Kevelaer Wie barrierefrei kann Kevelaer werden?

Kevelaer · Verena Eifert geht als Sehbehinderte mit einem anderen Blick durch die Innenstadt. Sie macht Vorschläge zur anstehenden Neugestaltung. Franz Heckens von der Verwaltung spricht von einem Spannungsfeld zum Denkmalschutz.

Kevelaer: Wie barrierefrei kann Kevelaer werden?
Foto: Verena Eifert

Schön oder nützlich, das ist eine der Fragen, die Gestalter der Innenstadt Kevelaers aktuell umtreibt. Eine, die die Entwicklungen sehr interessiert verfolgt, ist Verena Eifert. Die Winnekendonkerin ist gerne in der Marienstadt unterwegs, auch wenn ihr die Stadt zu "Grau in Grau" erscheint. Das liegt nicht daran, dass sie besonders auf Farben steht, sondern an ihrer Erkrankung. Sie hat Morbus Stargardt und sieht die Welt "wie durch einen Schleier, verpixelt", beschreibt sie ihre Sicht. Deswegen sind für sie Kontraste so wichtig, statt Grau in Grau. Sie macht sich dafür stark, dass bei der anstehenden Neugestaltung Kevelaers auch die Belange der Menschen mit Sehbehinderung berücksichtig werden. Weiße Rippenplatten, wie es sie an den Bahnhöfen gibt, die wären schon eine gute Orientierung, sagt die Winnekendonkerin. Ein positives Beispiel sei die helle Bodenplatte am Kevelaerer Museum. "Ein rundes Element aus Klinker, das leuchtet schon von weitem und ich weiß, dort ist das Museum."

Der Mechelner Platz am Museum soll erneuert werden. Auch dafür hat sie eine Anregung. "Wenn der Spielplatz erneuert wird, dann bitte kontrastreich", regt sie an. "Denn auch schlecht sehende Kinder können klettern." Ihr ist bewusst, dass vielen das Thema Sehbehinderung nicht im Bewusstsein ist. "Dabei braucht manch einer nur die Brille abnehmen und durch Kevelaer gehen, um ein Gefühl dafür zu bekommen", sagt sie. Tatsächlich sei die Zahl der Menschen mit einer Augenerkrankung, wie sie eine hat, gering. Andererseits sei die Krankheit "Grauer Star" vielen ein Begriff. Und gerade für Kevelaer als Wallfahrtsstadt, in der auch viele ältere Menschen pilgern, spiele das Thema Barrierefreiheit eine große Rolle. "Ich finde es sehr positiv, dass Kevelaer sich damit auseinandersetzt. Aber die Stadt darf keine falschen Kompromisse machen", sagt Verena Eifert. Heller Naturstein, der bei Regen dunkel wird und damit den Kontrast verliert, wird für Menschen wie sie, die helle Orientierungspunkte brauchen, nutzlos. "Was ist der Nachteil für Menschen die sehen können, wenn Kontraste gesetzt werden?", fragt sie und ist überzeugt, das Kontraste durchaus auch ästhetisch eingesetzt werden können.

Kevelaer: Wie barrierefrei kann Kevelaer werden?
Foto: Planungsbüro Urgatz

Franz Heckens, Leiter der Abteilung Stadtplanung, spricht von einem Spannungsfeld. Auf der einen Seite stünden die Maximalanforderungen an die Barrierefreiheit, auf der anderen Seite gestalterische Elemente. Veränderungen sollen sich auch in den historischen Ortskern einfügen. "Von daher wird es Kompromisse geben müssen", sagt er. Zu den widerstreitenden Wünschen kämen zudem noch folgende Kriterien: Es muss baulich möglich sein, finanzierbar sein, andere Bevölkerungsgruppen nicht einschränken. Die Umsetzung der Barrierefreiheit beim großen Stadtumbau geschieht nicht nur aus reiner Menschenfreundlichkeit.

Bei der Beantragung der Fördermittel gibt es eine besondere Nebenbestimmung. "Die kinderfreundliche und generationsübergreifende Gestaltung des öffentlichen Raums ist sicherzustellen, dass alle Menschen - unabhängig vom Alter und körperlichen Einschränkungen - öffentliche Gebäude, Straßen, Wege, Plätze selbstständig und uneingeschränkt nutzen können", liest Heckens vor. Unkonkret sei das, gibt er zu. Deswegen hat die Stadt Kevelaer das Aachener Planungsbüro Urgatz mit ins Boot geholt. Die Liste der Vorschläge zur Barrierefreiheit ist lang geworden. Die Rede ist von Leitlinien, Kenntlichmachung von Eingängen zu Geschäften auf der Hauptstraße.

Kevelaer: Wie barrierefrei kann Kevelaer werden?
Foto: Verena Eifert
Kevelaer: Wie barrierefrei kann Kevelaer werden?
Foto: Planungsbüro Urgatz
Kevelaer: Wie barrierefrei kann Kevelaer werden?
Foto: Planungsbüro Urgatz
 Haben Sie erkannt, dass es sich bei dem obenstehenden Bild um eine Herrentoilette, irgendwo aufgenommen in Kevelaer, handelt? Wie soll es dann erst Verena Eifert (l.) ergehen, die an einer Sehbehinderung leidet?

Haben Sie erkannt, dass es sich bei dem obenstehenden Bild um eine Herrentoilette, irgendwo aufgenommen in Kevelaer, handelt? Wie soll es dann erst Verena Eifert (l.) ergehen, die an einer Sehbehinderung leidet?

Foto: Eifert

In einem sind sich Verena Eifert und Franz Heckens einig. "Jetzt ist die Chance, etwas zu ändern. Wenn später neue Richtlinien kommen, die umgesetzt werden müssen, wird es noch kostenreicher", drückt es Verena Eifert aus.

(RP)
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