Kevelaer Stolperstein erinnert an Maria Wackers

Kevelaer · Auch Kevelaer wird Teil des mehrfach ausgezeichneten Erinnerungsprojektes. Die Initiative ging von einer Frau aus, deren Mutter im Januar 1945 ein Euthanasie-Opfer der Nazis geworden war.

 Maria Wackers als junge Frau. Die Mutter aus Kevelaer wurde mit 39 Jahren ein Opfer des Euthanasie-Programms der Nazis.

Maria Wackers als junge Frau. Die Mutter aus Kevelaer wurde mit 39 Jahren ein Opfer des Euthanasie-Programms der Nazis.

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Es ist eine Geschichte, die unter die Haut geht. Im Juni 1944 bombardierten die Alliierten Kevelaer. Viele Familien verließen daraufhin die Stadt, darunter auch Maria Wackers mit ihren Kindern. Sie sollten im Gau Magdeburg in Sicherheit gebracht werden. Doch unterwegs wurde der Zug bombardiert, angesichts der verzweifelten Lage erlitt Maria Wackers einen Nervenzusammenbruch. Zur Behandlung kam sie in Krankenhaus Uchtspringe. Sie konnte nicht ahnen, dass das ihr Todesurteil bedeuten sollte. Über Weihnachten besuchte sie noch die Familie, wenig später kam dann bereits die Nachricht: Frau Wackers ist gestorben. Die Umstände blieben ungeklärt.

 Gunter Demnig verlegt die Erinnerungssteine im Boden.

Gunter Demnig verlegt die Erinnerungssteine im Boden.

Foto: Binn

Der Tod ihrer Mutter ließ Tochter Elisabeth nie Ruhe. Sie war damals noch nicht mal ein Jahr alt. "In unserer Familie war das Schicksal meiner Mutter aber immer ein großes Geheimnis, darüber wurde nicht geredet. Es war ein Tabu", erzählt die heute 71-Jährige. Sie ließ nicht locker. Vor allem nachdem sie erfahren hatte, dass die Klinik berüchtigt dafür war, das Euthanasie-Programm der Nazis umzusetzen.

Elisabeth Wackers recherchierte über Jahrzehnte und hatte das Glück, Kontakt zu einer Frau zu bekommen, die über die Klinik in Uchtspringe promovierte. So bekam sie nach und nach Gewissheit, dass auch ihre Mutter damals ermordet wurde. "Ich habe nie locker gelassen, auch die Organisation "Gegen das Vergessen" hat mich bei meinen Recherchen sehr unterstützt", berichtet sie. Ihre Nachforschungen hatten schließlich Erfolg. Sie bekam schriftlich bestätigt, dass ihre Mutter ein Euthanasie-Opfer war. An dieses Schicksal möchte sie nun dort erinnern, wo ihre Mutter aufgewachsen ist: in Kevelaer.

Daher hat Elisabeth Wackers den Antrag gestellt, einen Stolperstein für ihre Mutter verlegen zu lassen. Das Projekt "Stolpersteine" geht auf den Künstler Gunter Demnig zurück. Er erinnert mit Messingplatten am letzten Wohnort an die von den Nationalsozialisten verfolgten, deportierten und ermordeten Menschen. Das Projekt wurde mehrfach ausgezeichnet. Auch viele Kommunen am Niederrhein beteiligen sich daran. Auf Initiative von Elisabeth Wackers beschäftigen sich jetzt die Politiker mit dem Thema. Der Rat hat einstimmig entschieden, die Verlegung von Stolpersteinen in Kevelaer zu erlauben. Die Anträge dafür sind von den Familien des Opfers zu stellen, sie müssen auch die Kosten tragen.

Elisabeth Wackers freut sich, dass ihre Initiative unterstützt wird. "So habe ich eine Möglichkeit, in ihrem Heimatort an meine Mutter zu erinnern", sagt die 71-Jährige, die jetzt in Berlin lebt. Dass sie die Kosten selbst tragen muss, ist für sie selbstverständlich. "Der Stein ist meine persönliche Sache, meine Herzensangelegenheit", sagt sie. Nun will sie den Künstler beauftragen, den Stein zu verlegen. Er wird in den Boden an der Massstraße 35 eingelassen. Eben dort von wo vor 71 Jahren die Flucht ihre Mutter begann, von der sie nie zurückkehren sollte.

(RP)
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