Darin feierten die heimgekehrten Katholiken zu Weihnachten ihre erste Christmette, zelebriert vom Kranenburger Kaplan Gerhard Bültjes.

Von der Zyfflicher Kirche waren nur ein paar Mauerreste übrig geblieben. Erich Thyssen (80) erinnert sich als damaliger Messdiener auch noch an die ersten Gottesdienste nach dem Krieg, die in der Molkerei gehalten wurden. Zur Christmette gingen die wenigen, vor allem außerhalb der Sperrzone wohnenden Familien ins benachbarte Niel. Eine Baracke am Möllersweg ermöglichte Schulunterricht und Gottesdienste.

Auch hier fehlte der Ortspfarrer, man holte den Nieler Pastor Paul Brüggemann in einer Kutsche zur Aushilfe - so Paul Janßen (84). Wer damals die Stifts-und Wallfahrtskirche im Zentralort betrat, hatte einen freien Blick zum Himmel, Dach und Gewölbe waren weithin den Granaten und Bomben zum Opfer gefallen. Mehrere Jahre diente das einstige Beginenkloster - heute Museum Katharinenhof - nach Beseitigung der größten Schäden als Notkirche.

In Frasselt hatten deutsche Soldaten vom Kirchturm das Oktogon mit dem schlanken Helm abgesprengt, die Briten zudem das rechte Seitenschiff der Kirche herausgerissen. Im Sommer behalf man sich mit dem Marienschiff, doch bei Sturm und Regen wurde es ungemütlich, und auch mit Blick auf den Winter war man froh, dass Frau Heek in Schottheide ihren großen Gaststättenraum für Gottesdienste zur Verfügung stellte. Hier traf sich die Gemeinde 1945 zur weihnachtlichen Mitternachtsmette, die ein kleiner Schülerchor mit zweistimmigen Liedern mitgestaltete. In den Notkirchen ersetzte ein Harmonium die Orgel, nur Kerzenschein spendete Licht, Strom gab es erst Ende 1946.

In allen vier Notkirchen-Pfarren überließen die Pastöre jüngeren Mitbrüdern die Last der Wiederaufbau-Arbeiten. Kranenburgs Pfarrer Höynk ging nach Düffelward, Pastor Kück in Frasselt wechselte nach Wetten, die Pfarrer Hölscher in Wyler und Terhardt in Zyfflich zog es nach Westfalen. 1947 kam mit Fritz Häfner ein Seelsorger in die beiden Dörfer, der 37 Jahre in der Doppelpfarre segensreich wirkte

(RP)
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