Kevelaer Verein "Selbsthilfe" bald auch in Kevelaer

Kevelaer · Ab Januar steht der Sozialtreff auch den Menschen in der Marienstadt zur Verfügung. Berater und Rechtsanwälte sind für die Leistungsempfänger da. Für die Betroffenen geht es auch um den Austausch von Erfahrungen.

Es sei schon manchmal haarsträubend, wie so manche Behörde mit Empfängern von Sozialhilfe umgeht, sagte Rechtsanwältin Ricarda Lambertz, Mitglied des Sozialberatungsvereins. Gerade beschäftige sie sich mit dem Fall einer jungen alleinerziehenden Mutter aus Kevelaer. "Nachdem sie mit ihrem Freund zusammenzog, wurden ihr gleich vom ersten Tag an alle Leistungen vom Jobcenter gekürzt", erzählt die Anwältin. Selbst die Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse wurde nicht mehr bezahlt. Mittlerweile häufen sich eine Menge Schulden an, obwohl die junge Frau einer Tätigkeit nachgeht, die sie mit der Unterbringung ihrer Tochter vereinbaren kann. Da ihr Freund Unterhalt für zwei Kinder und seine geschiedene Frau zahlt, kann er auch nicht einspringen, da er nur über seinen Selbstbehalt verfügen kann. "Die Behörden sagen, das ist eine eheähnliche Gemeinschaft mit allen Konsequenzen, das heißt, dass die Partner in allen Not- und Wechselfällen des Lebens füreinander einstehen müssen, eben wie in einer Ehe." Für die alleinerziehende Mutter eine schlimme Situation, aus der sie nicht alleine herauskommt.

Glücklicherweise hat sie von dem Verein "Selbsthilfe e.V. - Verein für Sozialberatung" gehört, der ihr jetzt zur Seite steht. "Das Jobcenter im Kreis Kleve hat vom ersten Tag des Zusammenlebens an angenommen, dass hier eine eheähnliche Gemeinschaft besteht, ohne nähere Beratung und Aufklärung. Dabei steht im Gesetz, dass das erst frühestens nach einem Jahr des Zusammenlebens anzunehmen ist", klärte Herbert Looschelders, Geschäftsführer des Selbsthilfe e.V., die junge Mutter auf. Der Verein unterstützt sie nun bei ihrer Klage beim Sozialgericht Duisburg.

Es gebe viele Bereiche, in denen es Probleme für Hartz IV- oder Sozialhilfe-Bezieher gebe, erläuterte Looschelders. So auch die Tatsache, dass der Kreis Kleve ab dem 1. Januar 2016 die Mietrichtwerte für angemessene Wohnungen für diese Menschen kürzt. "Wir befürchten, dass dann viele Leistungsbezieher demnächst mit Umzugsaufforderungen konfrontiert werden, obwohl tatsächlich kaum günstigere Wohnungen zu finden sind", so der Selbsthilfe-Geschäftsführer. "Zu befürchten ist, dass der Kreis Kleve die Zeit um vier Jahre zurückdreht, damals hat etwa jeder zweite Leistungsbezieher den Anteil der zu hohen Kosten für Unterkunft und Energie vom Regelsatz, also sozusagen vom Mund, absparen müssen."

Damit die Leistungsbezieher nicht alleine stehen, hat sich der Selbsthilfe-Verein mit Hauptsitz in Geldern gegründet. Es gibt bereits sogenannte "Sozialtreffs" in Kleve, Emmerich, Kranenburg, Goch und Geldern, in denen die ehrenamtlichen Berater und Rechtsanwälte den Leistungsempfängern Rede und Antwort stehen. "Es ist gut für diese Menschen, zu erfahren, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine stehen", sagte Rechtsanwalt Peter Brockmann aus Geldern. "Die Sozialtreffs dienen dem Erfahrungsaustausch, wir helfen bei Anträgen, damit die Kreuzchen an der richtigen Stelle gemacht werden, beraten allgemein und in konkreten Fällen und geben Informationen weiter." Ab Januar stehen die Berater auch den Menschen in Kevelaer zur Verfügung. "Wir sind froh, dass wir dazu die Räumlichkeiten im Lebenshilfe-Center an der Marktstraße nutzen dürfen", freute sich Looschelders, der den Schlüssel aus den Händen von Günter Voß, Geschäftsführer der Lebenshilfe Gelderland, in Empfang nahm. "Themen wie Sozialhilfe, Erwerbsminderungsrente, Pflegestufe oder Behindertenrecht sind für unsere Klienten wichtige Anliegen, da ergeben sich bestimmt verschiedene Schnittpunkte", sagte Voß.

Der Sozialtreff Kevelaer findet in den Räumen des Lebenshilfe-Centers, Marktstraße 23, am ersten Dienstag im Januar, März und Juni 2016 statt. Bei großer Resonanz wird überlegt, den Sozialtreff ein Mal im Monat stattfinden zu lassen.

(moha)
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