Kevelaer Twistedens kluge Erfinderköpfe

Kevelaer · Janosch Janßen und Matthias Dicks haben einen Neigungsmesser konzipiert und mit Anfang 20 ihre eigene Firma gegründet. Der "Tilt" soll nicht nur Terrassenbauern helfen und bald im örtlichen Baumarkt erhältlich sein.

 Matthias Dicks (l.) und Janosch Janßen mit ihrer Entwicklung: dem Neigungsmesser, der "Tilt" getauft wurde. Mit den Baumärkten in der Region wird noch verhandelt, über Amazon wird er erhältlich sein.

Matthias Dicks (l.) und Janosch Janßen mit ihrer Entwicklung: dem Neigungsmesser, der "Tilt" getauft wurde. Mit den Baumärkten in der Region wird noch verhandelt, über Amazon wird er erhältlich sein.

Foto: g. Evers

Janosch Janßen studiert Maschinenbau in Aachen. "Neben meinem Beruf", sagt der 23-Jährige aus Twisteden. Sein Beruf: Geschäftsführer der Tilt Industries GmbH. Die hat er gemeinsam mit seinem langjährigen Schulfreund Matthias Dicks gegründet. Der studiert Kunstgeschichte und Philosophie in München und übernimmt den Vertrieb des "Tilt".

Es dreht sich alles um eine Scheibe, die das Leben von Heimwerkern leichter machen soll. Angefangen hat die ganze Geschichte, wie so oft, wenn es um Erfindungen geht, mit einem Problem. "Ich habe ein Regal gebaut und hatte keine Wasserwaage", erinnert sich Janßen. Er hat sich auf die Suche nach einer Lösung gemacht. "Irgendwas Rundes" sollte es sein, zum Beispiel ein Flaschendeckel, mit dem er austarieren konnte, ob die Fläche eben ist. "Aber nur weil der Deckel liegen bleibt, ist es nicht eindeutig", befand der Maschinenbaustudent.

So entstand die Idee, ein Messgerät zu entwickeln. "Den ersten Prototyp haben wir aus Holz gebaut", erklärt Janßen. Dann ging es um die Feinheiten. Die fehlten nämlich bei einer klassischen 360-Grad-Anzeige. An der Holzscheibe wurde weiter gefeilt, sie wurde mit Gewicht beschwert und so gebaut, dass sie die Neigung zuverlässig anzeigt. Am Ende kam der Neigungsmesser, der "Tilt" getauft wurde, dabei heraus. Der zeigt einen Bereich von 3,5 Prozent an. "Bis zwei Grad", sagt Janßen in der Sprache der Ingenieure. "Die 3,5 Prozent werden für die Terrassenbauer interessant sein", ergänzt sein Kumpel Dicks. Terrasse, Dusche, Parkplatz, überall da, wo eine leichte Neigung wichtig ist, damit das Wasser ablaufen kann, da sei der "Tilt" das richtige Hilfsmittel, sind die beiden jungen Erfinder überzeugt. Und natürlich fürs Bilderaufhängen in Studentenhaushalten.

Bei der Idee und dem Prototypen blieb es nicht. Die Studenten beschlossen, eine Firma zu gründen. "Wir wollten alles selber machen", erklären sie und machten sich auf den Weg durch den Bürokratiedschungel. Eine große Hilfe ist Janßens Vater, der Steuerberater ist. "Ein Riesenvorteil", sagt der Jungunternehmer. Denn auch Briefe von Scheinfirmen flatterten ins Haus, die plötzlich Geld von den Gründern haben wollten. Viele Dinge sind auf sie zugekommen, an die sie vorher nicht gedacht haben. Zum Beispiel, dass sie einen Barcode für ihr Produkt kaufen müssen und für jede Verpackung, die sie mit ihrem Produkt in Umlauf bringen, auch Geld für den Grünen Punkt zahlen müssen.

Ein Patent haben sie natürlich auch angemeldet und für die Gründung ihrer GmbH sämtliche Ersparnisse investiert. 25.000 Euro beträgt das Stammkapital einer GmbH. 12.500 Euro mussten bereits bei der Gründung als Einlage vorhanden sein. "Wir sind in der Vergangenheit relativ sparsam gewesen",verrät Dicks, wie sie das Geld zusammen bekommen haben. "Da verzichte ich lieber auf Parties und Festivals. Die Festivals hole ich nach", ergänzt Janßen.

Produziert wird der Tilt in einem Kevelaerer Unternehmen. "Die gesamte Wertschöpfungskette ist in Deutschland" steht auf der Internetseite der beiden. "Deutschland steht immer noch für Qualität, das ist kein Geheimnis", erklärt Janßen.

Unterstützung gab es vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. "Wipano" nennt sich das Programm, mit dem neuartige Dinge gefördert werden. Das Programm halten die beiden Jungunternehmer aber für absolut verbesserungswürdig. "Das Geld gibt es erst in zwei Jahren, entweder läuft das Unternehmen sowieso oder eben nicht", sagen die Jungunternehmer, die eine Finanzspritze zum Start für wesentlich sinnvoller erachten.

Mit den Baumärkten in der Region wird aktuell noch verhandelt, ob und wie der Tilt dort angeboten wird. Deutschlandweit wird er über Amazon erhältlich sein für einen Preis von 7,99 Euro. Und das soll nicht der einzige Coup der beiden Tüftler sein. Ideen haben sie noch viele.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort